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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. III. De Incommodis,
quiniret. Seine Familie ist auch beständig supprimiret worden; daß
es also dem Louis XIV. sehr mortificiret, wenn einer was auf ihn gemacht.
Nachgehends kam auch ein Buch heraus von seinen amours, da Carl
Patin,
welcher hernach Prof. zu Padua worden, die Commission gehabt,
alle Exemplaria in Holland aufzukauffen. Dieser hat es auch gethan,
aber ein Exemplar einen von seinen guten Freunden gegeben, welches her-
aus gekommen, dafür er nicht wieder nach Franckreich kommen dürffen.
Und also mag man einen Fürsten ansehen, wie man will, so wird man
allezeit finden, daß er mecontent, wenn er auch victorisiret, so finden
sich doch dabey allerhand Verdrießlichkeiten ein. Carolus V, wie er zu
Brüssel abdanckte, hat gesagt: Er habe sein Lebtage keine angenehme
Zeitung bekominen, da nicht zugleich sich auch was widriges gezeiget.
Das hat leicht können geschehen, weil er ein grosses Reich gehabt; da
haben sich anderwerts viele Dinge können ereignen, so ihn afficiret. In
einem grossen Reich sind viele Sorgen, daher ist Carolus V. nimmer her-
um gereiset, eben wie es ehemahls der Czaar machte. Denn bald ist
hie, bald da eine Unordnung; daher sagte auch Carolus V: Es sey ihm
sein Gehirn gantz ausgetrocknet, und verließ ihm seine memorie. Er
hatte Jugement noch genug, wie man aus seiner Abdanckungs-Oration,
welche Simon Schardius in seinen Script. Rer. Germ. publiciret, sehen kan;
aber wenn einer keine memorie hat, so hilfft das Jugement nicht viel:
Denn die memorie bringet nur die Dinge hervor, daß ich von rebus
praeteritis & praesentibus,
kan auf futuras callidissime conjecturiren. Lu-
ther sagt auch von unsern Teutschen Fürsten: So bald sie etwas erwach-
sen, kämen sie aufs Pferd, damit renneten sie Sporen-streichs nach der Höl-
le zu. Wenn sie alt werden, verachtet man sie, da bethet ein jedweder
die neu-aufgehende Sonne an. Das schmertzet die Regenten. Ludo-
vicus XI.
hat deßwegen seinen Sohn Carolo VIII. nichts lassen lernen, da-
mit nicht die Leute, wenn er alt würde, eine affection auf Carolum VIII.
werffen, und derselbige mehr Ansehen hätte, als er. Wie nun der Printz
in die Höhe wuchs, hat er ihn sehr lassen verpallisadiren. Ja er wollte
auf die Letzt nicht mehr essen und trincken, weil er meynete, er möchte
Gifft bekommen, er hat sich auch endlich ausgehungert, daß er gestorben.
Bayle hat in seinen Diction. Hist. Crit. eine artige Remarque unter dem
Louis XIII. von Louis XIV. welcher eben auf dem Bette lag, der fragte
ihn, wie er sich nennete? Louis antwortete: je me nomme Louis XIV.
Das chagrinirte dem Louis XIII. sehr. Einige Fürsten, ob sie gleich Lan-
des-Väter genennet werden, so sorgen sie doch vor nichts weniger, als
vor das Land, sie sind gewaltige Jäger, pour le reste, imperium negligunt.

Wir

Cap. III. De Incommodis,
quiniret. Seine Familie iſt auch beſtaͤndig ſupprimiret worden; daß
es alſo dem Louis XIV. ſehr mortificiret, wenn einer was auf ihn gemacht.
Nachgehends kam auch ein Buch heraus von ſeinen amours, da Carl
Patin,
welcher hernach Prof. zu Padua worden, die Commiſſion gehabt,
alle Exemplaria in Holland aufzukauffen. Dieſer hat es auch gethan,
aber ein Exemplar einen von ſeinen guten Freunden gegeben, welches her-
aus gekommen, dafuͤr er nicht wieder nach Franckreich kommen duͤrffen.
Und alſo mag man einen Fuͤrſten anſehen, wie man will, ſo wird man
allezeit finden, daß er mecontent, wenn er auch victoriſiret, ſo finden
ſich doch dabey allerhand Verdrießlichkeiten ein. Carolus V, wie er zu
Bruͤſſel abdanckte, hat geſagt: Er habe ſein Lebtage keine angenehme
Zeitung bekominen, da nicht zugleich ſich auch was widriges gezeiget.
Das hat leicht koͤnnen geſchehen, weil er ein groſſes Reich gehabt; da
haben ſich anderwerts viele Dinge koͤnnen ereignen, ſo ihn afficiret. In
einem groſſen Reich ſind viele Sorgen, daher iſt Carolus V. nimmer her-
um gereiſet, eben wie es ehemahls der Czaar machte. Denn bald iſt
hie, bald da eine Unordnung; daher ſagte auch Carolus V: Es ſey ihm
ſein Gehirn gantz ausgetrocknet, und verließ ihm ſeine memorie. Er
hatte Jugement noch genug, wie man aus ſeiner Abdanckungs-Oration,
welche Simon Schardius in ſeinen Script. Rer. Germ. publiciret, ſehen kan;
aber wenn einer keine memorie hat, ſo hilfft das Jugement nicht viel:
Denn die memorie bringet nur die Dinge hervor, daß ich von rebus
præteritis & præſentibus,
kan auf futuras callidiſſime conjecturiren. Lu-
ther ſagt auch von unſern Teutſchen Fuͤrſten: So bald ſie etwas erwach-
ſen, kaͤmen ſie aufs Pferd, damit renneten ſie Sporen-ſtreichs nach der Hoͤl-
le zu. Wenn ſie alt werden, verachtet man ſie, da bethet ein jedweder
die neu-aufgehende Sonne an. Das ſchmertzet die Regenten. Ludo-
vicus XI.
hat deßwegen ſeinen Sohn Carolo VIII. nichts laſſen lernen, da-
mit nicht die Leute, wenn er alt wuͤrde, eine affection auf Carolum VIII.
werffen, und derſelbige mehr Anſehen haͤtte, als er. Wie nun der Printz
in die Hoͤhe wuchs, hat er ihn ſehr laſſen verpalliſadiren. Ja er wollte
auf die Letzt nicht mehr eſſen und trincken, weil er meynete, er moͤchte
Gifft bekommen, er hat ſich auch endlich ausgehungert, daß er geſtorben.
Bayle hat in ſeinen Diction. Hiſt. Crit. eine artige Remarque unter dem
Louis XIII. von Louis XIV. welcher eben auf dem Bette lag, der fragte
ihn, wie er ſich nennete? Louis antwortete: je me nomme Louis XIV.
Das chagrinirte dem Louis XIII. ſehr. Einige Fuͤrſten, ob ſie gleich Lan-
des-Vaͤter genennet werden, ſo ſorgen ſie doch vor nichts weniger, als
vor das Land, ſie ſind gewaltige Jaͤger, pour le reſte, imperium negligunt.

