Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.schränkungen, welche für die deutsche Presse immer lästiger wurden, angewidert, mißgestimmt durch das neuste polizeyliche Begegniß, mit seinem Vater in einem fortdauernden Mißverständniß, von der Einförmigkeit des Frankfurter Lebens*) gelangweilt, entschloß sich, nach Paris zu reisen. Hatte man doch in Frankfurt nicht einmal Sinn genug, seinen Spaß zu verstehen! Seine Monographie der deutschen Postschnecke war im Jahre 1821 in den verspäteten Heften der Wage erschienen, als ihn eines Tages ein Postcondukteur besuchte und ihm das Unglück klagte, das er über ihn heraufgeschrieben hätte! Seine Vorgesetzten hätten nachgeschlagen, wer an dem Tage, als Dr. Börne nach Stuttgart fuhr, den Dienst am Eilwagen versehen, wer sich erlaubt hätte, wie es dort geheißen einen blinden Passagier mitzunehmen! Der arme Mann würde seines Postens entsetzt worden sein, wäre nicht Börne zur Postdirektion gelaufen und hätte diese versichert, daß seine Aufnahme eines blin- *) Er schrieb mir im Jahre 1835 aus Paris, daß es ihm in Frankfurt eigentlich nur Donnerstags gefallen hätte, wenn es im "weißen Schwan" so vortreffliches Sauerkraut gab.
schränkungen, welche für die deutsche Presse immer lästiger wurden, angewidert, mißgestimmt durch das neuste polizeyliche Begegniß, mit seinem Vater in einem fortdauernden Mißverständniß, von der Einförmigkeit des Frankfurter Lebens*) gelangweilt, entschloß sich, nach Paris zu reisen. Hatte man doch in Frankfurt nicht einmal Sinn genug, seinen Spaß zu verstehen! Seine Monographie der deutschen Postschnecke war im Jahre 1821 in den verspäteten Heften der Wage erschienen, als ihn eines Tages ein Postcondukteur besuchte und ihm das Unglück klagte, das er über ihn heraufgeschrieben hätte! Seine Vorgesetzten hätten nachgeschlagen, wer an dem Tage, als Dr. Börne nach Stuttgart fuhr, den Dienst am Eilwagen versehen, wer sich erlaubt hätte, wie es dort geheißen einen blinden Passagier mitzunehmen! Der arme Mann würde seines Postens entsetzt worden sein, wäre nicht Börne zur Postdirektion gelaufen und hätte diese versichert, daß seine Aufnahme eines blin- *) Er schrieb mir im Jahre 1835 aus Paris, daß es ihm in Frankfurt eigentlich nur Donnerstags gefallen hätte, wenn es im „weißen Schwan“ so vortreffliches Sauerkraut gab.
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schränkungen, welche für die deutsche Presse immer lästiger wurden, angewidert, mißgestimmt durch das neuste polizeyliche Begegniß, mit seinem Vater in einem fortdauernden Mißverständniß, von der Einförmigkeit des Frankfurter Lebens *) gelangweilt, entschloß sich, nach Paris zu reisen.
Hatte man doch in Frankfurt nicht einmal Sinn genug, seinen Spaß zu verstehen! Seine Monographie der deutschen Postschnecke war im Jahre 1821 in den verspäteten Heften der Wage erschienen, als ihn eines Tages ein Postcondukteur besuchte und ihm das Unglück klagte, das er über ihn heraufgeschrieben hätte! Seine Vorgesetzten hätten nachgeschlagen, wer an dem Tage, als Dr. Börne nach Stuttgart fuhr, den Dienst am Eilwagen versehen, wer sich erlaubt hätte, wie es dort geheißen einen blinden Passagier mitzunehmen! Der arme Mann würde seines Postens entsetzt worden sein, wäre nicht Börne zur Postdirektion gelaufen und hätte diese versichert, daß seine Aufnahme eines blin-
*) Er schrieb mir im Jahre 1835 aus Paris, daß es ihm in Frankfurt eigentlich nur Donnerstags gefallen hätte, wenn es im „weißen Schwan“ so vortreffliches Sauerkraut gab.
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/193>, abgerufen am 23.07.2024. |