Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.Er hat nie die Vorstellung jenes Napoleon verlieren können, der die Revolution nur deßhalb bändigte, um sie zu seinem Pudel abzurichten; jenes Napoleon, der alle Traditionen derselben abschwor, nur um seine erzwungene Herrschaft mit der Legitimität, der kirchlichen und weltlichen, auszusöhnen. Er haßte die Verwaltungsgrundsätze Napoleons, seinen Verrath an der einzigen Frucht, die am Baume der Revolution zur vollendeten Reife gekommen war, der constitutionellen Freiheit, er haßte seine Kriege, weil sie die leichtsinnige Vergeßlichkeit der Franzosen schüren und ihre Gedanken von Dem ablenken sollten, was ihnen Napoleon genommen hatte. Den Hoffnungen, die der Sturz des Corsen nährte, entzog sich Börne nicht. Er war wirklich keiner von den Klugen, die nur deßhalb, weil sie des Enthusiasmus nicht fähig sind, schon damals gesagt haben wollen: ich sah das alles voraus. Aber um so bittrer mußte Börne's Enttäuschung sein. Die feierliche Ankündigung der heiligen Allianz, der das einzig freie Volk Europas, England, nicht beitrat, weckte seine Besorgniß; die Verhandlungen des Wiener Congresses bestätigten sie. Die alte Zerstümmelung des Vaterlands blieb, aber noch konnte man hoffen, der Bundestag würde mehr als eine bloß diplomatische Er hat nie die Vorstellung jenes Napoleon verlieren können, der die Revolution nur deßhalb bändigte, um sie zu seinem Pudel abzurichten; jenes Napoleon, der alle Traditionen derselben abschwor, nur um seine erzwungene Herrschaft mit der Legitimität, der kirchlichen und weltlichen, auszusöhnen. Er haßte die Verwaltungsgrundsätze Napoleons, seinen Verrath an der einzigen Frucht, die am Baume der Revolution zur vollendeten Reife gekommen war, der constitutionellen Freiheit, er haßte seine Kriege, weil sie die leichtsinnige Vergeßlichkeit der Franzosen schüren und ihre Gedanken von Dem ablenken sollten, was ihnen Napoleon genommen hatte. Den Hoffnungen, die der Sturz des Corsen nährte, entzog sich Börne nicht. Er war wirklich keiner von den Klugen, die nur deßhalb, weil sie des Enthusiasmus nicht fähig sind, schon damals gesagt haben wollen: ich sah das alles voraus. Aber um so bittrer mußte Börne’s Enttäuschung sein. Die feierliche Ankündigung der heiligen Allianz, der das einzig freie Volk Europas, England, nicht beitrat, weckte seine Besorgniß; die Verhandlungen des Wiener Congresses bestätigten sie. Die alte Zerstümmelung des Vaterlands blieb, aber noch konnte man hoffen, der Bundestag würde mehr als eine bloß diplomatische <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0158" n="116"/> Er hat nie die Vorstellung jenes Napoleon verlieren können, der die Revolution nur deßhalb bändigte, um sie zu seinem Pudel abzurichten; jenes Napoleon, der alle Traditionen derselben abschwor, nur um seine erzwungene Herrschaft mit der Legitimität, der kirchlichen und weltlichen, auszusöhnen. Er haßte die Verwaltungsgrundsätze Napoleons, seinen Verrath an der einzigen Frucht, die am Baume der Revolution zur vollendeten Reife gekommen war, der constitutionellen Freiheit, er haßte seine Kriege, weil sie die leichtsinnige Vergeßlichkeit der Franzosen schüren und ihre Gedanken von Dem ablenken sollten, was ihnen Napoleon genommen hatte. Den Hoffnungen, die der Sturz des Corsen nährte, entzog sich Börne nicht. Er war wirklich keiner von den Klugen, die nur deßhalb, weil sie des Enthusiasmus nicht fähig sind, schon damals gesagt haben wollen: ich sah das alles voraus. Aber um so bittrer mußte Börne’s Enttäuschung sein. Die feierliche Ankündigung der heiligen Allianz, der das einzig freie Volk Europas, England, <hi rendition="#g">nicht</hi> beitrat, weckte seine Besorgniß; die Verhandlungen des Wiener Congresses bestätigten sie. Die alte Zerstümmelung des Vaterlands blieb, aber noch konnte man hoffen, der Bundestag würde mehr als eine bloß diplomatische </p> </div> </body> </text> </TEI> [116/0158]
Er hat nie die Vorstellung jenes Napoleon verlieren können, der die Revolution nur deßhalb bändigte, um sie zu seinem Pudel abzurichten; jenes Napoleon, der alle Traditionen derselben abschwor, nur um seine erzwungene Herrschaft mit der Legitimität, der kirchlichen und weltlichen, auszusöhnen. Er haßte die Verwaltungsgrundsätze Napoleons, seinen Verrath an der einzigen Frucht, die am Baume der Revolution zur vollendeten Reife gekommen war, der constitutionellen Freiheit, er haßte seine Kriege, weil sie die leichtsinnige Vergeßlichkeit der Franzosen schüren und ihre Gedanken von Dem ablenken sollten, was ihnen Napoleon genommen hatte. Den Hoffnungen, die der Sturz des Corsen nährte, entzog sich Börne nicht. Er war wirklich keiner von den Klugen, die nur deßhalb, weil sie des Enthusiasmus nicht fähig sind, schon damals gesagt haben wollen: ich sah das alles voraus. Aber um so bittrer mußte Börne’s Enttäuschung sein. Die feierliche Ankündigung der heiligen Allianz, der das einzig freie Volk Europas, England, nicht beitrat, weckte seine Besorgniß; die Verhandlungen des Wiener Congresses bestätigten sie. Die alte Zerstümmelung des Vaterlands blieb, aber noch konnte man hoffen, der Bundestag würde mehr als eine bloß diplomatische
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/158>, abgerufen am 15.08.2024. |