Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.Zu den wenigen deutschen Blättern, die Börne in Paris zu Gesicht bekam, gehörte auch das Morgenblatt. Die von W. Menzel redigirte Literaturbeilage desselben brachte seit der Fehde mit dem "jungen Deutschland" fast in jeder Nummer Beweise einer Apostasie, die man würde bemitleidet haben, wäre sie, um ihr eignes Gewissen zu betäuben, nicht in ein sinnloses Toben und Poltern verfallen, dessen Gegenstand Börne zuletzt selbst wurde. Das jungdeutsche Uebel, das Menzel ausrotten wollte, führte er auf das Juden- und Franzosenthum zurück. Man sah damals in Stuttgart einen Mann, der sich eine einflußreiche literarische Stellung durch blinden Fanatismus zu Grunde richtete: wilde Leidenschaft führte eine Feder, die sich in einen Besen verwandelt zu haben schien: unsinnige Vorwürfe wurden, ohne Prüfung, ohne den Stempel innerer Ueberzeugung, bis zum Lächerlichen wiederholt; Richtungen, deren Ungebühr man in ihren nächsten Aeußerungen ihm wohl eingestand, wurden an Erscheinungen vergangener Jahrhunderte angeknüpft und von einer ungezügelten Phantasie zu so widersinnigen Mißgestalten ausgemalt, daß Menzel, von der Nation aufgegeben, von den Einen für schlecht, von den Andern sicher für krank erklärt wurde. In trüber Zu den wenigen deutschen Blättern, die Börne in Paris zu Gesicht bekam, gehörte auch das Morgenblatt. Die von W. Menzel redigirte Literaturbeilage desselben brachte seit der Fehde mit dem „jungen Deutschland“ fast in jeder Nummer Beweise einer Apostasie, die man würde bemitleidet haben, wäre sie, um ihr eignes Gewissen zu betäuben, nicht in ein sinnloses Toben und Poltern verfallen, dessen Gegenstand Börne zuletzt selbst wurde. Das jungdeutsche Uebel, das Menzel ausrotten wollte, führte er auf das Juden- und Franzosenthum zurück. Man sah damals in Stuttgart einen Mann, der sich eine einflußreiche literarische Stellung durch blinden Fanatismus zu Grunde richtete: wilde Leidenschaft führte eine Feder, die sich in einen Besen verwandelt zu haben schien: unsinnige Vorwürfe wurden, ohne Prüfung, ohne den Stempel innerer Ueberzeugung, bis zum Lächerlichen wiederholt; Richtungen, deren Ungebühr man in ihren nächsten Aeußerungen ihm wohl eingestand, wurden an Erscheinungen vergangener Jahrhunderte angeknüpft und von einer ungezügelten Phantasie zu so widersinnigen Mißgestalten ausgemalt, daß Menzel, von der Nation aufgegeben, von den Einen für schlecht, von den Andern sicher für krank erklärt wurde. In trüber <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0319" n="277"/> <p> Zu den wenigen deutschen Blättern, die Börne in Paris zu Gesicht bekam, gehörte auch das Morgenblatt. Die von W. Menzel redigirte Literaturbeilage desselben brachte seit der Fehde mit dem „jungen Deutschland“ fast in jeder Nummer Beweise einer Apostasie, die man würde bemitleidet haben, wäre sie, um ihr eignes Gewissen zu betäuben, nicht in ein sinnloses Toben und Poltern verfallen, dessen Gegenstand Börne zuletzt selbst wurde. Das jungdeutsche Uebel, das Menzel ausrotten wollte, führte er auf das Juden- und Franzosenthum zurück. Man sah damals in Stuttgart einen Mann, der sich eine einflußreiche literarische Stellung durch blinden Fanatismus zu Grunde richtete: wilde Leidenschaft führte eine Feder, die sich in einen Besen verwandelt zu haben schien: unsinnige Vorwürfe wurden, ohne Prüfung, ohne den Stempel innerer Ueberzeugung, bis zum Lächerlichen wiederholt; Richtungen, deren Ungebühr man in ihren nächsten Aeußerungen ihm wohl eingestand, wurden an Erscheinungen vergangener Jahrhunderte angeknüpft und von einer ungezügelten Phantasie zu so widersinnigen Mißgestalten ausgemalt, daß Menzel, von der Nation aufgegeben, von den Einen für schlecht, von den Andern sicher für krank erklärt wurde. In trüber </p> </div> </body> </text> </TEI> [277/0319]
Zu den wenigen deutschen Blättern, die Börne in Paris zu Gesicht bekam, gehörte auch das Morgenblatt. Die von W. Menzel redigirte Literaturbeilage desselben brachte seit der Fehde mit dem „jungen Deutschland“ fast in jeder Nummer Beweise einer Apostasie, die man würde bemitleidet haben, wäre sie, um ihr eignes Gewissen zu betäuben, nicht in ein sinnloses Toben und Poltern verfallen, dessen Gegenstand Börne zuletzt selbst wurde. Das jungdeutsche Uebel, das Menzel ausrotten wollte, führte er auf das Juden- und Franzosenthum zurück. Man sah damals in Stuttgart einen Mann, der sich eine einflußreiche literarische Stellung durch blinden Fanatismus zu Grunde richtete: wilde Leidenschaft führte eine Feder, die sich in einen Besen verwandelt zu haben schien: unsinnige Vorwürfe wurden, ohne Prüfung, ohne den Stempel innerer Ueberzeugung, bis zum Lächerlichen wiederholt; Richtungen, deren Ungebühr man in ihren nächsten Aeußerungen ihm wohl eingestand, wurden an Erscheinungen vergangener Jahrhunderte angeknüpft und von einer ungezügelten Phantasie zu so widersinnigen Mißgestalten ausgemalt, daß Menzel, von der Nation aufgegeben, von den Einen für schlecht, von den Andern sicher für krank erklärt wurde. In trüber
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/319>, abgerufen am 16.02.2025. |