Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.eines Kranken, der nach langem Verschluß auf sein Zimmer, zum ersten Male wieder die warmen, linden Frühlingslüfte begrüßen darf und jede Knospe in der sproßenden Frühlingswelt küssen möchte. Börne bewahrte seine Theilnahme für La Mennais bis an sein Ende. Der Verfasser der "Erinnerungen an Börne" *) erzählt: "Der Eintritt La Mennais' in die politische Tagspresse interessirte Börne ungemein. "Sehen Sie," sagte er, als die Journale angekündigt hatten, daß La Mennais die oberste Leitung des Monde übernehmen werde, "sehen Sie, das möchte ich noch mit erleben, wie sich die Presse unter La Mennais Impuls gestalten wird; aber mit mir wird's bis dahin zu Ende sein." Börne ging im Zimmer auf und ab; wir hatten uns auf den Kaminmantel gelehnt; bei den letzten Worten hielt er den Schritt an und stellte sich uns gegenüber; der Blitzstrahl seines Auges durchzuckte unser Inneres, wir fühlten uns bewegt und mußten alle Fassung aufbieten, die Frage an ihn zu richten, ob wir den deutschen Recensenten glauben sollten, daß er Hypochonder sei? Noch sehen wir Börne an jenem Abende vor uns stehen; der Glanz seines Auges stralte wie *) Telegraph, 1838. Seite 707.
eines Kranken, der nach langem Verschluß auf sein Zimmer, zum ersten Male wieder die warmen, linden Frühlingslüfte begrüßen darf und jede Knospe in der sproßenden Frühlingswelt küssen möchte. Börne bewahrte seine Theilnahme für La Mennais bis an sein Ende. Der Verfasser der „Erinnerungen an Börne“ *) erzählt: „Der Eintritt La Mennais’ in die politische Tagspresse interessirte Börne ungemein. „Sehen Sie,“ sagte er, als die Journale angekündigt hatten, daß La Mennais die oberste Leitung des Monde übernehmen werde, „sehen Sie, das möchte ich noch mit erleben, wie sich die Presse unter La Mennais Impuls gestalten wird; aber mit mir wird’s bis dahin zu Ende sein.“ Börne ging im Zimmer auf und ab; wir hatten uns auf den Kaminmantel gelehnt; bei den letzten Worten hielt er den Schritt an und stellte sich uns gegenüber; der Blitzstrahl seines Auges durchzuckte unser Inneres, wir fühlten uns bewegt und mußten alle Fassung aufbieten, die Frage an ihn zu richten, ob wir den deutschen Recensenten glauben sollten, daß er Hypochonder sei? Noch sehen wir Börne an jenem Abende vor uns stehen; der Glanz seines Auges stralte wie *) Telegraph, 1838. Seite 707.
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eines Kranken, der nach langem Verschluß auf sein Zimmer, zum ersten Male wieder die warmen, linden Frühlingslüfte begrüßen darf und jede Knospe in der sproßenden Frühlingswelt küssen möchte. Börne bewahrte seine Theilnahme für La Mennais bis an sein Ende. Der Verfasser der „Erinnerungen an Börne“ *) erzählt: „Der Eintritt La Mennais’ in die politische Tagspresse interessirte Börne ungemein. „Sehen Sie,“ sagte er, als die Journale angekündigt hatten, daß La Mennais die oberste Leitung des Monde übernehmen werde, „sehen Sie, das möchte ich noch mit erleben, wie sich die Presse unter La Mennais Impuls gestalten wird; aber mit mir wird’s bis dahin zu Ende sein.“ Börne ging im Zimmer auf und ab; wir hatten uns auf den Kaminmantel gelehnt; bei den letzten Worten hielt er den Schritt an und stellte sich uns gegenüber; der Blitzstrahl seines Auges durchzuckte unser Inneres, wir fühlten uns bewegt und mußten alle Fassung aufbieten, die Frage an ihn zu richten, ob wir den deutschen Recensenten glauben sollten, daß er Hypochonder sei? Noch sehen wir Börne an jenem Abende vor uns stehen; der Glanz seines Auges stralte wie
*) Telegraph, 1838. Seite 707.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/308>, abgerufen am 16.02.2025. |