Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.Universität war dem Vater die Selbständigkeit seines noch so jungen Sohnes peinlich. Da kam man auf einen Mittelweg. Man scheute die außerordentlichen Kosten nicht, um den angehenden Mediziner einem Manne anzuvertrauen, der in der gelehrten und praktischen Welt einen berühmten Namen hatte, in der Gesellschaft eine ausgezeichnete Stellung einnahm und durch seinen jüdischen Ursprung den Sympathieen der Familie Baruch näher stand, als irgend ein Anderer - Marcus Herz in Berlin. Man wußte, daß Herz außer der rastlosen Thätigkeit, der sich dieser Arzt in Berlin widmete, sich auch noch die Last auflud, in sein Haus junge Leute aufzunehmen, die unter seiner Leitung in Berlin, welches damals noch keine Universität, sondern nur Kliniken berühmter Aerzte hatte, ihren medizinischen Kursus begannen. Herz war Arzt am jüdischen Krankenhause und hielt Vorlesungen, die für ein größeres Publikum berechnet waren. Die Besorgniß, den jungen Börne an einen sittlich so verrufenen Ort, wofür besonders damals Berlin galt, zu schicken, wurde durch die Beruhigung gemildert, daß er doch in dem Hause seines Lehrers dann noch immer unter einer Art Aufsicht stehen würde. Diese Pension kostete 100 Louisd'ors. Universität war dem Vater die Selbständigkeit seines noch so jungen Sohnes peinlich. Da kam man auf einen Mittelweg. Man scheute die außerordentlichen Kosten nicht, um den angehenden Mediziner einem Manne anzuvertrauen, der in der gelehrten und praktischen Welt einen berühmten Namen hatte, in der Gesellschaft eine ausgezeichnete Stellung einnahm und durch seinen jüdischen Ursprung den Sympathieen der Familie Baruch näher stand, als irgend ein Anderer – Marcus Herz in Berlin. Man wußte, daß Herz außer der rastlosen Thätigkeit, der sich dieser Arzt in Berlin widmete, sich auch noch die Last auflud, in sein Haus junge Leute aufzunehmen, die unter seiner Leitung in Berlin, welches damals noch keine Universität, sondern nur Kliniken berühmter Aerzte hatte, ihren medizinischen Kursus begannen. Herz war Arzt am jüdischen Krankenhause und hielt Vorlesungen, die für ein größeres Publikum berechnet waren. Die Besorgniß, den jungen Börne an einen sittlich so verrufenen Ort, wofür besonders damals Berlin galt, zu schicken, wurde durch die Beruhigung gemildert, daß er doch in dem Hause seines Lehrers dann noch immer unter einer Art Aufsicht stehen würde. Diese Pension kostete 100 Louisd’ors. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0107" n="65"/> Universität war dem Vater die Selbständigkeit seines noch so jungen Sohnes peinlich. Da kam man auf einen Mittelweg. Man scheute die außerordentlichen Kosten nicht, um den angehenden Mediziner einem Manne anzuvertrauen, der in der gelehrten und praktischen Welt einen berühmten Namen hatte, in der Gesellschaft eine ausgezeichnete Stellung einnahm und durch seinen jüdischen Ursprung den Sympathieen der Familie Baruch näher stand, als irgend ein Anderer – <hi rendition="#g">Marcus Herz</hi> in Berlin. Man wußte, daß Herz außer der rastlosen Thätigkeit, der sich dieser Arzt in Berlin widmete, sich auch noch <hi rendition="#g">die</hi> Last auflud, in sein Haus junge Leute aufzunehmen, die unter seiner Leitung in Berlin, welches damals noch keine Universität, sondern nur Kliniken berühmter Aerzte hatte, ihren medizinischen Kursus begannen. Herz war Arzt am jüdischen Krankenhause und hielt Vorlesungen, die für ein größeres Publikum berechnet waren. Die Besorgniß, den jungen Börne an einen sittlich so verrufenen Ort, wofür besonders damals Berlin galt, zu schicken, wurde durch die Beruhigung gemildert, daß er doch in dem Hause seines Lehrers dann noch immer unter einer Art Aufsicht stehen würde. Diese Pension kostete 100 Louisd’ors.</p> </div> </body> </text> </TEI> [65/0107]
Universität war dem Vater die Selbständigkeit seines noch so jungen Sohnes peinlich. Da kam man auf einen Mittelweg. Man scheute die außerordentlichen Kosten nicht, um den angehenden Mediziner einem Manne anzuvertrauen, der in der gelehrten und praktischen Welt einen berühmten Namen hatte, in der Gesellschaft eine ausgezeichnete Stellung einnahm und durch seinen jüdischen Ursprung den Sympathieen der Familie Baruch näher stand, als irgend ein Anderer – Marcus Herz in Berlin. Man wußte, daß Herz außer der rastlosen Thätigkeit, der sich dieser Arzt in Berlin widmete, sich auch noch die Last auflud, in sein Haus junge Leute aufzunehmen, die unter seiner Leitung in Berlin, welches damals noch keine Universität, sondern nur Kliniken berühmter Aerzte hatte, ihren medizinischen Kursus begannen. Herz war Arzt am jüdischen Krankenhause und hielt Vorlesungen, die für ein größeres Publikum berechnet waren. Die Besorgniß, den jungen Börne an einen sittlich so verrufenen Ort, wofür besonders damals Berlin galt, zu schicken, wurde durch die Beruhigung gemildert, daß er doch in dem Hause seines Lehrers dann noch immer unter einer Art Aufsicht stehen würde. Diese Pension kostete 100 Louisd’ors.
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