Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Er giebt den Göttern Unterricht über die
Bedeutung der Steine, über ihre Stellung, ih-
ren Gang, und diese trockne Sache wird unter
den Händen des Dichters zum Bewundern in-
teressant, selbst die kleinsten Regeln schmiegen
sich hier in die niedlichsten Verse. Es kommt
endlich zum Spiel. Von jeher war der irdische
Krieg das Signal zum himmlischen; Götter
theilten sich zum Schutze dieser und jener Par-
they und so entflammte sich stets der lebhafteste
Götterzwist im Olymp. Jupiter sieht diefs auch
jetzt voraus und verbietet, was beym Schach-
spiel allerdings unerträglich ist, alle Theilnahme
der Zuschauer

Tum Phoebum vocat intonsum, Atlantis-
que nepotem

egregium furto peperit quem candida Maia,
insignes ambos facie et florentibus annis.

Diese fordert er zum Spiel auf. Es war noch
sehr früh, die Füsse des Götterboten waren noch
unbeflügelt und Phöbus mit Diamanten besetz-
ter Himmelswagen war noch nicht angespannt.
Jupiter setzt für den Sieger eine Belohnung
aus, die grossen Götter nehmen, wie es bey
Hofe gewöhnlich ist, Platz, die kleinen stehen
umher; alle schweigen dem hohen Mandat zu
folge und das Treffen beginnt. Man glaubt sich
im Getümmel der Schlacht. Die trockne Be-

H h 2

Er giebt den Göttern Unterricht über die
Bedeutung der Steine, über ihre Stellung, ih-
ren Gang, und dieſe trockne Sache wird unter
den Händen des Dichters zum Bewundern in-
tereſſant, ſelbſt die kleinſten Regeln ſchmiegen
ſich hier in die niedlichſten Verſe. Es kommt
endlich zum Spiel. Von jeher war der irdiſche
Krieg das Signal zum himmliſchen; Götter
theilten ſich zum Schutze dieſer und jener Par-
they und ſo entflammte ſich ſtets der lebhafteſte
Götterzwiſt im Olymp. Jupiter ſieht diefs auch
jetzt voraus und verbietet, was beym Schach-
ſpiel allerdings unerträglich iſt, alle Theilnahme
der Zuſchauer

Tum Phoebum vocat intonsum, Atlantis-
que nepotem

egregium furto peperit quem candida Maia,
inſignes ambos facie et florentibus annis.

Dieſe fordert er zum Spiel auf. Es war noch
ſehr früh, die Füſse des Götterboten waren noch
unbeflügelt und Phöbus mit Diamanten beſetz-
ter Himmelswagen war noch nicht angeſpannt.
Jupiter ſetzt für den Sieger eine Belohnung
aus, die groſsen Götter nehmen, wie es bey
Hofe gewöhnlich iſt, Platz, die kleinen ſtehen
umher; alle ſchweigen dem hohen Mandat zu
folge und das Treffen beginnt. Man glaubt ſich
im Getümmel der Schlacht. Die trockne Be-

H h 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0515" n="483"/>
              <p>Er giebt den Göttern Unterricht über die<lb/>
Bedeutung der Steine, über ihre Stellung, ih-<lb/>
ren Gang, und die&#x017F;e trockne Sache wird unter<lb/>
den Händen des Dichters zum Bewundern in-<lb/>
tere&#x017F;&#x017F;ant, &#x017F;elb&#x017F;t die klein&#x017F;ten Regeln &#x017F;chmiegen<lb/>
&#x017F;ich hier in die niedlich&#x017F;ten Ver&#x017F;e. Es kommt<lb/>
endlich zum Spiel. Von jeher war der irdi&#x017F;che<lb/>
Krieg das Signal zum himmli&#x017F;chen; Götter<lb/>
theilten &#x017F;ich zum Schutze die&#x017F;er und jener Par-<lb/>
they und &#x017F;o entflammte &#x017F;ich &#x017F;tets der lebhafte&#x017F;te<lb/>
Götterzwi&#x017F;t im Olymp. Jupiter &#x017F;ieht diefs auch<lb/>
jetzt voraus und verbietet, was beym Schach-<lb/>
&#x017F;piel allerdings unerträglich i&#x017F;t, alle Theilnahme<lb/>
der Zu&#x017F;chauer</p><lb/>
              <lg type="poem">
                <l>Tum Phoebum vocat intonsum, Atlantis-<lb/>
que nepotem</l><lb/>
                <l>egregium furto peperit quem candida Maia,</l><lb/>
                <l>in&#x017F;ignes ambos facie et florentibus annis.</l>
              </lg><lb/>
              <p>Die&#x017F;e fordert er zum Spiel auf. Es war noch<lb/>
&#x017F;ehr früh, die Fü&#x017F;se des Götterboten waren noch<lb/>
unbeflügelt und Phöbus mit Diamanten be&#x017F;etz-<lb/>
ter Himmelswagen war noch nicht ange&#x017F;pannt.<lb/>
Jupiter &#x017F;etzt für den Sieger eine Belohnung<lb/>
aus, die gro&#x017F;sen Götter nehmen, wie es bey<lb/>
Hofe gewöhnlich i&#x017F;t, Platz, die kleinen &#x017F;tehen<lb/>
umher; alle &#x017F;chweigen dem hohen Mandat zu<lb/>
folge und das Treffen beginnt. Man glaubt &#x017F;ich<lb/>
im Getümmel der Schlacht. Die trockne Be-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H h 2</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[483/0515] Er giebt den Göttern Unterricht über die Bedeutung der Steine, über ihre Stellung, ih- ren Gang, und dieſe trockne Sache wird unter den Händen des Dichters zum Bewundern in- tereſſant, ſelbſt die kleinſten Regeln ſchmiegen ſich hier in die niedlichſten Verſe. Es kommt endlich zum Spiel. Von jeher war der irdiſche Krieg das Signal zum himmliſchen; Götter theilten ſich zum Schutze dieſer und jener Par- they und ſo entflammte ſich ſtets der lebhafteſte Götterzwiſt im Olymp. Jupiter ſieht diefs auch jetzt voraus und verbietet, was beym Schach- ſpiel allerdings unerträglich iſt, alle Theilnahme der Zuſchauer Tum Phoebum vocat intonsum, Atlantis- que nepotem egregium furto peperit quem candida Maia, inſignes ambos facie et florentibus annis. Dieſe fordert er zum Spiel auf. Es war noch ſehr früh, die Füſse des Götterboten waren noch unbeflügelt und Phöbus mit Diamanten beſetz- ter Himmelswagen war noch nicht angeſpannt. Jupiter ſetzt für den Sieger eine Belohnung aus, die groſsen Götter nehmen, wie es bey Hofe gewöhnlich iſt, Platz, die kleinen ſtehen umher; alle ſchweigen dem hohen Mandat zu folge und das Treffen beginnt. Man glaubt ſich im Getümmel der Schlacht. Die trockne Be- H h 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/515
Zitationshilfe: Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/515>, abgerufen am 25.11.2024.