bisherigen ergiebt es sich ganz deutlich, dass der Grund der Arbeitsscheue nicht sowohl in den Spielen, sondern in einem Fehler der Erziehung liegt, der sich auf einen Berechnungsfehler der na- türlichen Thätigkeit gründet.
Man hat die sehr üble Gewohnheit, Kinder durchs Spiel zur Arbeit zu reizen: wenn du recht fleissig bist, sollst du auch spielen!
"Um der Spiele willen sich anzustrengen, sagt dagegen so gut ein ehrwürdiger Alter: und zu arbeiten, ist thöricht und kindisch; aber spie- len, um zu arbeiten, ist recht." *) Es ist unpä- dagogisch und unverantwortlich, der Jugend den Zweck der Arbeit auf solche Art zu verrücken.
Was den Muthwillen beym Spiele selbst be- trifft, so muss die Gegenwart des Erziehers so viel Gewicht haben, ihn gehörig nieder zu drücken. Endlich aber bleibt es ja immer noch ein sehr na- türliches Mittel, jedem Kinde, das, durch Ver- anlassung der Spiele, in jene Fehler verfällt, an- zudeuten: du kannst nicht mitspielen, weil das Spiel einen nachtheiligen Einfluss auf dich hat; suche des Spieles Herr zu seyn, dann nur sollst du spielen u. s. w.
*) Aristor. Eth. X. 7. Spoudazein de kai ponein paidims kharin elithion phainetai kai lian paidikon. paizein, de `opos[ - 1 Zeichen fehlt] spou- daze o[ - 1 Zeichen fehlt]thos ekhein dokei.
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bisherigen ergiebt es ſich ganz deutlich, daſs der Grund der Arbeitsſcheue nicht ſowohl in den Spielen, ſondern in einem Fehler der Erziehung liegt, der ſich auf einen Berechnungsfehler der na- türlichen Thätigkeit gründet.
Man hat die ſehr üble Gewohnheit, Kinder durchs Spiel zur Arbeit zu reizen: wenn du recht fleiſsig biſt, ſollſt du auch ſpielen!
„Um der Spiele willen ſich anzuſtrengen, ſagt dagegen ſo gut ein ehrwürdiger Alter: und zu arbeiten, iſt thöricht und kindiſch; aber ſpie- len, um zu arbeiten, iſt recht.“ *) Es iſt unpä- dagogiſch und unverantwortlich, der Jugend den Zweck der Arbeit auf ſolche Art zu verrücken.
Was den Muthwillen beym Spiele ſelbſt be- trifft, ſo muſs die Gegenwart des Erziehers ſo viel Gewicht haben, ihn gehörig nieder zu drücken. Endlich aber bleibt es ja immer noch ein ſehr na- türliches Mittel, jedem Kinde, das, durch Ver- anlaſſung der Spiele, in jene Fehler verfällt, an- zudeuten: du kannſt nicht mitſpielen, weil das Spiel einen nachtheiligen Einfluſs auf dich hat; ſuche des Spieles Herr zu ſeyn, dann nur ſollſt du ſpielen u. ſ. w.
*) Aristor. Eth. X. 7. Σπȣδαζειν δε και πονειν παιδιμς χαριν ηλιϑιον ϕαινεται και λιαν παιδικον. παιζειν, δε ῾οπως[ – 1 Zeichen fehlt] σπȣ- δαζῃ ο[ – 1 Zeichen fehlt]ϑως εχειν δοκει.
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bisherigen ergiebt es ſich ganz deutlich, daſs der
Grund der Arbeitsſcheue nicht ſowohl in den
Spielen, ſondern in einem Fehler der Erziehung
liegt, der ſich auf einen Berechnungsfehler der na-
türlichen Thätigkeit gründet.
Man hat die ſehr üble Gewohnheit, Kinder
durchs Spiel zur Arbeit zu reizen: wenn du recht
fleiſsig biſt, ſollſt du auch ſpielen!
„Um der Spiele willen ſich anzuſtrengen,
ſagt dagegen ſo gut ein ehrwürdiger Alter: und
zu arbeiten, iſt thöricht und kindiſch; aber ſpie-
len, um zu arbeiten, iſt recht.“ *) Es iſt unpä-
dagogiſch und unverantwortlich, der Jugend den
Zweck der Arbeit auf ſolche Art zu verrücken.
Was den Muthwillen beym Spiele ſelbſt be-
trifft, ſo muſs die Gegenwart des Erziehers ſo viel
Gewicht haben, ihn gehörig nieder zu drücken.
Endlich aber bleibt es ja immer noch ein ſehr na-
türliches Mittel, jedem Kinde, das, durch Ver-
anlaſſung der Spiele, in jene Fehler verfällt, an-
zudeuten: du kannſt nicht mitſpielen, weil das
Spiel einen nachtheiligen Einfluſs auf dich hat;
ſuche des Spieles Herr zu ſeyn, dann nur ſollſt
du ſpielen u. ſ. w.
*) Aristor. Eth. X. 7. Σπȣδαζειν δε και πονειν παιδιμς χαριν
ηλιϑιον ϕαινεται και λιαν παιδικον. παιζειν, δε ῾οπως_ σπȣ-
δαζῃ ο_ϑως εχειν δοκει.
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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/65>, abgerufen am 22.11.2024.
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