Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.Paris, den 10ten Februar 1822. Frankreich ist das Zifferblatt Europa's; hier sieht man, welche Zeit es ist, in andern Ländern muß man die Uhr erst schlagen hören, um die Stunde zu erfahren. Man verhört sich aber leichter als man sich versieht. Ich habe mir vorgenommen, meinen Aufenthalt in Paris zu benutzen, um das Wesen unserer Zeit aus ihren Zeichen zu erforschen und meine Beobachtungen Ihnen, mein Hochverehrtester unter allen meinen Freunden, auf dessen Urtheil ich stets so hohen Werth legte, mitzutheilen. Eine so eben hier erschienene Flugschrift zur Apologie des Ministeriums Villele kommt mir sehr willkommen in den Weg, meine Betrachtungen daran zu knüpfen, denn wenn es in Waffenkriegen oft bedenklich ist, auf dem Schlachtfelde zu kämpfen, das der Feind anbietet, ist es in Meinungsstreitigkeiten immer räthlich, sich auf den Standpunkt zu stellen, den sich der Gegner gewählt. Die Leser jenes Pamphlets, von welcher Partei sie auch sein mögen, Aristokraten oder Demokraten, werden über die Naivität lächeln, mit welcher man darin gewisse Grundsätze, Ansichten und Zwecke öffentlich bekennt und über Mittel und Wege unverholen spricht. Des Königs Paris, den 10ten Februar 1822. Frankreich ist das Zifferblatt Europa’s; hier sieht man, welche Zeit es ist, in andern Ländern muß man die Uhr erst schlagen hören, um die Stunde zu erfahren. Man verhört sich aber leichter als man sich versieht. Ich habe mir vorgenommen, meinen Aufenthalt in Paris zu benutzen, um das Wesen unserer Zeit aus ihren Zeichen zu erforschen und meine Beobachtungen Ihnen, mein Hochverehrtester unter allen meinen Freunden, auf dessen Urtheil ich stets so hohen Werth legte, mitzutheilen. Eine so eben hier erschienene Flugschrift zur Apologie des Ministeriums Villèle kommt mir sehr willkommen in den Weg, meine Betrachtungen daran zu knüpfen, denn wenn es in Waffenkriegen oft bedenklich ist, auf dem Schlachtfelde zu kämpfen, das der Feind anbietet, ist es in Meinungsstreitigkeiten immer räthlich, sich auf den Standpunkt zu stellen, den sich der Gegner gewählt. Die Leser jenes Pamphlets, von welcher Partei sie auch sein mögen, Aristokraten oder Demokraten, werden über die Naivität lächeln, mit welcher man darin gewisse Grundsätze, Ansichten und Zwecke öffentlich bekennt und über Mittel und Wege unverholen spricht. Des Königs <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0212" n="170"/> <p> <hi rendition="#right">Paris, den 10ten Februar 1822.</hi> </p> <p>Frankreich ist das Zifferblatt Europa’s; hier <hi rendition="#g">sieht</hi> man, welche Zeit es ist, in andern Ländern muß man die Uhr erst <hi rendition="#g">schlagen</hi> hören, um die Stunde zu erfahren. Man verhört sich aber leichter als man sich versieht. Ich habe mir vorgenommen, meinen Aufenthalt in Paris zu benutzen, um das Wesen unserer Zeit aus ihren Zeichen zu erforschen und meine Beobachtungen Ihnen, mein Hochverehrtester unter allen meinen Freunden, auf dessen Urtheil ich stets so hohen Werth legte, mitzutheilen. Eine so eben hier erschienene Flugschrift zur Apologie des Ministeriums Villèle kommt mir sehr willkommen in den Weg, meine Betrachtungen daran zu knüpfen, denn wenn es in Waffenkriegen oft bedenklich ist, auf dem Schlachtfelde zu kämpfen, das der Feind anbietet, ist es in Meinungsstreitigkeiten immer räthlich, sich auf den Standpunkt zu stellen, den sich der Gegner gewählt. Die Leser jenes Pamphlets, von welcher Partei sie auch sein mögen, Aristokraten oder Demokraten, werden über die Naivität lächeln, mit welcher man darin gewisse Grundsätze, Ansichten und Zwecke öffentlich bekennt und über Mittel und Wege unverholen spricht. Des Königs </p> </div> </body> </text> </TEI> [170/0212]
Paris, den 10ten Februar 1822.
Frankreich ist das Zifferblatt Europa’s; hier sieht man, welche Zeit es ist, in andern Ländern muß man die Uhr erst schlagen hören, um die Stunde zu erfahren. Man verhört sich aber leichter als man sich versieht. Ich habe mir vorgenommen, meinen Aufenthalt in Paris zu benutzen, um das Wesen unserer Zeit aus ihren Zeichen zu erforschen und meine Beobachtungen Ihnen, mein Hochverehrtester unter allen meinen Freunden, auf dessen Urtheil ich stets so hohen Werth legte, mitzutheilen. Eine so eben hier erschienene Flugschrift zur Apologie des Ministeriums Villèle kommt mir sehr willkommen in den Weg, meine Betrachtungen daran zu knüpfen, denn wenn es in Waffenkriegen oft bedenklich ist, auf dem Schlachtfelde zu kämpfen, das der Feind anbietet, ist es in Meinungsstreitigkeiten immer räthlich, sich auf den Standpunkt zu stellen, den sich der Gegner gewählt. Die Leser jenes Pamphlets, von welcher Partei sie auch sein mögen, Aristokraten oder Demokraten, werden über die Naivität lächeln, mit welcher man darin gewisse Grundsätze, Ansichten und Zwecke öffentlich bekennt und über Mittel und Wege unverholen spricht. Des Königs
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