Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.auch über sie bald ein reiferes Urtheil und verhehlte sich und den Seinigen nicht die Mängel derselben. Bei seinen jährlichen Besuchen in Frankfurt sprach er sich offen über den Gang des Unterrichtes in Gießen aus und sagte z. B. einmal von dem Geschichtsunterricht, den er empfing, mit einer Wendung, die dem spätern Schriftsteller schon anzugehören scheint: "Der Vortrag des Mannes hat den Kopf eines Riesen und die Hand eines Zwergen." Er meinte damit das Unebenmäßige seines Aufrisses, indem er Unwichtiges gründlicher behandelte, als das Wichtigere. Sein Lehrer Schapper, der ihn einmal nach Frankfurt begleitete, wollte in ihm nicht viel erkannt haben. Er äußerte: Er hat zwar Anlage zum schriftlichen Ausdruck, sonst aber wenig Kopf. Börne's Erzieher war durch dessen Briefe jedoch schon mit dem Unterrichtsgang in Gießen bekannt genug, um darauf mit Feuer erwiedern zu können, daß daran lediglich die trockne, höchst langweilige, grammatikalische Methode des Mannes schuld sey. Schwerer zu beseitigen war der Einwand, daß der junge Akademiker nicht besonders fleißig wäre. Wie diese Urtheile nun aber auch immer ausfielen, (ungerecht wenigstens auch in so fern, als Börne's schwächliche Gesundheit dabei nicht berücksichtigt wurde) auch über sie bald ein reiferes Urtheil und verhehlte sich und den Seinigen nicht die Mängel derselben. Bei seinen jährlichen Besuchen in Frankfurt sprach er sich offen über den Gang des Unterrichtes in Gießen aus und sagte z. B. einmal von dem Geschichtsunterricht, den er empfing, mit einer Wendung, die dem spätern Schriftsteller schon anzugehören scheint: „Der Vortrag des Mannes hat den Kopf eines Riesen und die Hand eines Zwergen.“ Er meinte damit das Unebenmäßige seines Aufrisses, indem er Unwichtiges gründlicher behandelte, als das Wichtigere. Sein Lehrer Schapper, der ihn einmal nach Frankfurt begleitete, wollte in ihm nicht viel erkannt haben. Er äußerte: Er hat zwar Anlage zum schriftlichen Ausdruck, sonst aber wenig Kopf. Börne’s Erzieher war durch dessen Briefe jedoch schon mit dem Unterrichtsgang in Gießen bekannt genug, um darauf mit Feuer erwiedern zu können, daß daran lediglich die trockne, höchst langweilige, grammatikalische Methode des Mannes schuld sey. Schwerer zu beseitigen war der Einwand, daß der junge Akademiker nicht besonders fleißig wäre. Wie diese Urtheile nun aber auch immer ausfielen, (ungerecht wenigstens auch in so fern, als Börne’s schwächliche Gesundheit dabei nicht berücksichtigt wurde) <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0105" n="63"/> auch über sie bald ein reiferes Urtheil und verhehlte sich und den Seinigen nicht die Mängel derselben. Bei seinen jährlichen Besuchen in Frankfurt sprach er sich offen über den Gang des Unterrichtes in Gießen aus und sagte z. B. einmal von dem Geschichtsunterricht, den er empfing, mit einer Wendung, die dem spätern Schriftsteller schon anzugehören scheint: „Der Vortrag des Mannes hat den Kopf eines Riesen und die Hand eines Zwergen.“ Er meinte damit das Unebenmäßige seines Aufrisses, indem er Unwichtiges gründlicher behandelte, als das Wichtigere. Sein Lehrer Schapper, der ihn einmal nach Frankfurt begleitete, wollte in ihm nicht viel erkannt haben. Er äußerte: Er hat zwar Anlage zum schriftlichen Ausdruck, sonst aber wenig Kopf. Börne’s Erzieher war durch dessen Briefe jedoch schon mit dem Unterrichtsgang in Gießen bekannt genug, um darauf mit Feuer erwiedern zu können, daß daran lediglich die trockne, höchst langweilige, grammatikalische Methode des Mannes schuld sey. Schwerer zu beseitigen war der Einwand, daß der junge Akademiker nicht besonders fleißig wäre. Wie diese Urtheile nun aber auch immer ausfielen, (ungerecht wenigstens auch in so fern, als Börne’s schwächliche Gesundheit dabei nicht berücksichtigt wurde) </p> </div> </body> </text> </TEI> [63/0105]
auch über sie bald ein reiferes Urtheil und verhehlte sich und den Seinigen nicht die Mängel derselben. Bei seinen jährlichen Besuchen in Frankfurt sprach er sich offen über den Gang des Unterrichtes in Gießen aus und sagte z. B. einmal von dem Geschichtsunterricht, den er empfing, mit einer Wendung, die dem spätern Schriftsteller schon anzugehören scheint: „Der Vortrag des Mannes hat den Kopf eines Riesen und die Hand eines Zwergen.“ Er meinte damit das Unebenmäßige seines Aufrisses, indem er Unwichtiges gründlicher behandelte, als das Wichtigere. Sein Lehrer Schapper, der ihn einmal nach Frankfurt begleitete, wollte in ihm nicht viel erkannt haben. Er äußerte: Er hat zwar Anlage zum schriftlichen Ausdruck, sonst aber wenig Kopf. Börne’s Erzieher war durch dessen Briefe jedoch schon mit dem Unterrichtsgang in Gießen bekannt genug, um darauf mit Feuer erwiedern zu können, daß daran lediglich die trockne, höchst langweilige, grammatikalische Methode des Mannes schuld sey. Schwerer zu beseitigen war der Einwand, daß der junge Akademiker nicht besonders fleißig wäre. Wie diese Urtheile nun aber auch immer ausfielen, (ungerecht wenigstens auch in so fern, als Börne’s schwächliche Gesundheit dabei nicht berücksichtigt wurde)
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