anfangen, lieben Kinder! Gebt mir gehörig Acht, damit mein Lineal (der Plumpsack) nicht nöthig hat, auf euern Rücken Linien zu ziehen. Du, mein lieber Heinrich, buchstabire mir einmal das Wort Rechtschreibung." Dieser erhebt sich, läuft nach und nach zu den Perso- nen R, E, C, H, T, buchstabirt dabey laut r-e- c-h-t recht und zupft jedem Buchstaben am Ohre. -- Gut mein Sohn, ruft der Meister, nun weiter!" -- er buchstabirt auf eben die Art s-c-h-r-e-i-b -- "Was? du ziehst mir das b mit in die Silbe?" sogleich erhält er vom Mei- ster einen Klapps. "Machs besser!" -- s-c-h- r-e-i schrei. -- "Gut!" Jetzt kommt Heinrich in Verlegenheit, er weiss nicht recht, ob die Silbe bung hart oder weich geschrieben wird und dann hat er vergessen, welche Person das u vor- stellt. Sein Unstern führt ihn zum p, er will es beym Ohr zupfen und Klapps! erhält er erst von ihm und dann auch vom Schulmeister einen Hieb. Nun wandert er zum b, kömmt dann aber zum d weil er glaubt es sey u. Das d giebt ihm wie- der einen Klapps, welchen der Meister gleich repetirt und ihn zum u hinführt. Endlich buch- stabirt er richtig heraus bung, und ist damit fer- tig. Von Zeit zu Zeit wenn das Gelächter, das beym Ohrzupfen und Zuschlagen oft losbricht, zu laut wird, klopft der Meister die Spieler mit
anfangen, lieben Kinder! Gebt mir gehörig Acht, damit mein Lineal (der Plumpſack) nicht nöthig hat, auf euern Rücken Linien zu ziehen. Du, mein lieber Heinrich, buchſtabire mir einmal das Wort Rechtſchreibung.„ Dieſer erhebt ſich, läuft nach und nach zu den Perſo- nen R, E, C, H, T, buchſtabirt dabey laut r-e- c-h-t recht und zupft jedem Buchſtaben am Ohre. — Gut mein Sohn, ruft der Meiſter, nun weiter!„ — er buchſtabirt auf eben die Art ſ-c-h-r-e-i-b — “Was? du ziehſt mir das b mit in die Silbe?„ ſogleich erhält er vom Mei- ſter einen Klapps. “Machs beſſer!„ — ſ-c-h- r-e-i ſchrei. — “Gut!„ Jetzt kommt Heinrich in Verlegenheit, er weiſs nicht recht, ob die Silbe bung hart oder weich geſchrieben wird und dann hat er vergeſſen, welche Perſon das u vor- ſtellt. Sein Unſtern führt ihn zum p, er will es beym Ohr zupfen und Klapps! erhält er erſt von ihm und dann auch vom Schulmeiſter einen Hieb. Nun wandert er zum b, kömmt dann aber zum d weil er glaubt es ſey u. Das d giebt ihm wie- der einen Klapps, welchen der Meiſter gleich repetirt und ihn zum u hinführt. Endlich buch- ſtabirt er richtig heraus bung, und iſt damit fer- tig. Von Zeit zu Zeit wenn das Gelächter, das beym Ohrzupfen und Zuſchlagen oft losbricht, zu laut wird, klopft der Meiſter die Spieler mit
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Ohre. — Gut mein Sohn, ruft der Meiſter,
nun weiter!„ — er buchſtabirt auf eben die Art
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mit in die Silbe?„ ſogleich erhält er vom Mei-
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r-e-i ſchrei. — “Gut!„ Jetzt kommt Heinrich
in Verlegenheit, er weiſs nicht recht, ob die
Silbe bung hart oder weich geſchrieben wird und
dann hat er vergeſſen, welche Perſon das u vor-
ſtellt. Sein Unſtern führt ihn zum p, er will es
beym Ohr zupfen und Klapps! erhält er erſt von
ihm und dann auch vom Schulmeiſter einen Hieb.
Nun wandert er zum b, kömmt dann aber zum
d weil er glaubt es ſey u. Das d giebt ihm wie-
der einen Klapps, welchen der Meiſter gleich
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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/344>, abgerufen am 25.11.2024.
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