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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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quae homines in omnibus Statibus premunt.
Dictionaire de l'Academie Francoise gemacht, hat einen Roman Bourgeois
geschrieben, den man in Holland nachgedruckt, in welchen curiöse Sa-
chen zu finden sind: Da sagt er gar artig: Die Bürger hätten keine
gute opiniones von der conversation, und ehe man sichs versähe, so hies-
sen sie Braut und Bräutigam, hergegen vornehme Leute conversirten
erst eine Zeitlang mit einander, daß sie erst einander kenneten, ehe sie sich
wollten zusammen begeben. Er hat auch unter andern einen Cavallier
eingeführet, welcher ein Bürgers-Mädgen wollen heyrathen. Dieser
klinget in einem Hause an, indeß kommt das Mädgen herunter, und
machet auf, sie fragt, was er wollte haben? er antwortet: er habe ge-
höret, daß sie eine vernünfftige Demoiselle seyn sollte, daher wollte er
gerne, in Beyseyn ihrer Eltern, mit ihr conversiren. Das Mädgen fragt,
ob er wolle heyrathen? er erschrickt darüber, und sagt, er wolle nur erst
die Ehre haben, sie kennen zu lernen. Da antwortete das Mädgen,
wenn er nicht wollte heyrathen, so sollte er sich nur fortscheeren, und ihr
keine blame machen. Mancher Mensch ist freylich subconnant, als wie
die Spanier, mancher ist luxuriös, und daß wir Teutschen nicht besser
sind, siehet wan leicht. Wiewohl Furettiere erinnert, daß obgleich die
Frantzosen luxuriös, so conversiret man doch unter denen Vornehmsten
starck, und können viele darzu gelangen, welche Geld können dran wen-
den. Wenn gleich manchmahl sottisen mit unter lauffen, deswegen
kan man es nicht aufheben. En general ist also gar nicht unrecht, was
Herr Thomasius gesagt, sonst meynen auch einige, weil man bey einigen vor-
nehmen Leuten wenig Tugend anträffe, so müsse man ein schlecht Mensch
nehmen. Dieser Meynung ist auch Aventinus gewesen. Allein man
kan hier nachlesen, was Bayle in seinen Diction. Histoir. Crit. sub voce
Aventinus
sagt, welches man ohne Lachen nicht lesen kan, dieser erzehlet,
daß Aventinus von derselben sehr gequälet worden. Man kan also auch
hierauf nicht sehen. Alles kommt darauf an, ob sie tugendhafft ist.

§. 6. Da wir von unsern Kindern sollten Ehre und Freude ha-Zwischen El-
tern und Kin-
dern.

ben, auch ein adjutorium, wenn sie groß, und wir alt werden, so geschie-
het solches nicht; wir haben Verdruß, dum male eos educamus, daher
wird Cap. seqq. gewiesen werden, was bey der education zu observiren,
und wie man es machen solle, daß einem die Kinder Freude erwecken.
Bisweilen kan ein Kind gute Auferziehung haben, und doch verführet
werden, also ist keine regula sine exceptione, aber mehrentheils kommt
das Unglück von der education her, wenn die Kinder nicht wohl gerathen.
Wer bekümmert sich sonderlich um die Auferziehung seiner Kinder.
Cicero, welcher ein gelehrter und judiciöser Mann zu seiner Zeit gewesen,

hatte
J

quæ homines in omnibus Statibus premunt.
Dictionaire de l’Academie Françoiſe gemacht, hat einen Roman Bourgeois
geſchrieben, den man in Holland nachgedruckt, in welchen curiöſe Sa-
chen zu finden ſind: Da ſagt er gar artig: Die Buͤrger haͤtten keine
gute opiniones von der converſation, und ehe man ſichs verſaͤhe, ſo hieſ-
ſen ſie Braut und Braͤutigam, hergegen vornehme Leute converſirten
erſt eine Zeitlang mit einander, daß ſie erſt einander kenneten, ehe ſie ſich
wollten zuſammen begeben. Er hat auch unter andern einen Cavallier
eingefuͤhret, welcher ein Buͤrgers-Maͤdgen wollen heyrathen. Dieſer
klinget in einem Hauſe an, indeß kommt das Maͤdgen herunter, und
machet auf, ſie fragt, was er wollte haben? er antwortet: er habe ge-
hoͤret, daß ſie eine vernuͤnfftige Demoiſelle ſeyn ſollte, daher wollte er
gerne, in Beyſeyn ihrer Eltern, mit ihr converſiren. Das Maͤdgen fragt,
ob er wolle heyrathen? er erſchrickt daruͤber, und ſagt, er wolle nur erſt
die Ehre haben, ſie kennen zu lernen. Da antwortete das Maͤdgen,
wenn er nicht wollte heyrathen, ſo ſollte er ſich nur fortſcheeren, und ihr
keine blame machen. Mancher Menſch iſt freylich ſubçonnant, als wie
die Spanier, mancher iſt luxuriös, und daß wir Teutſchen nicht beſſer
ſind, ſiehet wan leicht. Wiewohl Furettiere erinnert, daß obgleich die
Frantzoſen luxuriös, ſo converſiret man doch unter denen Vornehmſten
ſtarck, und koͤnnen viele darzu gelangen, welche Geld koͤnnen dran wen-
den. Wenn gleich manchmahl ſottiſen mit unter lauffen, deswegen
kan man es nicht aufheben. En general iſt alſo gar nicht unrecht, was
Herr Thomaſius geſagt, ſonſt meynen auch einige, weil man bey einigen vor-
nehmen Leuten wenig Tugend antraͤffe, ſo muͤſſe man ein ſchlecht Menſch
nehmen. Dieſer Meynung iſt auch Aventinus geweſen. Allein man
kan hier nachleſen, was Bayle in ſeinen Diction. Hiſtoir. Crit. ſub voce
Aventinus
ſagt, welches man ohne Lachen nicht leſen kan, dieſer erzehlet,
daß Aventinus von derſelben ſehr gequaͤlet worden. Man kan alſo auch
hierauf nicht ſehen. Alles kommt darauf an, ob ſie tugendhafft iſt.

§. 6. Da wir von unſern Kindern ſollten Ehre und Freude ha-Zwiſchen El-
tern und Kin-
dern.

ben, auch ein adjutorium, wenn ſie groß, und wir alt werden, ſo geſchie-
het ſolches nicht; wir haben Verdruß, dum male eos educamus, daher
wird Cap. ſeqq. gewieſen werden, was bey der education zu obſerviren,
und wie man es machen ſolle, daß einem die Kinder Freude erwecken.
Bisweilen kan ein Kind gute Auferziehung haben, und doch verfuͤhret
werden, alſo iſt keine regula ſine exceptione, aber mehrentheils kommt
das Ungluͤck von der education her, wenn die Kinder nicht wohl gerathen.
Wer bekuͤmmert ſich ſonderlich um die Auferziehung ſeiner Kinder.
Cicero, welcher ein gelehrter und judiciöſer Mann zu ſeiner Zeit geweſen,

hatte
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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/85>, abgerufen am 25.11.2024.