Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.Freiheit ist. Wo kein öffentliches Leben herrscht, muß nicht nur der dichterische Ausdruck seiner natürlichen Kraft beraubt werden, sondern die Gestalten werden auch nicht den freien Geist ureigenster Persönlichkeit athmen; Rücksichten entnerven die Sprache, und lassen die Malerei des Lebens sich nur in dämmernden Andeutungen ergehen. England, so groß durch seine dem Einzelnen gestattete politische Freiheit, hat darum auch nie aufgehört, selbst beim unläugbar dort herrschenden Verfall der dramatischen Kunst Stücke zu zeitigen, die eine feine Charakteristik, eine tiefe Menschenkenntniß verrathen. Börne bemerkt dies selbst bei Gelegenheit des Cumberland'schen Juden und des Grafen von Essex. Ein Engländer kann in so nebelhafte Allgemeinheiten und unmögliche Spezialitäten, wie sie die deutsche Bühne schildert, nie gerathen, weil ihn der freie Gebrauch seines Daseyns das menschliche Daseyn überhaupt richtiger verstehen lehrt. In neuester Zeit ist das Drama in England durch den vorherrschend episch-lyrischen Charakter seiner Dichter sehr gesunken und dennoch was wir von Englischen Stücken übersetzen zeichnet sich doch immer noch durch eine klare und täuschende Lebenswahrheit aus, so die Gebrüder Foster, der Bucklige, Bulwers neueste Dramen und Freiheit ist. Wo kein öffentliches Leben herrscht, muß nicht nur der dichterische Ausdruck seiner natürlichen Kraft beraubt werden, sondern die Gestalten werden auch nicht den freien Geist ureigenster Persönlichkeit athmen; Rücksichten entnerven die Sprache, und lassen die Malerei des Lebens sich nur in dämmernden Andeutungen ergehen. England, so groß durch seine dem Einzelnen gestattete politische Freiheit, hat darum auch nie aufgehört, selbst beim unläugbar dort herrschenden Verfall der dramatischen Kunst Stücke zu zeitigen, die eine feine Charakteristik, eine tiefe Menschenkenntniß verrathen. Börne bemerkt dies selbst bei Gelegenheit des Cumberland’schen Juden und des Grafen von Essex. Ein Engländer kann in so nebelhafte Allgemeinheiten und unmögliche Spezialitäten, wie sie die deutsche Bühne schildert, nie gerathen, weil ihn der freie Gebrauch seines Daseyns das menschliche Daseyn überhaupt richtiger verstehen lehrt. In neuester Zeit ist das Drama in England durch den vorherrschend episch-lyrischen Charakter seiner Dichter sehr gesunken und dennoch was wir von Englischen Stücken übersetzen zeichnet sich doch immer noch durch eine klare und täuschende Lebenswahrheit aus, so die Gebrüder Foster, der Bucklige, Bulwers neueste Dramen und <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0175" n="133"/> Freiheit ist. Wo kein öffentliches Leben herrscht, muß nicht nur der dichterische Ausdruck seiner natürlichen Kraft beraubt werden, sondern die Gestalten werden auch nicht den freien Geist ureigenster Persönlichkeit athmen; Rücksichten entnerven die Sprache, und lassen die Malerei des Lebens sich nur in dämmernden Andeutungen ergehen. England, so groß durch seine dem Einzelnen gestattete politische Freiheit, hat darum auch nie aufgehört, selbst beim unläugbar dort herrschenden Verfall der dramatischen Kunst Stücke zu zeitigen, die eine feine Charakteristik, eine tiefe Menschenkenntniß verrathen. Börne bemerkt dies selbst bei Gelegenheit des Cumberland’schen Juden und des Grafen von Essex. Ein Engländer kann in so nebelhafte Allgemeinheiten und unmögliche Spezialitäten, wie sie die deutsche Bühne schildert, nie gerathen, weil ihn der <hi rendition="#g">freie</hi> Gebrauch seines Daseyns das menschliche Daseyn überhaupt richtiger verstehen lehrt. In neuester Zeit ist das Drama in England durch den vorherrschend episch-lyrischen Charakter seiner Dichter sehr gesunken und dennoch was wir von Englischen Stücken übersetzen zeichnet sich doch immer noch durch eine klare und täuschende Lebenswahrheit aus, so die Gebrüder Foster, der Bucklige, Bulwers neueste Dramen und </p> </div> </body> </text> </TEI> [133/0175]
Freiheit ist. Wo kein öffentliches Leben herrscht, muß nicht nur der dichterische Ausdruck seiner natürlichen Kraft beraubt werden, sondern die Gestalten werden auch nicht den freien Geist ureigenster Persönlichkeit athmen; Rücksichten entnerven die Sprache, und lassen die Malerei des Lebens sich nur in dämmernden Andeutungen ergehen. England, so groß durch seine dem Einzelnen gestattete politische Freiheit, hat darum auch nie aufgehört, selbst beim unläugbar dort herrschenden Verfall der dramatischen Kunst Stücke zu zeitigen, die eine feine Charakteristik, eine tiefe Menschenkenntniß verrathen. Börne bemerkt dies selbst bei Gelegenheit des Cumberland’schen Juden und des Grafen von Essex. Ein Engländer kann in so nebelhafte Allgemeinheiten und unmögliche Spezialitäten, wie sie die deutsche Bühne schildert, nie gerathen, weil ihn der freie Gebrauch seines Daseyns das menschliche Daseyn überhaupt richtiger verstehen lehrt. In neuester Zeit ist das Drama in England durch den vorherrschend episch-lyrischen Charakter seiner Dichter sehr gesunken und dennoch was wir von Englischen Stücken übersetzen zeichnet sich doch immer noch durch eine klare und täuschende Lebenswahrheit aus, so die Gebrüder Foster, der Bucklige, Bulwers neueste Dramen und
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