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Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

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den meisten deutschen Theatern nicht besser gespielt wird, als es damals in Frankfurt wurde.

Börne ging an seine Theater-Kritiken mit außerordentlich viel Gewissenhaftigkeit. Er suchte sich vor der Aufführung immer erst mit dem Stücke selbst, falls es gedruckt zu haben war, bekannt zu machen; so konnte er seine Aufmerksamkeit allein auf das Spiel richten und gerieth nicht in Gefahr, vom Interesse der Fabel so beschäftigt zu werden, daß er darüber die Mängel ihrer Darstellung übersah. Er stellte an die Schauspieler die Anforderung, daß sie ihm die Wirklichkeit täuschend wiedergäben und uns die Illusionen des Theaters vergessen ließen. Statt dessen fand er meist, daß die sogenannten Künstler ihr Spiel grade nur für das Theater berechneten und selten in den Rollen die sie wiederzugeben hatten ganz aufgingen. Wer den Bösewicht spielen sollte, fürchtete sich, seine Gutmüthigkeit ganz zu verläugnen; wer von den Damen alt sein sollte, hüthete sich wohl zu verbergen, daß sie noch um einige Jahre jünger wäre, als ihre Rolle. Börne, ein feiner Beobachter des menschlichen Gemüths, in unsern gesellschaftlichen Begegnungen sehr empfänglich für den Anstand, war fortwährend auf der Folter, wenn er diese gänzliche Ermangelung aller psychologi-

den meisten deutschen Theatern nicht besser gespielt wird, als es damals in Frankfurt wurde.

Börne ging an seine Theater-Kritiken mit außerordentlich viel Gewissenhaftigkeit. Er suchte sich vor der Aufführung immer erst mit dem Stücke selbst, falls es gedruckt zu haben war, bekannt zu machen; so konnte er seine Aufmerksamkeit allein auf das Spiel richten und gerieth nicht in Gefahr, vom Interesse der Fabel so beschäftigt zu werden, daß er darüber die Mängel ihrer Darstellung übersah. Er stellte an die Schauspieler die Anforderung, daß sie ihm die Wirklichkeit täuschend wiedergäben und uns die Illusionen des Theaters vergessen ließen. Statt dessen fand er meist, daß die sogenannten Künstler ihr Spiel grade nur für das Theater berechneten und selten in den Rollen die sie wiederzugeben hatten ganz aufgingen. Wer den Bösewicht spielen sollte, fürchtete sich, seine Gutmüthigkeit ganz zu verläugnen; wer von den Damen alt sein sollte, hüthete sich wohl zu verbergen, daß sie noch um einige Jahre jünger wäre, als ihre Rolle. Börne, ein feiner Beobachter des menschlichen Gemüths, in unsern gesellschaftlichen Begegnungen sehr empfänglich für den Anstand, war fortwährend auf der Folter, wenn er diese gänzliche Ermangelung aller psychologi-

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[121/0163] den meisten deutschen Theatern nicht besser gespielt wird, als es damals in Frankfurt wurde. Börne ging an seine Theater-Kritiken mit außerordentlich viel Gewissenhaftigkeit. Er suchte sich vor der Aufführung immer erst mit dem Stücke selbst, falls es gedruckt zu haben war, bekannt zu machen; so konnte er seine Aufmerksamkeit allein auf das Spiel richten und gerieth nicht in Gefahr, vom Interesse der Fabel so beschäftigt zu werden, daß er darüber die Mängel ihrer Darstellung übersah. Er stellte an die Schauspieler die Anforderung, daß sie ihm die Wirklichkeit täuschend wiedergäben und uns die Illusionen des Theaters vergessen ließen. Statt dessen fand er meist, daß die sogenannten Künstler ihr Spiel grade nur für das Theater berechneten und selten in den Rollen die sie wiederzugeben hatten ganz aufgingen. Wer den Bösewicht spielen sollte, fürchtete sich, seine Gutmüthigkeit ganz zu verläugnen; wer von den Damen alt sein sollte, hüthete sich wohl zu verbergen, daß sie noch um einige Jahre jünger wäre, als ihre Rolle. Börne, ein feiner Beobachter des menschlichen Gemüths, in unsern gesellschaftlichen Begegnungen sehr empfänglich für den Anstand, war fortwährend auf der Folter, wenn er diese gänzliche Ermangelung aller psychologi-

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/163>, abgerufen am 28.11.2024.