Wir
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[72/0092] Cap. III. De Incommodis, quiniret. Seine Familie iſt auch beſtaͤndig ſupprimiret worden; daß es alſo dem Louis XIV. ſehr mortificiret, wenn einer was auf ihn gemacht. Nachgehends kam auch ein Buch heraus von ſeinen amours, da Carl Patin, welcher hernach Prof. zu Padua worden, die Commiſſion gehabt, alle Exemplaria in Holland aufzukauffen. Dieſer hat es auch gethan, aber ein Exemplar einen von ſeinen guten Freunden gegeben, welches her- aus gekommen, dafuͤr er nicht wieder nach Franckreich kommen duͤrffen. Und alſo mag man einen Fuͤrſten anſehen, wie man will, ſo wird man allezeit finden, daß er mecontent, wenn er auch victoriſiret, ſo finden ſich doch dabey allerhand Verdrießlichkeiten ein. Carolus V, wie er zu Bruͤſſel abdanckte, hat geſagt: Er habe ſein Lebtage keine angenehme Zeitung bekominen, da nicht zugleich ſich auch was widriges gezeiget. Das hat leicht koͤnnen geſchehen, weil er ein groſſes Reich gehabt; da haben ſich anderwerts viele Dinge koͤnnen ereignen, ſo ihn afficiret. In einem groſſen Reich ſind viele Sorgen, daher iſt Carolus V. nimmer her- um gereiſet, eben wie es ehemahls der Czaar machte. Denn bald iſt hie, bald da eine Unordnung; daher ſagte auch Carolus V: Es ſey ihm ſein Gehirn gantz ausgetrocknet, und verließ ihm ſeine memorie. Er hatte Jugement noch genug, wie man aus ſeiner Abdanckungs-Oration, welche Simon Schardius in ſeinen Script. Rer. Germ. publiciret, ſehen kan; aber wenn einer keine memorie hat, ſo hilfft das Jugement nicht viel: Denn die memorie bringet nur die Dinge hervor, daß ich von rebus præteritis & præſentibus, kan auf futuras callidiſſime conjecturiren. Lu- ther ſagt auch von unſern Teutſchen Fuͤrſten: So bald ſie etwas erwach- ſen, kaͤmen ſie aufs Pferd, damit renneten ſie Sporen-ſtreichs nach der Hoͤl- le zu. Wenn ſie alt werden, verachtet man ſie, da bethet ein jedweder die neu-aufgehende Sonne an. Das ſchmertzet die Regenten. Ludo- vicus XI. hat deßwegen ſeinen Sohn Carolo VIII. nichts laſſen lernen, da- mit nicht die Leute, wenn er alt wuͤrde, eine affection auf Carolum VIII. werffen, und derſelbige mehr Anſehen haͤtte, als er. Wie nun der Printz in die Hoͤhe wuchs, hat er ihn ſehr laſſen verpalliſadiren. Ja er wollte auf die Letzt nicht mehr eſſen und trincken, weil er meynete, er moͤchte Gifft bekommen, er hat ſich auch endlich ausgehungert, daß er geſtorben. Bayle hat in ſeinen Diction. Hiſt. Crit. eine artige Remarque unter dem Louis XIII. von Louis XIV. welcher eben auf dem Bette lag, der fragte ihn, wie er ſich nennete? Louis antwortete: je me nomme Louis XIV. Das chagrinirte dem Louis XIII. ſehr. Einige Fuͤrſten, ob ſie gleich Lan- des-Vaͤter genennet werden, ſo ſorgen ſie doch vor nichts weniger, als vor das Land, ſie ſind gewaltige Jaͤger, pour le reſte, imperium negligunt. Wir

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/92>, abgerufen am 24.11.2024.