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Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

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verrathen den noch nicht ganz vergessenen Mediziner. "Das Leben," sagt er, "liegt nicht in den Nerven, nicht im Blut, nicht im Gehirn u. s. w., sondern in Allem liegt etwas davon." Ein andermal heißt es: "Wozu klagt man über die Unzulässigkeit der Heilmethoden und vergißt dabei, daß man so leben solle, der Aerzte gar nicht zu bedürfen!" Indessen verrathen diese Aufsätze noch nirgends das Selbstbewußtsein und Interesse am Formellen eines werdenden Schriftstellers; der Stoff ist es, der allein in ihnen nach Klarheit ringt.

Als Börne wieder nach Frankfurt zurückkehrte, wurde er in seinen nächsten Umgebungen mit Aufmerksamkeit, in entfernteren nicht ohne Mistrauen aufgenommen. Seine Unstätigkeit, sein planloses Studium, die Zwistigkeiten mit dem Vater hatten ihm einen Ruf gemacht, als Wankelmüthiger und Unzuverlässiger. Die großartigeren Verhältnisse, in denen er bisher gelebt hatte, mochten ihm selbst die Anknüpfung an die zum Theil doch sehr kleinstädtischen Rücksichten Frankfurts wohl erschweren. So kam er früh mit manchen, die sich nicht die Mühe gaben, ihn genauer zu prüfen, in ein schiefes Verhältniß. Aeußre Auszeichnungen, die er erhielt, (z. B. wurde er den 5. November 1809

verrathen den noch nicht ganz vergessenen Mediziner. „Das Leben,“ sagt er, „liegt nicht in den Nerven, nicht im Blut, nicht im Gehirn u. s. w., sondern in Allem liegt etwas davon.“ Ein andermal heißt es: „Wozu klagt man über die Unzulässigkeit der Heilmethoden und vergißt dabei, daß man so leben solle, der Aerzte gar nicht zu bedürfen!“ Indessen verrathen diese Aufsätze noch nirgends das Selbstbewußtsein und Interesse am Formellen eines werdenden Schriftstellers; der Stoff ist es, der allein in ihnen nach Klarheit ringt.

Als Börne wieder nach Frankfurt zurückkehrte, wurde er in seinen nächsten Umgebungen mit Aufmerksamkeit, in entfernteren nicht ohne Mistrauen aufgenommen. Seine Unstätigkeit, sein planloses Studium, die Zwistigkeiten mit dem Vater hatten ihm einen Ruf gemacht, als Wankelmüthiger und Unzuverlässiger. Die großartigeren Verhältnisse, in denen er bisher gelebt hatte, mochten ihm selbst die Anknüpfung an die zum Theil doch sehr kleinstädtischen Rücksichten Frankfurts wohl erschweren. So kam er früh mit manchen, die sich nicht die Mühe gaben, ihn genauer zu prüfen, in ein schiefes Verhältniß. Aeußre Auszeichnungen, die er erhielt, (z. B. wurde er den 5. November 1809

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[83/0125] verrathen den noch nicht ganz vergessenen Mediziner. „Das Leben,“ sagt er, „liegt nicht in den Nerven, nicht im Blut, nicht im Gehirn u. s. w., sondern in Allem liegt etwas davon.“ Ein andermal heißt es: „Wozu klagt man über die Unzulässigkeit der Heilmethoden und vergißt dabei, daß man so leben solle, der Aerzte gar nicht zu bedürfen!“ Indessen verrathen diese Aufsätze noch nirgends das Selbstbewußtsein und Interesse am Formellen eines werdenden Schriftstellers; der Stoff ist es, der allein in ihnen nach Klarheit ringt. Als Börne wieder nach Frankfurt zurückkehrte, wurde er in seinen nächsten Umgebungen mit Aufmerksamkeit, in entfernteren nicht ohne Mistrauen aufgenommen. Seine Unstätigkeit, sein planloses Studium, die Zwistigkeiten mit dem Vater hatten ihm einen Ruf gemacht, als Wankelmüthiger und Unzuverlässiger. Die großartigeren Verhältnisse, in denen er bisher gelebt hatte, mochten ihm selbst die Anknüpfung an die zum Theil doch sehr kleinstädtischen Rücksichten Frankfurts wohl erschweren. So kam er früh mit manchen, die sich nicht die Mühe gaben, ihn genauer zu prüfen, in ein schiefes Verhältniß. Aeußre Auszeichnungen, die er erhielt, (z. B. wurde er den 5. November 1809

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/125>, abgerufen am 25.11.2024.