Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.andern dunkeln Gemüthsstimmungen zusammen, die wir später entwickeln werden; wenigstens beweist dieser Ausspruch, daß Börne kein starrer Begriffsmensch war, kein kalter Terrorist, wie man ihn zu schildern pflegt, sondern ein sanftes Gemüth, dem die Liebe eines Vaters zu seinem Kinde noch höher ging, als die Liebe zur Freiheit. Will man Börne's politische Ideen darstellen, so muß man sie von der praktischen und theoretischen Seite auffassen. Jene sind die sichtbaren blauen Adern, die sich auf der schönen Haut seiner Schriften schlängeln, diese die tiefer liegenden Muskeln. Um jene zu schildern, muß man das Gemälde der politischen Lage Deutschlands aufrollen und die Geschichte erzählen, wie sie seit dreißig Jahren, von Napoleons Invasion bis zu der Ohnmacht der deutschen Ständekammern geworden. Börne ergriff als Publizist die Feder kurz nach dem Sturze Napoleons; die Abneigung gegen Napoleon, den Testamentsverfälscher der Revolution, verließ ihn niemals. War Börne nicht edel? Das Ende der französischen Herrschaft in Deutschland nahm ihm eine achtbare Stellung, die er auf der Frankfurter Polizei bekleidete, und doch erfüllt ihn der Gedanke an die Schmach des Vaterlandes stets nur mit Grauen. andern dunkeln Gemüthsstimmungen zusammen, die wir später entwickeln werden; wenigstens beweist dieser Ausspruch, daß Börne kein starrer Begriffsmensch war, kein kalter Terrorist, wie man ihn zu schildern pflegt, sondern ein sanftes Gemüth, dem die Liebe eines Vaters zu seinem Kinde noch höher ging, als die Liebe zur Freiheit. Will man Börne’s politische Ideen darstellen, so muß man sie von der praktischen und theoretischen Seite auffassen. Jene sind die sichtbaren blauen Adern, die sich auf der schönen Haut seiner Schriften schlängeln, diese die tiefer liegenden Muskeln. Um jene zu schildern, muß man das Gemälde der politischen Lage Deutschlands aufrollen und die Geschichte erzählen, wie sie seit dreißig Jahren, von Napoleons Invasion bis zu der Ohnmacht der deutschen Ständekammern geworden. Börne ergriff als Publizist die Feder kurz nach dem Sturze Napoleons; die Abneigung gegen Napoleon, den Testamentsverfälscher der Revolution, verließ ihn niemals. War Börne nicht edel? Das Ende der französischen Herrschaft in Deutschland nahm ihm eine achtbare Stellung, die er auf der Frankfurter Polizei bekleidete, und doch erfüllt ihn der Gedanke an die Schmach des Vaterlandes stets nur mit Grauen. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0157" n="115"/> andern dunkeln Gemüthsstimmungen zusammen, die wir später entwickeln werden; wenigstens beweist dieser Ausspruch, daß Börne kein starrer Begriffsmensch war, kein kalter Terrorist, wie man ihn zu schildern pflegt, sondern ein sanftes Gemüth, dem die Liebe eines Vaters zu seinem Kinde noch höher ging, als die Liebe zur Freiheit.</p> <p>Will man Börne’s politische Ideen darstellen, so muß man sie von der praktischen und theoretischen Seite auffassen. Jene sind die sichtbaren blauen Adern, die sich auf der schönen Haut seiner Schriften schlängeln, diese die tiefer liegenden Muskeln. Um jene zu schildern, muß man das Gemälde der politischen Lage Deutschlands aufrollen und die Geschichte erzählen, wie sie seit dreißig Jahren, von Napoleons Invasion bis zu der Ohnmacht der deutschen Ständekammern geworden. Börne ergriff als Publizist die Feder kurz nach dem Sturze Napoleons; die Abneigung gegen Napoleon, den Testamentsverfälscher der Revolution, verließ ihn niemals. War Börne nicht edel? Das Ende der französischen Herrschaft in Deutschland nahm ihm eine achtbare Stellung, die er auf der Frankfurter Polizei bekleidete, und doch erfüllt ihn der Gedanke an die Schmach des Vaterlandes stets nur mit Grauen. </p> </div> </body> </text> </TEI> [115/0157]
andern dunkeln Gemüthsstimmungen zusammen, die wir später entwickeln werden; wenigstens beweist dieser Ausspruch, daß Börne kein starrer Begriffsmensch war, kein kalter Terrorist, wie man ihn zu schildern pflegt, sondern ein sanftes Gemüth, dem die Liebe eines Vaters zu seinem Kinde noch höher ging, als die Liebe zur Freiheit.
Will man Börne’s politische Ideen darstellen, so muß man sie von der praktischen und theoretischen Seite auffassen. Jene sind die sichtbaren blauen Adern, die sich auf der schönen Haut seiner Schriften schlängeln, diese die tiefer liegenden Muskeln. Um jene zu schildern, muß man das Gemälde der politischen Lage Deutschlands aufrollen und die Geschichte erzählen, wie sie seit dreißig Jahren, von Napoleons Invasion bis zu der Ohnmacht der deutschen Ständekammern geworden. Börne ergriff als Publizist die Feder kurz nach dem Sturze Napoleons; die Abneigung gegen Napoleon, den Testamentsverfälscher der Revolution, verließ ihn niemals. War Börne nicht edel? Das Ende der französischen Herrschaft in Deutschland nahm ihm eine achtbare Stellung, die er auf der Frankfurter Polizei bekleidete, und doch erfüllt ihn der Gedanke an die Schmach des Vaterlandes stets nur mit Grauen.
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