Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.ständigungen über Menschen und Bildungsrichtungen, über Systeme und Bücher in sich erfahren haben. Die große Gährung der Geister, welche grade in jene politisch für Deutschland so unglückliche Zeit fiel, kann an ihm nicht spurlos vorübergegangen seyn, wenn ihn auch seine angeborne Verständigkeit, seine satyrische Laune und die besondern Einflüsse seiner Nationalität vor jener flammenden Ueberhitzung bewahrten, die damals oft die besten Köpfe mehr versengte, als erleuchtete. Den lebhaften Debatten, womit die jungen Studenten oft glaubten die Speisen der Reil'schen Tafel würzen zu müssen, (Reil war sehr gastfrey) hörte er mit ruhiger Enthaltung zu, gab aber zuweilen so treffende Zwischenbemerkungen, daß man auf den kleinen, zusammengedrückten, schweigsamen jungen Mann um so mehr aufmerksam wurde, als man ihn von Reil mit einer gewissen sorgsamen Theilnahme behandelt sahe. So vergingen beinahe drey Jahre in heiterer Geselligkeit und gewissenhaften wenn auch nicht übermäßigen Studien. Da kam die geschichtliche Umwälzung der damaligen Zeit dem Preußischen Staate immer näher und eins der ersten Opfer, das fallen mußte, war der Hallische Musensitz in seiner augenblicklichen Verfassung. Der Lärm der Waffen verscheuchte die Eule Minervens. ständigungen über Menschen und Bildungsrichtungen, über Systeme und Bücher in sich erfahren haben. Die große Gährung der Geister, welche grade in jene politisch für Deutschland so unglückliche Zeit fiel, kann an ihm nicht spurlos vorübergegangen seyn, wenn ihn auch seine angeborne Verständigkeit, seine satyrische Laune und die besondern Einflüsse seiner Nationalität vor jener flammenden Ueberhitzung bewahrten, die damals oft die besten Köpfe mehr versengte, als erleuchtete. Den lebhaften Debatten, womit die jungen Studenten oft glaubten die Speisen der Reil’schen Tafel würzen zu müssen, (Reil war sehr gastfrey) hörte er mit ruhiger Enthaltung zu, gab aber zuweilen so treffende Zwischenbemerkungen, daß man auf den kleinen, zusammengedrückten, schweigsamen jungen Mann um so mehr aufmerksam wurde, als man ihn von Reil mit einer gewissen sorgsamen Theilnahme behandelt sahe. So vergingen beinahe drey Jahre in heiterer Geselligkeit und gewissenhaften wenn auch nicht übermäßigen Studien. Da kam die geschichtliche Umwälzung der damaligen Zeit dem Preußischen Staate immer näher und eins der ersten Opfer, das fallen mußte, war der Hallische Musensitz in seiner augenblicklichen Verfassung. Der Lärm der Waffen verscheuchte die Eule Minervens. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0115" n="73"/> ständigungen über Menschen und Bildungsrichtungen, über Systeme und Bücher in sich erfahren haben. Die große Gährung der Geister, welche grade in jene politisch für Deutschland so unglückliche Zeit fiel, kann an ihm nicht spurlos vorübergegangen seyn, wenn ihn auch seine angeborne Verständigkeit, seine satyrische Laune und die besondern Einflüsse seiner Nationalität vor jener flammenden Ueberhitzung bewahrten, die damals oft die besten Köpfe mehr versengte, als erleuchtete. Den lebhaften Debatten, womit die jungen Studenten oft glaubten die Speisen der Reil’schen Tafel würzen zu müssen, (Reil war sehr gastfrey) hörte er mit ruhiger Enthaltung zu, gab aber zuweilen so treffende Zwischenbemerkungen, daß man auf den kleinen, zusammengedrückten, schweigsamen jungen Mann um so mehr aufmerksam wurde, als man ihn von Reil mit einer gewissen sorgsamen Theilnahme behandelt sahe.</p> <p>So vergingen beinahe drey Jahre in heiterer Geselligkeit und gewissenhaften wenn auch nicht übermäßigen Studien. Da kam die geschichtliche Umwälzung der damaligen Zeit dem Preußischen Staate immer näher und eins der ersten Opfer, das fallen mußte, war der Hallische Musensitz in seiner augenblicklichen Verfassung. Der Lärm der Waffen verscheuchte die Eule Minervens. </p> </div> </body> </text> </TEI> [73/0115]
ständigungen über Menschen und Bildungsrichtungen, über Systeme und Bücher in sich erfahren haben. Die große Gährung der Geister, welche grade in jene politisch für Deutschland so unglückliche Zeit fiel, kann an ihm nicht spurlos vorübergegangen seyn, wenn ihn auch seine angeborne Verständigkeit, seine satyrische Laune und die besondern Einflüsse seiner Nationalität vor jener flammenden Ueberhitzung bewahrten, die damals oft die besten Köpfe mehr versengte, als erleuchtete. Den lebhaften Debatten, womit die jungen Studenten oft glaubten die Speisen der Reil’schen Tafel würzen zu müssen, (Reil war sehr gastfrey) hörte er mit ruhiger Enthaltung zu, gab aber zuweilen so treffende Zwischenbemerkungen, daß man auf den kleinen, zusammengedrückten, schweigsamen jungen Mann um so mehr aufmerksam wurde, als man ihn von Reil mit einer gewissen sorgsamen Theilnahme behandelt sahe.
So vergingen beinahe drey Jahre in heiterer Geselligkeit und gewissenhaften wenn auch nicht übermäßigen Studien. Da kam die geschichtliche Umwälzung der damaligen Zeit dem Preußischen Staate immer näher und eins der ersten Opfer, das fallen mußte, war der Hallische Musensitz in seiner augenblicklichen Verfassung. Der Lärm der Waffen verscheuchte die Eule Minervens.
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