Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.in unsrer dramatischen Literatur dieses Element des Allerunterthänigsten, empörten ihn diese Katzenbuckel, welche der Bauer vor dem Schulmeister, der Schulmeister vor dem Pastor, der Pastor vor seinem Patronen macht. Der Einwand, daß in diesen häßlichen Beleidigungen der Menschenwürde doch unsre Sitten getroffen würden, genügte ihm nicht. Ist diese Hundedemuth da, so ist das Mittel, sie auf der Bühne lächerlich zu machen, noch immer nicht wirksam genug, sie auszurotten. Börne tadelte, daß unsre gehorsamen Diener von Dichtern die Fürsten immer edel und gut auftreten lassen oder, wenn sie doch nicht gut und edel handeln, die Schuld auf ihre schlechte Umgebung werfen. Die Unschuld, in der z. B. Lessing sogar in der Emilia Galotti den Fürsten erscheinen läßt, mußte ihm um so bedenklicher vorkommen, als die Harmlosigkeit eines Fürsten bei einem so notorisch schlechten Untergebenen, wie Marinelli einer ist, unglaublich wird. Freilich war es die Weise des 18ten Jahrhunderts, die Fürsten zu schonen und nur die Minister anzugreifen; erst im 19ten Jahrhundert wagte man sich an die Fürsten selbst heran. Börne bemerkt sehr richtig, daß die Luft, in der allein ein dramatisches Talent gedeihen kann, politische in unsrer dramatischen Literatur dieses Element des Allerunterthänigsten, empörten ihn diese Katzenbuckel, welche der Bauer vor dem Schulmeister, der Schulmeister vor dem Pastor, der Pastor vor seinem Patronen macht. Der Einwand, daß in diesen häßlichen Beleidigungen der Menschenwürde doch unsre Sitten getroffen würden, genügte ihm nicht. Ist diese Hundedemuth da, so ist das Mittel, sie auf der Bühne lächerlich zu machen, noch immer nicht wirksam genug, sie auszurotten. Börne tadelte, daß unsre gehorsamen Diener von Dichtern die Fürsten immer edel und gut auftreten lassen oder, wenn sie doch nicht gut und edel handeln, die Schuld auf ihre schlechte Umgebung werfen. Die Unschuld, in der z. B. Lessing sogar in der Emilia Galotti den Fürsten erscheinen läßt, mußte ihm um so bedenklicher vorkommen, als die Harmlosigkeit eines Fürsten bei einem so notorisch schlechten Untergebenen, wie Marinelli einer ist, unglaublich wird. Freilich war es die Weise des 18ten Jahrhunderts, die Fürsten zu schonen und nur die Minister anzugreifen; erst im 19ten Jahrhundert wagte man sich an die Fürsten selbst heran. Börne bemerkt sehr richtig, daß die Luft, in der allein ein dramatisches Talent gedeihen kann, politische <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0174" n="132"/> in unsrer dramatischen Literatur dieses Element des Allerunterthänigsten, empörten ihn diese Katzenbuckel, welche der Bauer vor dem Schulmeister, der Schulmeister vor dem Pastor, der Pastor vor seinem Patronen macht. Der Einwand, daß in diesen häßlichen Beleidigungen der Menschenwürde doch unsre Sitten getroffen würden, genügte ihm nicht. Ist diese Hundedemuth da, so ist das Mittel, sie auf der Bühne lächerlich zu machen, noch immer nicht wirksam genug, sie auszurotten. Börne tadelte, daß unsre gehorsamen Diener von Dichtern die Fürsten immer edel und gut auftreten lassen oder, wenn sie doch nicht gut und edel <hi rendition="#g">handeln</hi>, die Schuld auf ihre schlechte Umgebung werfen. Die Unschuld, in der z. B. Lessing sogar in der Emilia Galotti den Fürsten erscheinen läßt, mußte ihm um so bedenklicher vorkommen, als die Harmlosigkeit eines Fürsten bei einem so notorisch schlechten Untergebenen, wie Marinelli einer ist, unglaublich wird. Freilich war es die Weise des 18ten Jahrhunderts, die Fürsten zu schonen und nur die Minister anzugreifen; erst im 19ten Jahrhundert wagte man sich an die Fürsten selbst heran.</p> <p>Börne bemerkt sehr richtig, daß die Luft, in der allein ein dramatisches Talent gedeihen kann, politische </p> </div> </body> </text> </TEI> [132/0174]
in unsrer dramatischen Literatur dieses Element des Allerunterthänigsten, empörten ihn diese Katzenbuckel, welche der Bauer vor dem Schulmeister, der Schulmeister vor dem Pastor, der Pastor vor seinem Patronen macht. Der Einwand, daß in diesen häßlichen Beleidigungen der Menschenwürde doch unsre Sitten getroffen würden, genügte ihm nicht. Ist diese Hundedemuth da, so ist das Mittel, sie auf der Bühne lächerlich zu machen, noch immer nicht wirksam genug, sie auszurotten. Börne tadelte, daß unsre gehorsamen Diener von Dichtern die Fürsten immer edel und gut auftreten lassen oder, wenn sie doch nicht gut und edel handeln, die Schuld auf ihre schlechte Umgebung werfen. Die Unschuld, in der z. B. Lessing sogar in der Emilia Galotti den Fürsten erscheinen läßt, mußte ihm um so bedenklicher vorkommen, als die Harmlosigkeit eines Fürsten bei einem so notorisch schlechten Untergebenen, wie Marinelli einer ist, unglaublich wird. Freilich war es die Weise des 18ten Jahrhunderts, die Fürsten zu schonen und nur die Minister anzugreifen; erst im 19ten Jahrhundert wagte man sich an die Fürsten selbst heran.
Börne bemerkt sehr richtig, daß die Luft, in der allein ein dramatisches Talent gedeihen kann, politische
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