Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.ausgelacht zu werden, um neun Uhr zu Bette zu gehen! Daher der Haß gegen alles Phantastische und Ureigne, daher die Neigung, für Außerordentliches gewöhnliche Ursachen aufzufinden. Behauptet er doch in dem Artikel über Börne: Die Neuerungssucht bei der Jugend käme doch im Grunde nur daher, daß die jungen Leute nur Furcht vor dem Examen hätten! Füg' ich nun zu einer solchen Trivialität noch hinzu, daß Gervinus sagt, Börne könne nicht schreiben, weil "in den sechs Bänden Pariser Briefe auch nicht ein einziger Periode zu finden" wäre, hinzu, daß die Wendung: "Börne könne nie sein Frankfurt vergessen," den Darmstädter verräth, der von Hause aus mit neidischem Aerger an eine Stadt denkt, wo die Darmstädter, weil sie den Buchstaben R. nicht aussprechen können, nur Gegenstand des Spottes sind: so haben wir das Bild dieses Kritikers vollständig und wissen, warum er unfähig ist, Börnen zu würdigen. Dieser Eine sei nur ein Beispiel der Uebrigen. Schmerzlicher mußte es für Börne sein, daß auch Freunde, die ihn kannten, an ihm irr wurden. Den Absagebrief eines Carove ertrug er mit lachendem Muthe. Empfindlicher war ihm das Urtheil der näher Befreundeten. Börne ist toll geworden! das ließ sich ausgelacht zu werden, um neun Uhr zu Bette zu gehen! Daher der Haß gegen alles Phantastische und Ureigne, daher die Neigung, für Außerordentliches gewöhnliche Ursachen aufzufinden. Behauptet er doch in dem Artikel über Börne: Die Neuerungssucht bei der Jugend käme doch im Grunde nur daher, daß die jungen Leute nur Furcht vor dem Examen hätten! Füg’ ich nun zu einer solchen Trivialität noch hinzu, daß Gervinus sagt, Börne könne nicht schreiben, weil „in den sechs Bänden Pariser Briefe auch nicht ein einziger Periode zu finden“ wäre, hinzu, daß die Wendung: „Börne könne nie sein Frankfurt vergessen,“ den Darmstädter verräth, der von Hause aus mit neidischem Aerger an eine Stadt denkt, wo die Darmstädter, weil sie den Buchstaben R. nicht aussprechen können, nur Gegenstand des Spottes sind: so haben wir das Bild dieses Kritikers vollständig und wissen, warum er unfähig ist, Börnen zu würdigen. Dieser Eine sei nur ein Beispiel der Uebrigen. Schmerzlicher mußte es für Börne sein, daß auch Freunde, die ihn kannten, an ihm irr wurden. Den Absagebrief eines Carové ertrug er mit lachendem Muthe. Empfindlicher war ihm das Urtheil der näher Befreundeten. Börne ist toll geworden! das ließ sich <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0270" n="228"/> ausgelacht zu werden, um neun Uhr zu Bette zu gehen! Daher der Haß gegen alles Phantastische und Ureigne, daher die Neigung, für Außerordentliches gewöhnliche Ursachen aufzufinden. Behauptet er doch in dem Artikel über Börne: Die Neuerungssucht bei der Jugend käme doch im Grunde nur daher, daß die jungen Leute nur Furcht vor dem Examen hätten! Füg’ ich nun zu einer solchen Trivialität noch hinzu, daß Gervinus sagt, Börne könne nicht schreiben, weil „in den sechs Bänden Pariser Briefe auch nicht ein einziger <hi rendition="#g">Periode</hi> zu finden“ wäre, hinzu, daß die Wendung: „Börne könne nie <hi rendition="#g">sein</hi> Frankfurt vergessen,“ den Darmstädter verräth, der von Hause aus mit neidischem Aerger an eine Stadt denkt, wo die Darmstädter, weil sie den Buchstaben R. nicht aussprechen können, nur Gegenstand des Spottes sind: so haben wir das Bild dieses Kritikers vollständig und wissen, warum er unfähig ist, Börnen zu würdigen. Dieser Eine sei nur ein Beispiel der Uebrigen.</p> <p>Schmerzlicher mußte es für Börne sein, daß auch Freunde, die ihn kannten, an ihm irr wurden. Den Absagebrief eines Carové ertrug er mit lachendem Muthe. Empfindlicher war ihm das Urtheil der näher Befreundeten. Börne ist toll geworden! das ließ sich </p> </div> </body> </text> </TEI> [228/0270]
ausgelacht zu werden, um neun Uhr zu Bette zu gehen! Daher der Haß gegen alles Phantastische und Ureigne, daher die Neigung, für Außerordentliches gewöhnliche Ursachen aufzufinden. Behauptet er doch in dem Artikel über Börne: Die Neuerungssucht bei der Jugend käme doch im Grunde nur daher, daß die jungen Leute nur Furcht vor dem Examen hätten! Füg’ ich nun zu einer solchen Trivialität noch hinzu, daß Gervinus sagt, Börne könne nicht schreiben, weil „in den sechs Bänden Pariser Briefe auch nicht ein einziger Periode zu finden“ wäre, hinzu, daß die Wendung: „Börne könne nie sein Frankfurt vergessen,“ den Darmstädter verräth, der von Hause aus mit neidischem Aerger an eine Stadt denkt, wo die Darmstädter, weil sie den Buchstaben R. nicht aussprechen können, nur Gegenstand des Spottes sind: so haben wir das Bild dieses Kritikers vollständig und wissen, warum er unfähig ist, Börnen zu würdigen. Dieser Eine sei nur ein Beispiel der Uebrigen.
Schmerzlicher mußte es für Börne sein, daß auch Freunde, die ihn kannten, an ihm irr wurden. Den Absagebrief eines Carové ertrug er mit lachendem Muthe. Empfindlicher war ihm das Urtheil der näher Befreundeten. Börne ist toll geworden! das ließ sich
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/270>, abgerufen am 16.02.2025. |