Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Beym ersten Beyspiele war nur eine Gattung
gewählt, nämlich eine Gattung von Instrumen-
ten, die man Nähnadel nennt. Nähnadeln giebts
allerwärts, hier ist also keine Beschränkung des
Ortes. Ferner lässt sich hier annehmen, es gäb
immer Nähnadeln daher findet auch keine Be-
schränkung der Zeit statt. Hätte ich aber die
Nähnadel im Sinne gehabt, welche hier an mei-
nem Fenstervorhange steckt, so wär mein Ge-
genstand ein Einzelwesen (Individuum) das erst
durch den Ort bestimmt wird, folglich hätte nach
dem Orte gefragt werden müssen. -- Im zwey-
ten Beyspiele ist der Gegenstand individuell,
nämlich die Nase Ludwigs des XIV, hier ist also
Bestimmung nach Zeit und Ort, diess würde der
Fall nicht gewesen seyn, wenn man sich den Gat-
tungsbegriff Nase überhaupt gedacht hätte.
Hieraus ergiebt sich die zweyte Hauptregel, dass
man aufhören müsse nach dem Was zu fragen, wenn
man die Gattung oder Art heraus bat, und sogleich nach
dem Wo? oder Wann fragen müsse, um auf das Indi-
viduum zu Kommen
. Bey dem Wo können die Fra-
gen im nöthigen Falle beym Ganzen der Erde
anfangen und sie werden sich oft bey einem klei-
nem Plätzchen im Zimmer endigen. Eben so ist
es mit dem Wann; man geht von grössern Zeit-
räumen bis in die kleinsten hinein.

Beym erſten Beyſpiele war nur eine Gattung
gewählt, nämlich eine Gattung von Inſtrumen-
ten, die man Nähnadel nennt. Nähnadeln giebts
allerwärts, hier iſt alſo keine Beſchränkung des
Ortes. Ferner läſst ſich hier annehmen, es gäb
immer Nähnadeln daher findet auch keine Be-
ſchränkung der Zeit ſtatt. Hätte ich aber die
Nähnadel im Sinne gehabt, welche hier an mei-
nem Fenſtervorhange ſteckt, ſo wär mein Ge-
genſtand ein Einzelweſen (Individuum) das erſt
durch den Ort beſtimmt wird, folglich hätte nach
dem Orte gefragt werden müſſen. — Im zwey-
ten Beyſpiele iſt der Gegenſtand individuell,
nämlich die Naſe Ludwigs des XIV, hier iſt alſo
Beſtimmung nach Zeit und Ort, dieſs würde der
Fall nicht geweſen ſeyn, wenn man ſich den Gat-
tungsbegriff Naſe überhaupt gedacht hätte.
Hieraus ergiebt ſich die zweyte Hauptregel, daſs
man aufhören müſſe nach dem Was zu fragen, wenn
man die Gattung oder Art heraus bat, und ſogleich nach
dem Wo? oder Wann fragen müſſe, um auf das Indi-
viduum zu Kommen
. Bey dem Wo können die Fra-
gen im nöthigen Falle beym Ganzen der Erde
anfangen und ſie werden ſich oft bey einem klei-
nem Plätzchen im Zimmer endigen. Eben ſo iſt
es mit dem Wann; man geht von gröſsern Zeit-
räumen bis in die kleinſten hinein.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0460" n="428"/>
              <p>Beym er&#x017F;ten Bey&#x017F;piele war nur eine <hi rendition="#i">Gattung</hi><lb/>
gewählt, nämlich eine Gattung von In&#x017F;trumen-<lb/>
ten, die man Nähnadel nennt. Nähnadeln giebts<lb/>
allerwärts, hier i&#x017F;t al&#x017F;o keine Be&#x017F;chränkung des<lb/><hi rendition="#i">Ortes</hi>. Ferner lä&#x017F;st &#x017F;ich hier annehmen, es gäb<lb/>
