zu dürfen. Zum Ziel wird ein Baum oder ir- gend ein Pass zwischen zwey Bäumen, Gebü- schen etc. festgesetzt; wer mit den wenigsten Schlägen bis dahin gelangt, oder, bey gleicher Zahl von Schlägen, die Kugel am weitesten hin- aus bringt, hat gewonnen.
Diess sind die vier gewöhnlichen Arten des französischen Mail. Jede Spielergesellschaft wird sich leicht selbst beliebige Gesetze geben können; ich habe daher vieles übersprungen, was bloss konventionell ist.
In Frankreich ist diess Spiel sehr lange Zeit ganz ungemein geschätzt. Wann es entstanden sey, ist unbekannt; aber es ist alt, obgleich nicht den Galliern bekannt. Carl V. verbot es, weil man zu sehr Hasardspiel daraus machte. Unter Ludwig XIV. war es das Spiel grosser Herren. Der König spielte es, so wie ganz Pa- ris. Besonders gewöhnlich war es in Provence und Languedoc. Man fand überall öffentliche Spielbahnen mit einem Maitre und seinen Com- mis. Der König hatte seinen ordentlichen Porte- mail, der ihm die Instrumente herbey trug und wer weiss was noch für andere Bediente des Spiels. Weichlichkeit, Mode, so wie Karten und Würfel verdrängten diess sehr gesunde Spiel, doch wird es noch immer ziemlich häufig in Frankreich getrieben.
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zu dürfen. Zum Ziel wird ein Baum oder ir- gend ein Paſs zwiſchen zwey Bäumen, Gebü- ſchen etc. feſtgeſetzt; wer mit den wenigſten Schlägen bis dahin gelangt, oder, bey gleicher Zahl von Schlägen, die Kugel am weiteſten hin- aus bringt, hat gewonnen.
Dieſs ſind die vier gewöhnlichen Arten des franzöſiſchen Mail. Jede Spielergeſellſchaft wird ſich leicht ſelbſt beliebige Geſetze geben können; ich habe daher vieles überſprungen, was bloſs konventionell iſt.
In Frankreich iſt dieſs Spiel ſehr lange Zeit ganz ungemein geſchätzt. Wann es entſtanden ſey, iſt unbekannt; aber es iſt alt, obgleich nicht den Galliern bekannt. Carl V. verbot es, weil man zu ſehr Haſardſpiel daraus machte. Unter Ludwig XIV. war es das Spiel groſser Herren. Der König ſpielte es, ſo wie ganz Pa- ris. Beſonders gewöhnlich war es in Provence und Languedoc. Man fand überall öffentliche Spielbahnen mit einem Maitre und ſeinen Com- mis. Der König hatte ſeinen ordentlichen Porte- mail, der ihm die Inſtrumente herbey trug und wer weiſs was noch für andere Bediente des Spiels. Weichlichkeit, Mode, ſo wie Karten und Würfel verdrängten dieſs ſehr geſunde Spiel, doch wird es noch immer ziemlich häufig in Frankreich getrieben.
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zu dürfen. Zum Ziel wird ein Baum oder ir-
gend ein Paſs zwiſchen zwey Bäumen, Gebü-
ſchen etc. feſtgeſetzt; wer mit den wenigſten
Schlägen bis dahin gelangt, oder, bey gleicher
Zahl von Schlägen, die Kugel am weiteſten hin-
aus bringt, hat gewonnen.
Dieſs ſind die vier gewöhnlichen Arten des
franzöſiſchen Mail. Jede Spielergeſellſchaft
wird ſich leicht ſelbſt beliebige Geſetze geben
können; ich habe daher vieles überſprungen,
was bloſs konventionell iſt.
In Frankreich iſt dieſs Spiel ſehr lange Zeit
ganz ungemein geſchätzt. Wann es entſtanden
ſey, iſt unbekannt; aber es iſt alt, obgleich
nicht den Galliern bekannt. Carl V. verbot es,
weil man zu ſehr Haſardſpiel daraus machte.
Unter Ludwig XIV. war es das Spiel groſser
Herren. Der König ſpielte es, ſo wie ganz Pa-
ris. Beſonders gewöhnlich war es in Provence
und Languedoc. Man fand überall öffentliche
Spielbahnen mit einem Maitre und ſeinen Com-
mis. Der König hatte ſeinen ordentlichen Porte-
mail, der ihm die Inſtrumente herbey trug und
wer weiſs was noch für andere Bediente des
Spiels. Weichlichkeit, Mode, ſo wie Karten
und Würfel verdrängten dieſs ſehr geſunde
Spiel, doch wird es noch immer ziemlich häufig
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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/185>, abgerufen am 24.11.2024.
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