lichen Ludo Latrunculorum der Römer das Schachspiel fand; thut man diess, so kann man freylich schon Stellen aus vielen alten Schrift- stellern anführen, die vom Schachspiel reden. Der obige Martiniere gibt einem gewissen Ring- hier, der in Italien eine Menge selbsterfundener Spiele herausgab eins ab, weil er das Schach- spiel mit abdrucken lässt. Er hat eher Lust, es den Franzosen zu zuschreiben; denn diese, als ein sehr kriegerisches Volk, welches das römi- sche Reich mehr als einmal bis zum Ruin brach- te, könnten das Schach, meint er, recht wohl erfunden haben.
Brettspiele gab es schon unter Griechen und Römern, aber das Schach ist Morgenländischen Ursprungs. Die Perser und Chineser wollen es von den Hindus erhalten haben und unter diesen soll es im fünften Jahrhundert unter einer Veranlassung erfunden seyn, die von Arabischen Schriftstellern *) auf folgende Art erzählt wird. Behub ein junger König in Indien despotisirte seine Unterthanen. Die Rechtschaffnen, welche sich seinem Throne näherten und ihm warnende Wahrheiten sagten, erhielten Gefängniss und
*) Man findet sie bey Hyde de Ludis Orientalium, so wie auch im deut- schen Merkur.
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lichen Ludo Latrunculorum der Römer das Schachſpiel fand; thut man dieſs, ſo kann man freylich ſchon Stellen aus vielen alten Schrift- ſtellern anführen, die vom Schachſpiel reden. Der obige Martiniere gibt einem gewiſſen Ring- hier, der in Italien eine Menge ſelbſterfundener Spiele herausgab eins ab, weil er das Schach- ſpiel mit abdrucken läſst. Er hat eher Luſt, es den Franzoſen zu zuſchreiben; denn dieſe, als ein ſehr kriegeriſches Volk, welches das römi- ſche Reich mehr als einmal bis zum Ruin brach- te, könnten das Schach, meint er, recht wohl erfunden haben.
Brettſpiele gab es ſchon unter Griechen und Römern, aber das Schach iſt Morgenländiſchen Urſprungs. Die Perſer und Chineſer wollen es von den Hindus erhalten haben und unter dieſen ſoll es im fünften Jahrhundert unter einer Veranlaſſung erfunden ſeyn, die von Arabiſchen Schriftſtellern *) auf folgende Art erzählt wird. Behub ein junger König in Indien deſpotiſirte ſeine Unterthanen. Die Rechtſchaffnen, welche ſich ſeinem Throne näherten und ihm warnende Wahrheiten ſagten, erhielten Gefängniſs und
*) Man findet ſie bey Hyde de Ludis Orientalium, ſo wie auch im deut- ſchen Merkur.
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lichen Ludo Latrunculorum der Römer das
Schachſpiel fand; thut man dieſs, ſo kann man
freylich ſchon Stellen aus vielen alten Schrift-
ſtellern anführen, die vom Schachſpiel reden.
Der obige Martiniere gibt einem gewiſſen Ring-
hier, der in Italien eine Menge ſelbſterfundener
Spiele herausgab eins ab, weil er das Schach-
ſpiel mit abdrucken läſst. Er hat eher Luſt, es
den Franzoſen zu zuſchreiben; denn dieſe, als
ein ſehr kriegeriſches Volk, welches das römi-
ſche Reich mehr als einmal bis zum Ruin brach-
te, könnten das Schach, meint er, recht wohl
erfunden haben.
Brettſpiele gab es ſchon unter Griechen und
Römern, aber das Schach iſt Morgenländiſchen
Urſprungs. Die Perſer und Chineſer wollen
es von den Hindus erhalten haben und unter
dieſen ſoll es im fünften Jahrhundert unter einer
Veranlaſſung erfunden ſeyn, die von Arabiſchen
Schriftſtellern *) auf folgende Art erzählt wird.
Behub ein junger König in Indien deſpotiſirte
ſeine Unterthanen. Die Rechtſchaffnen, welche
ſich ſeinem Throne näherten und ihm warnende
Wahrheiten ſagten, erhielten Gefängniſs und
*) Man findet ſie bey Hyde de Ludis Orientalium, ſo wie auch im deut-
ſchen Merkur.
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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/473>, abgerufen am 28.11.2024.
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