Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.zu Theilnehmern zu machen, scheiterte vorläufig noch an der Furcht der Meisten, sich als Freunde Börne's offen zu bekennen. Sehr nahe Freunde, in Frankfurt namentlich, trifft in dieser Rücksicht der Vorwurf einer gar matten Feigheit. Einstweilen begnügte sich die Familie, in deren Schooß Börne sein Leben aushauchte, den Hügel, der seine sterblichen Reste bedeckte, mit Blumen und einem Kreuze zu bezeichnen. Der Sturm, der die Höhen des Pere Lachaise oft bestreicht, soll dieses Friedenszeichen eines Tages entwurzelt haben. Die Einen werden sagen, dies wäre eine Mahnung gewesen, daß das Kreuz dem nicht gebühre, der in seinem Unmuth einmal erklärte, ihn reue das Geld, das ihm seine Taufe gekostet. Die Andern werden sagen: Es war ein unpassendes Symbol für einen Denker, dessen religiöses Glaubensbekenntniß über alle positiven Formen der Religion hinübergriff. Mögen beide Ansichten sich vereinigen, wie sie können! Wir wollen denken, daß jenes umgeworfene Kreuz keine Mahnung für Börne, sondern für uns sein sollte. Der Sturm wollte sich in Erinnerung bringen. Er wollte Blumen und Zeichen des Friedens von einem Grabe wehen, das uns nicht zur Klage, sondern zur That auffordert. Nicht mit Thränen will der zu Theilnehmern zu machen, scheiterte vorläufig noch an der Furcht der Meisten, sich als Freunde Börne’s offen zu bekennen. Sehr nahe Freunde, in Frankfurt namentlich, trifft in dieser Rücksicht der Vorwurf einer gar matten Feigheit. Einstweilen begnügte sich die Familie, in deren Schooß Börne sein Leben aushauchte, den Hügel, der seine sterblichen Reste bedeckte, mit Blumen und einem Kreuze zu bezeichnen. Der Sturm, der die Höhen des Père Lachaise oft bestreicht, soll dieses Friedenszeichen eines Tages entwurzelt haben. Die Einen werden sagen, dies wäre eine Mahnung gewesen, daß das Kreuz dem nicht gebühre, der in seinem Unmuth einmal erklärte, ihn reue das Geld, das ihm seine Taufe gekostet. Die Andern werden sagen: Es war ein unpassendes Symbol für einen Denker, dessen religiöses Glaubensbekenntniß über alle positiven Formen der Religion hinübergriff. Mögen beide Ansichten sich vereinigen, wie sie können! Wir wollen denken, daß jenes umgeworfene Kreuz keine Mahnung für Börne, sondern für uns sein sollte. Der Sturm wollte sich in Erinnerung bringen. Er wollte Blumen und Zeichen des Friedens von einem Grabe wehen, das uns nicht zur Klage, sondern zur That auffordert. Nicht mit Thränen will der <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0336" n="294"/> zu Theilnehmern zu machen, scheiterte vorläufig noch an der Furcht der Meisten, sich als Freunde Börne’s offen zu bekennen. Sehr nahe Freunde, in Frankfurt namentlich, trifft in dieser Rücksicht der Vorwurf einer gar matten Feigheit. Einstweilen begnügte sich die Familie, in deren Schooß Börne sein Leben aushauchte, den Hügel, der seine sterblichen Reste bedeckte, mit Blumen und einem Kreuze zu bezeichnen. Der Sturm, der die Höhen des Père Lachaise oft bestreicht, soll dieses Friedenszeichen eines Tages entwurzelt haben. Die Einen werden sagen, dies wäre eine Mahnung gewesen, daß das Kreuz dem nicht gebühre, der in seinem Unmuth einmal erklärte, ihn reue das Geld, das ihm seine Taufe gekostet. Die Andern werden sagen: Es war ein unpassendes Symbol für einen Denker, dessen religiöses Glaubensbekenntniß über alle positiven Formen der Religion hinübergriff. Mögen beide Ansichten sich vereinigen, wie sie können! <hi rendition="#g">Wir</hi> wollen denken, daß jenes umgeworfene Kreuz keine Mahnung für Börne, sondern für <hi rendition="#g">uns</hi> sein sollte. Der Sturm wollte <hi rendition="#g">sich</hi> in Erinnerung bringen. Er wollte Blumen und Zeichen des Friedens von einem Grabe wehen, das uns nicht zur Klage, sondern zur That auffordert. Nicht mit Thränen will der </p> </div> </body> </text> </TEI> [294/0336]
zu Theilnehmern zu machen, scheiterte vorläufig noch an der Furcht der Meisten, sich als Freunde Börne’s offen zu bekennen. Sehr nahe Freunde, in Frankfurt namentlich, trifft in dieser Rücksicht der Vorwurf einer gar matten Feigheit. Einstweilen begnügte sich die Familie, in deren Schooß Börne sein Leben aushauchte, den Hügel, der seine sterblichen Reste bedeckte, mit Blumen und einem Kreuze zu bezeichnen. Der Sturm, der die Höhen des Père Lachaise oft bestreicht, soll dieses Friedenszeichen eines Tages entwurzelt haben. Die Einen werden sagen, dies wäre eine Mahnung gewesen, daß das Kreuz dem nicht gebühre, der in seinem Unmuth einmal erklärte, ihn reue das Geld, das ihm seine Taufe gekostet. Die Andern werden sagen: Es war ein unpassendes Symbol für einen Denker, dessen religiöses Glaubensbekenntniß über alle positiven Formen der Religion hinübergriff. Mögen beide Ansichten sich vereinigen, wie sie können! Wir wollen denken, daß jenes umgeworfene Kreuz keine Mahnung für Börne, sondern für uns sein sollte. Der Sturm wollte sich in Erinnerung bringen. Er wollte Blumen und Zeichen des Friedens von einem Grabe wehen, das uns nicht zur Klage, sondern zur That auffordert. Nicht mit Thränen will der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/336 |
Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/336>, abgerufen am 16.02.2025. |