Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.als hätte ihn Eitelkeit dies wünschen lassen, wohl aber gönnte er ihm in seiner vornehmen Abgeschiedenheit, in dem Schooß jener künstlich arrangirten Glückseligkeit, wo weibliche Sorgfalt jede Unannehmlichkeit von ihm abzuhalten suchte, einmal den Einblick in Meinungen und Urtheile über ihn, die von den aus Berlin jährlich zum 28. August ankommenden Weihrauchopfern sehr verschieden waren. Er gönnte ihm, daß er noch vor seinem Tode erführe, wie ihn die neue Zeit fasse, und wie ihn nichts retten könne vor der Verurtheilung, die der erzürnte Genius des Vaterlandes, die beleidigte Göttin der Freiheit über ihn verhängt hätte. Sonst wüßten wir nicht anzugeben, daß Börne je etwas Geistloses und Gewöhnliches deshalb angerühmt hätte, weil es patriotisch und liberal war, wie es Menzels Sitte; im Gegentheil konnte ihn nichts tiefer schmerzen, als Geist mit schlechten Gesinnungen vereinigt und bei guten mangeln zu sehen. Seine Briefe aus Paris verrathen später oft das unheimliche Gefühl, das ihn beschlich, wenn er enthusiastische Aeußerungen freier Ideen hörte und doch an dem, der sie aussprach, nichts fand, was ihn fester hätte anziehen können. Er hat seinen Ueberzeugungen nie den Geschmack geopfert. Er hat sich nie entschließen können, als hätte ihn Eitelkeit dies wünschen lassen, wohl aber gönnte er ihm in seiner vornehmen Abgeschiedenheit, in dem Schooß jener künstlich arrangirten Glückseligkeit, wo weibliche Sorgfalt jede Unannehmlichkeit von ihm abzuhalten suchte, einmal den Einblick in Meinungen und Urtheile über ihn, die von den aus Berlin jährlich zum 28. August ankommenden Weihrauchopfern sehr verschieden waren. Er gönnte ihm, daß er noch vor seinem Tode erführe, wie ihn die neue Zeit fasse, und wie ihn nichts retten könne vor der Verurtheilung, die der erzürnte Genius des Vaterlandes, die beleidigte Göttin der Freiheit über ihn verhängt hätte. Sonst wüßten wir nicht anzugeben, daß Börne je etwas Geistloses und Gewöhnliches deshalb angerühmt hätte, weil es patriotisch und liberal war, wie es Menzels Sitte; im Gegentheil konnte ihn nichts tiefer schmerzen, als Geist mit schlechten Gesinnungen vereinigt und bei guten mangeln zu sehen. Seine Briefe aus Paris verrathen später oft das unheimliche Gefühl, das ihn beschlich, wenn er enthusiastische Aeußerungen freier Ideen hörte und doch an dem, der sie aussprach, nichts fand, was ihn fester hätte anziehen können. Er hat seinen Ueberzeugungen nie den Geschmack geopfert. Er hat sich nie entschließen können, <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0153" n="111"/> als hätte ihn Eitelkeit dies wünschen lassen, wohl aber gönnte er ihm in seiner vornehmen Abgeschiedenheit, in dem Schooß jener künstlich arrangirten Glückseligkeit, wo weibliche Sorgfalt jede Unannehmlichkeit von ihm abzuhalten suchte, einmal den Einblick in Meinungen und Urtheile über ihn, die von den aus Berlin jährlich zum 28. August ankommenden Weihrauchopfern sehr verschieden waren. Er gönnte ihm, daß er noch vor seinem Tode erführe, wie ihn die neue Zeit fasse, und wie ihn nichts retten könne vor der Verurtheilung, die der erzürnte Genius des Vaterlandes, die beleidigte Göttin der Freiheit über ihn verhängt hätte.</p> <p>Sonst wüßten wir nicht anzugeben, daß Börne je etwas Geistloses und Gewöhnliches deshalb angerühmt hätte, weil es patriotisch und liberal war, wie es Menzels Sitte; im Gegentheil konnte ihn nichts tiefer schmerzen, als Geist mit schlechten Gesinnungen vereinigt und bei guten mangeln zu sehen. Seine Briefe aus Paris verrathen später oft das unheimliche Gefühl, das ihn beschlich, wenn er enthusiastische Aeußerungen freier Ideen hörte und doch an dem, der sie aussprach, nichts fand, was ihn fester hätte anziehen können. Er hat seinen Ueberzeugungen nie den Geschmack geopfert. Er hat sich nie entschließen können, </p> </div> </body> </text> </TEI> [111/0153]
als hätte ihn Eitelkeit dies wünschen lassen, wohl aber gönnte er ihm in seiner vornehmen Abgeschiedenheit, in dem Schooß jener künstlich arrangirten Glückseligkeit, wo weibliche Sorgfalt jede Unannehmlichkeit von ihm abzuhalten suchte, einmal den Einblick in Meinungen und Urtheile über ihn, die von den aus Berlin jährlich zum 28. August ankommenden Weihrauchopfern sehr verschieden waren. Er gönnte ihm, daß er noch vor seinem Tode erführe, wie ihn die neue Zeit fasse, und wie ihn nichts retten könne vor der Verurtheilung, die der erzürnte Genius des Vaterlandes, die beleidigte Göttin der Freiheit über ihn verhängt hätte.
Sonst wüßten wir nicht anzugeben, daß Börne je etwas Geistloses und Gewöhnliches deshalb angerühmt hätte, weil es patriotisch und liberal war, wie es Menzels Sitte; im Gegentheil konnte ihn nichts tiefer schmerzen, als Geist mit schlechten Gesinnungen vereinigt und bei guten mangeln zu sehen. Seine Briefe aus Paris verrathen später oft das unheimliche Gefühl, das ihn beschlich, wenn er enthusiastische Aeußerungen freier Ideen hörte und doch an dem, der sie aussprach, nichts fand, was ihn fester hätte anziehen können. Er hat seinen Ueberzeugungen nie den Geschmack geopfert. Er hat sich nie entschließen können,
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/153>, abgerufen am 16.08.2024. |