immer Nähnadeln daher findet auch keine Be-<lb/>
&#x017F;chränkung der <hi rendition="#i">Zeit</hi> &#x017F;tatt. Hätte ich aber die<lb/>
Nähnadel im Sinne gehabt, welche hier an mei-<lb/>
nem Fen&#x017F;tervorhange &#x017F;teckt, &#x017F;o wär mein Ge-<lb/>
gen&#x017F;tand ein Einzelwe&#x017F;en (Individuum) das er&#x017F;t<lb/>
durch den <hi rendition="#i">Ort</hi> be&#x017F;timmt wird, folglich hätte nach<lb/>
dem <hi rendition="#i">Orte</hi> gefragt werden mü&#x017F;&#x017F;en. &#x2014; Im zwey-<lb/>
ten Bey&#x017F;piele i&#x017F;t der Gegen&#x017F;tand individuell,<lb/>
nämlich die Na&#x017F;e Ludwigs des XIV, hier i&#x017F;t al&#x017F;o<lb/>
Be&#x017F;timmung nach Zeit und Ort, die&#x017F;s würde der<lb/>
Fall nicht gewe&#x017F;en &#x017F;eyn, wenn man &#x017F;ich den Gat-<lb/>
tungsbegriff Na&#x017F;e überhaupt gedacht hätte.<lb/>
Hieraus ergiebt &#x017F;ich die zweyte <hi rendition="#i">Hauptregel, da&#x017F;s<lb/>
man aufhören mü&#x017F;&#x017F;e nach dem Was zu fragen, wenn<lb/>
man die Gattung oder Art heraus bat, und &#x017F;ogleich nach<lb/>
dem Wo? oder Wann fragen mü&#x017F;&#x017F;e, um auf das Indi-<lb/>
viduum zu Kommen</hi>. Bey dem <hi rendition="#i">Wo</hi> können die Fra-<lb/>
gen im nöthigen Falle beym Ganzen der Erde<lb/>
anfangen und &#x017F;ie werden &#x017F;ich oft bey einem klei-<lb/>
nem Plätzchen im Zimmer endigen. Eben &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
es mit dem <hi rendition="#i">Wann</hi>; man geht von grö&#x017F;sern Zeit-<lb/>
räumen bis in die klein&#x017F;ten hinein.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[428/0460] Beym erſten Beyſpiele war nur eine Gattung gewählt, nämlich eine Gattung von Inſtrumen- ten, die man Nähnadel nennt. Nähnadeln giebts allerwärts, hier iſt alſo keine Beſchränkung des Ortes. Ferner läſst ſich hier annehmen, es gäb immer Nähnadeln daher findet auch keine Be- ſchränkung der Zeit ſtatt. Hätte ich aber die Nähnadel im Sinne gehabt, welche hier an mei- nem Fenſtervorhange ſteckt, ſo wär mein Ge- genſtand ein Einzelweſen (Individuum) das erſt durch den Ort beſtimmt wird, folglich hätte nach dem Orte gefragt werden müſſen. — Im zwey- ten Beyſpiele iſt der Gegenſtand individuell, nämlich die Naſe Ludwigs des XIV, hier iſt alſo Beſtimmung nach Zeit und Ort, dieſs würde der Fall nicht geweſen ſeyn, wenn man ſich den Gat- tungsbegriff Naſe überhaupt gedacht hätte. Hieraus ergiebt ſich die zweyte Hauptregel, daſs man aufhören müſſe nach dem Was zu fragen, wenn man die Gattung oder Art heraus bat, und ſogleich nach dem Wo? oder Wann fragen müſſe, um auf das Indi- viduum zu Kommen. Bey dem Wo können die Fra- gen im nöthigen Falle beym Ganzen der Erde anfangen und ſie werden ſich oft bey einem klei- nem Plätzchen im Zimmer endigen. Eben ſo iſt es mit dem Wann; man geht von gröſsern Zeit- räumen bis in die kleinſten hinein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/460
Zitationshilfe: Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/460>, abgerufen am 22.11.2024.