Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.der höchsten Gesellschaft, des Hofes und der Ringe, die sich um ihn ziehen, so würden wir für ihre Bemühung, uns durch Lustspiele zu erheitern, dankbar seyn; allein die Prinzessin Amalie von Sachsen schildert uns das Bürgerleben, das Daseyn kleiner bescheidner Familien, das Leben der Landedelleute, die, um zu Geld zu kommen, sich mit Bürgerlichen verschwägern; sie schildert uns Aerzte, Landwirthe, Geistliche; kann sie diese Erfahrung anderswo her haben, als aus Büchern? Es ist nicht bekannt, daß sie wie Louis Philipp und seine Familie im Exil lebte, angewiesen auf bürgerlichen Erwerb und Umgang; woher sollte sie den Stoff zu diesen sich sogar als Sittengemälde ankündigenden Schilderungen anders entnommen haben als aus Büchern! Indessen hielt sich Börne's Kritik in der Wage nicht immer bloß an diese mehr allgemeine Betrachtung der Bühnenstücke, sondern seine dramaturgischen Leistungen sind auch voll der feinsten Sonderbemerkungen, in denen er eben so viel Geschmack als Menschenkenntniß entwickelte. Ich mache besonders auf seine Erörterung über physische Gebrechen auf der Bühne aufmerksam. Müllner wollte damals im Morgenblatt bestreiten, daß Börne die Blindheit der der höchsten Gesellschaft, des Hofes und der Ringe, die sich um ihn ziehen, so würden wir für ihre Bemühung, uns durch Lustspiele zu erheitern, dankbar seyn; allein die Prinzessin Amalie von Sachsen schildert uns das Bürgerleben, das Daseyn kleiner bescheidner Familien, das Leben der Landedelleute, die, um zu Geld zu kommen, sich mit Bürgerlichen verschwägern; sie schildert uns Aerzte, Landwirthe, Geistliche; kann sie diese Erfahrung anderswo her haben, als aus Büchern? Es ist nicht bekannt, daß sie wie Louis Philipp und seine Familie im Exil lebte, angewiesen auf bürgerlichen Erwerb und Umgang; woher sollte sie den Stoff zu diesen sich sogar als Sittengemälde ankündigenden Schilderungen anders entnommen haben als aus Büchern! Indessen hielt sich Börne’s Kritik in der Wage nicht immer bloß an diese mehr allgemeine Betrachtung der Bühnenstücke, sondern seine dramaturgischen Leistungen sind auch voll der feinsten Sonderbemerkungen, in denen er eben so viel Geschmack als Menschenkenntniß entwickelte. Ich mache besonders auf seine Erörterung über physische Gebrechen auf der Bühne aufmerksam. Müllner wollte damals im Morgenblatt bestreiten, daß Börne die Blindheit der <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0178" n="136"/> der höchsten Gesellschaft, des Hofes und der Ringe, die sich um ihn ziehen, so würden wir für ihre Bemühung, uns durch Lustspiele zu erheitern, dankbar seyn; allein die Prinzessin Amalie von Sachsen schildert uns das Bürgerleben, das Daseyn kleiner bescheidner Familien, das Leben der Landedelleute, die, um zu Geld zu kommen, sich mit Bürgerlichen verschwägern; sie schildert uns Aerzte, Landwirthe, Geistliche; kann sie diese Erfahrung anderswo her haben, als aus Büchern? Es ist nicht bekannt, daß sie wie Louis Philipp und seine Familie im Exil lebte, angewiesen auf bürgerlichen Erwerb und Umgang; woher sollte sie den Stoff zu diesen sich sogar als Sittengemälde ankündigenden Schilderungen anders entnommen haben als aus Büchern!</p> <p>Indessen hielt sich Börne’s Kritik in der Wage nicht immer bloß an diese mehr allgemeine Betrachtung der Bühnenstücke, sondern seine dramaturgischen Leistungen sind auch voll der feinsten Sonderbemerkungen, in denen er eben so viel Geschmack als Menschenkenntniß entwickelte. Ich mache besonders auf seine Erörterung über physische Gebrechen auf der Bühne aufmerksam. Müllner wollte damals im Morgenblatt bestreiten, daß Börne die Blindheit der </p> </div> </body> </text> </TEI> [136/0178]
der höchsten Gesellschaft, des Hofes und der Ringe, die sich um ihn ziehen, so würden wir für ihre Bemühung, uns durch Lustspiele zu erheitern, dankbar seyn; allein die Prinzessin Amalie von Sachsen schildert uns das Bürgerleben, das Daseyn kleiner bescheidner Familien, das Leben der Landedelleute, die, um zu Geld zu kommen, sich mit Bürgerlichen verschwägern; sie schildert uns Aerzte, Landwirthe, Geistliche; kann sie diese Erfahrung anderswo her haben, als aus Büchern? Es ist nicht bekannt, daß sie wie Louis Philipp und seine Familie im Exil lebte, angewiesen auf bürgerlichen Erwerb und Umgang; woher sollte sie den Stoff zu diesen sich sogar als Sittengemälde ankündigenden Schilderungen anders entnommen haben als aus Büchern!
Indessen hielt sich Börne’s Kritik in der Wage nicht immer bloß an diese mehr allgemeine Betrachtung der Bühnenstücke, sondern seine dramaturgischen Leistungen sind auch voll der feinsten Sonderbemerkungen, in denen er eben so viel Geschmack als Menschenkenntniß entwickelte. Ich mache besonders auf seine Erörterung über physische Gebrechen auf der Bühne aufmerksam. Müllner wollte damals im Morgenblatt bestreiten, daß Börne die Blindheit der
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