behaupten: "qu'il est force de relacher quelque "fois notre esprit et notre corps encore a quel- "que sorte de recreation; et que c'est un vice sans "doute que d'etre si rigoureux, agreste et sauvage "qu'on n'en veille prendre aucune sur soi, ni en "permettre aux autres." Sollten aber junge oder alte Gelehrte und Jugendbildner ein Scandal da- rin finden, mit der Jugend zu spielen; so verwei- se ich sie auf Heraclit, der am Dianen Tempel zu Ephesus die Knabenspiele als Mitspieler ordnete; auf Socrates wie er mit der Jugend spielt, auf Scaevola, Julius Caesar und Octavius die Stu- diosissime Ball spielten, auf Cosmus von Medicis, der seinem kleinen Enkel auf öffentlichem Plaz- ze die Pfeife verbesserte, auf Gustav Adolph, der mit seinen Officieren Blindekuh spielte u. s. w. Nur durch eine unbegreifliche Folgefalschheit ist es möglich das Billard, die Kugelbahn und die Kar- ten in öffentlichen Häusern für wohlanständig, öffentliches Spielen mit Kindern für unanständig zu halten.
2. Langeweile ist eins der drückensten Übel, sie macht, wie manche Krankheit, aus dem Patien- ten ein unleidliches Geschöpf. Die Jugend, die in der Vergangenheit noch wenig Stoff zur Un- terhaltung findet, in die Zukunft wenig oder gar nicht hinsiehet, sondern fast immer nur für den
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behaupten: „qu’il est force de relacher quelque „fois notre ésprit et notre corps encore à quel- „que ſorte de recreation; et que c’eſt un vice ſans „doute que d’être ſi rigoureux, agreste et ſauvage „qu’on n’en veille prendre aucune ſur ſoi, ni en „permettre aux autres." Sollten aber junge oder alte Gelehrte und Jugendbildner ein Scandal da- rin finden, mit der Jugend zu ſpielen; ſo verwei- ſe ich ſie auf Heraclit, der am Dianen Tempel zu Epheſus die Knabenſpiele als Mitſpieler ordnete; auf Socrates wie er mit der Jugend ſpielt, auf Scaevola, Julius Caeſar und Octavius die Stu- dioſiſſime Ball ſpielten, auf Coſmus von Medicis, der ſeinem kleinen Enkel auf öffentlichem Plaz- ze die Pfeife verbeſſerte, auf Guſtav Adolph, der mit ſeinen Officieren Blindekuh ſpielte u. ſ. w. Nur durch eine unbegreifliche Folgefalſchheit iſt es möglich das Billard, die Kugelbahn und die Kar- ten in öffentlichen Häuſern für wohlanſtändig, öffentliches Spielen mit Kindern für unanſtändig zu halten.
2. Langeweile iſt eins der drückenſten Übel, ſie macht, wie manche Krankheit, aus dem Patien- ten ein unleidliches Geſchöpf. Die Jugend, die in der Vergangenheit noch wenig Stoff zur Un- terhaltung findet, in die Zukunft wenig oder gar nicht hinſiehet, ſondern faſt immer nur für den
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„que ſorte de recreation; et que c’eſt un vice ſans
„doute que d’être ſi rigoureux, agreste et ſauvage
„qu’on n’en veille prendre aucune ſur ſoi, ni en
„permettre aux autres." Sollten aber junge oder
alte Gelehrte und Jugendbildner ein Scandal da-
rin finden, mit der Jugend zu ſpielen; ſo verwei-
ſe ich ſie auf Heraclit, der am Dianen Tempel zu
Epheſus die Knabenſpiele als Mitſpieler ordnete;
auf Socrates wie er mit der Jugend ſpielt, auf
Scaevola, Julius Caeſar und Octavius die Stu-
dioſiſſime Ball ſpielten, auf Coſmus von Medicis,
der ſeinem kleinen Enkel auf öffentlichem Plaz-
ze die Pfeife verbeſſerte, auf Guſtav Adolph, der
mit ſeinen Officieren Blindekuh ſpielte u. ſ. w. Nur
durch eine unbegreifliche Folgefalſchheit iſt es
möglich das Billard, die Kugelbahn und die Kar-
ten in öffentlichen Häuſern für wohlanſtändig,
öffentliches Spielen mit Kindern für unanſtändig
zu halten.
2. Langeweile iſt eins der drückenſten Übel, ſie
macht, wie manche Krankheit, aus dem Patien-
ten ein unleidliches Geſchöpf. Die Jugend, die
in der Vergangenheit noch wenig Stoff zur Un-
terhaltung findet, in die Zukunft wenig oder gar
nicht hinſiehet, ſondern faſt immer nur für den
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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/53>, abgerufen am 22.11.2024.
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