Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

er das Galignanische Lesekabinett, weniger die ihm wegen ihrer theuern Preise verhaßte Heideloff'sche Buchhandlung zu besuchen und vor dem Nachhausefahren unter den Bäumen des Palais-Royal ein Glas Eis zu essen. Eine kleine Promenade über die Boulevards durch die Vivienne- oder Richelieustraße nach dem Louvre und Einkäufe in Conditoreien waren Winters seine einzigen Ausgänge. Viele von den kleinen Billetten, welche er seinen Bekannten durch die Stadtpost schrieb, schloßen mit den Worten: Aber warum kommen Sie so selten? Ich bin fast jeden Abend zu Hause. Diese Zurückgezogenheit sonderte ihn jedoch keineswegs von Allem, was in der Hauptstadt vorgieng ab, im Gegentheil er verfolgte die unbedeutendsten Aenderungen im materiellen Lebensgenuß, im Preise der Nahrungsmittel, in der Ausmöblirung der Zimmer, in der Ausschmückung der Kaufläden, in dem herabgesetzten Tarif der Cabriolets u. s. f. mit sorgsamen Blicken und forschte nach den kleinsten Details, die für ihn alle im genauesten Zusammenhange mit der allgemeinen politischen und socialen Bewegung standen, deren Lenker, Vertreter und Tonangeber er in seinem Zimmer die strengste Revüe passiren ließ. Salons und hohe Zirkel besuchte Börne seltener; der kleine, schwer hörende,

er das Galignanische Lesekabinett, weniger die ihm wegen ihrer theuern Preise verhaßte Heideloff’sche Buchhandlung zu besuchen und vor dem Nachhausefahren unter den Bäumen des Palais-Royal ein Glas Eis zu essen. Eine kleine Promenade über die Boulevards durch die Vivienne- oder Richelieustraße nach dem Louvre und Einkäufe in Conditoreien waren Winters seine einzigen Ausgänge. Viele von den kleinen Billetten, welche er seinen Bekannten durch die Stadtpost schrieb, schloßen mit den Worten: Aber warum kommen Sie so selten? Ich bin fast jeden Abend zu Hause. Diese Zurückgezogenheit sonderte ihn jedoch keineswegs von Allem, was in der Hauptstadt vorgieng ab, im Gegentheil er verfolgte die unbedeutendsten Aenderungen im materiellen Lebensgenuß, im Preise der Nahrungsmittel, in der Ausmöblirung der Zimmer, in der Ausschmückung der Kaufläden, in dem herabgesetzten Tarif der Cabriolets u. s. f. mit sorgsamen Blicken und forschte nach den kleinsten Details, die für ihn alle im genauesten Zusammenhange mit der allgemeinen politischen und socialen Bewegung standen, deren Lenker, Vertreter und Tonangeber er in seinem Zimmer die strengste Revüe passiren ließ. Salons und hohe Zirkel besuchte Börne seltener; der kleine, schwer hörende,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0317" n="275"/>
er das Galignanische Lesekabinett, weniger die ihm wegen ihrer theuern Preise verhaßte Heideloff&#x2019;sche Buchhandlung zu besuchen und vor dem Nachhausefahren unter den Bäumen des Palais-Royal ein Glas Eis zu essen. Eine kleine Promenade über die Boulevards durch die Vivienne- oder Richelieustraße nach dem Louvre und Einkäufe in Conditoreien waren Winters seine einzigen Ausgänge. Viele von den kleinen Billetten, welche er seinen Bekannten durch die Stadtpost schrieb, schloßen mit den Worten: Aber warum kommen Sie so selten? Ich bin fast jeden Abend zu Hause. Diese Zurückgezogenheit sonderte ihn jedoch keineswegs von Allem, was in der Hauptstadt vorgieng ab, im Gegentheil er verfolgte die unbedeutendsten Aenderungen im materiellen Lebensgenuß, im Preise der Nahrungsmittel, in der Ausmöblirung der Zimmer, in der Ausschmückung der Kaufläden, in dem herabgesetzten Tarif der Cabriolets u. s. f. mit sorgsamen Blicken und forschte nach den kleinsten Details, die für ihn alle im genauesten Zusammenhange mit der allgemeinen politischen und socialen Bewegung standen, deren Lenker, Vertreter und Tonangeber er in seinem Zimmer die strengste Revüe passiren ließ. Salons und hohe Zirkel besuchte Börne seltener; der kleine, schwer hörende,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[275/0317] er das Galignanische Lesekabinett, weniger die ihm wegen ihrer theuern Preise verhaßte Heideloff’sche Buchhandlung zu besuchen und vor dem Nachhausefahren unter den Bäumen des Palais-Royal ein Glas Eis zu essen. Eine kleine Promenade über die Boulevards durch die Vivienne- oder Richelieustraße nach dem Louvre und Einkäufe in Conditoreien waren Winters seine einzigen Ausgänge. Viele von den kleinen Billetten, welche er seinen Bekannten durch die Stadtpost schrieb, schloßen mit den Worten: Aber warum kommen Sie so selten? Ich bin fast jeden Abend zu Hause. Diese Zurückgezogenheit sonderte ihn jedoch keineswegs von Allem, was in der Hauptstadt vorgieng ab, im Gegentheil er verfolgte die unbedeutendsten Aenderungen im materiellen Lebensgenuß, im Preise der Nahrungsmittel, in der Ausmöblirung der Zimmer, in der Ausschmückung der Kaufläden, in dem herabgesetzten Tarif der Cabriolets u. s. f. mit sorgsamen Blicken und forschte nach den kleinsten Details, die für ihn alle im genauesten Zusammenhange mit der allgemeinen politischen und socialen Bewegung standen, deren Lenker, Vertreter und Tonangeber er in seinem Zimmer die strengste Revüe passiren ließ. Salons und hohe Zirkel besuchte Börne seltener; der kleine, schwer hörende,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-07-03T11:49:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-03T11:49:31Z)
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-07-03T11:49:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Gutzkow Editionsprojekt:Editionsprinzipien
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/317
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/317>, abgerufen am 25.11.2024.