Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.die sich nicht vor der Vernunft verantworten ließen, wußte wohl Börne recht gut; aber gerade durch diesen pikanten Sauerteig sollte das noch etwas fade Gebäck des erwachten Volksgeistes schmackhaft gemacht werden. Börne hätte das Alles beschwören sollen, daß er die Deutschen verachte, daß er ihnen auf der Kehler Brücke seinen Rücken und noch mehr zeigte, daß man Könige ihrer Nase wegen verjagen dürfe u. dergl.? Gewiß nicht; aber er dachte: Es ist gut, wenn Einer kommt und so das Aeußerste sagt; das bringt sie in Harnisch, hurtig, flink! das bringt Leben in die Sache - und darum ließ er diese Lachtauben ausflattern. Daß sie ihm hernach kamen und alles bewiesen haben wollten, daß sie Abhandlungen über jene Nase, Abhandlungen über das Verbrennen der Göttinger Bibliothek schrieben, daß sie alles buchstäblich nahmen und in dem Buche alles, nur nicht das, was es sein sollte, einen elektrischen Leiter, sahen, das empörte ihn und gab ihm die Erbitterung, die in den folgenden vier Bänden allerdings methodischer, überlegter und unversöhnlicher auftrat. Börne war den Sommer 1831 über in Baden, wo er mit Männern freundlich umging, von denen er nicht ahnte, daß sie sich bald in seine widerwärtigsten Feinde verwandeln sollten. Die Briefe er- die sich nicht vor der Vernunft verantworten ließen, wußte wohl Börne recht gut; aber gerade durch diesen pikanten Sauerteig sollte das noch etwas fade Gebäck des erwachten Volksgeistes schmackhaft gemacht werden. Börne hätte das Alles beschwören sollen, daß er die Deutschen verachte, daß er ihnen auf der Kehler Brücke seinen Rücken und noch mehr zeigte, daß man Könige ihrer Nase wegen verjagen dürfe u. dergl.? Gewiß nicht; aber er dachte: Es ist gut, wenn Einer kommt und so das Aeußerste sagt; das bringt sie in Harnisch, hurtig, flink! das bringt Leben in die Sache – und darum ließ er diese Lachtauben ausflattern. Daß sie ihm hernach kamen und alles bewiesen haben wollten, daß sie Abhandlungen über jene Nase, Abhandlungen über das Verbrennen der Göttinger Bibliothek schrieben, daß sie alles buchstäblich nahmen und in dem Buche alles, nur nicht das, was es sein sollte, einen elektrischen Leiter, sahen, das empörte ihn und gab ihm die Erbitterung, die in den folgenden vier Bänden allerdings methodischer, überlegter und unversöhnlicher auftrat. Börne war den Sommer 1831 über in Baden, wo er mit Männern freundlich umging, von denen er nicht ahnte, daß sie sich bald in seine widerwärtigsten Feinde verwandeln sollten. Die Briefe er- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0260" n="218"/> die sich nicht vor der Vernunft verantworten ließen, wußte wohl Börne recht gut; aber gerade durch diesen pikanten Sauerteig sollte das noch etwas fade Gebäck des erwachten Volksgeistes schmackhaft gemacht werden. Börne hätte das Alles beschwören sollen, daß er die Deutschen verachte, daß er ihnen auf der Kehler Brücke seinen Rücken und noch mehr zeigte, daß man Könige ihrer Nase wegen verjagen dürfe u. dergl.? Gewiß nicht; aber er dachte: Es ist gut, wenn Einer kommt und so das Aeußerste sagt; das bringt sie in Harnisch, hurtig, flink! das bringt Leben in die Sache – und darum ließ er diese Lachtauben ausflattern. Daß sie ihm hernach kamen und alles bewiesen haben wollten, daß sie Abhandlungen über jene Nase, Abhandlungen über das Verbrennen der Göttinger Bibliothek schrieben, daß sie alles buchstäblich nahmen und in dem Buche alles, nur nicht das, was es sein sollte, einen elektrischen Leiter, sahen, das empörte ihn und gab ihm die Erbitterung, die in den folgenden vier Bänden allerdings methodischer, überlegter und unversöhnlicher auftrat. Börne war den Sommer 1831 über in Baden, wo er mit Männern freundlich umging, von denen er nicht ahnte, daß sie sich bald in seine widerwärtigsten Feinde verwandeln sollten. Die Briefe er- </p> </div> </body> </text> </TEI> [218/0260]
die sich nicht vor der Vernunft verantworten ließen, wußte wohl Börne recht gut; aber gerade durch diesen pikanten Sauerteig sollte das noch etwas fade Gebäck des erwachten Volksgeistes schmackhaft gemacht werden. Börne hätte das Alles beschwören sollen, daß er die Deutschen verachte, daß er ihnen auf der Kehler Brücke seinen Rücken und noch mehr zeigte, daß man Könige ihrer Nase wegen verjagen dürfe u. dergl.? Gewiß nicht; aber er dachte: Es ist gut, wenn Einer kommt und so das Aeußerste sagt; das bringt sie in Harnisch, hurtig, flink! das bringt Leben in die Sache – und darum ließ er diese Lachtauben ausflattern. Daß sie ihm hernach kamen und alles bewiesen haben wollten, daß sie Abhandlungen über jene Nase, Abhandlungen über das Verbrennen der Göttinger Bibliothek schrieben, daß sie alles buchstäblich nahmen und in dem Buche alles, nur nicht das, was es sein sollte, einen elektrischen Leiter, sahen, das empörte ihn und gab ihm die Erbitterung, die in den folgenden vier Bänden allerdings methodischer, überlegter und unversöhnlicher auftrat. Börne war den Sommer 1831 über in Baden, wo er mit Männern freundlich umging, von denen er nicht ahnte, daß sie sich bald in seine widerwärtigsten Feinde verwandeln sollten. Die Briefe er-
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/260>, abgerufen am 16.07.2024. |