Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. II. sten gar nicht gewollt, daß man die Knechtschafft sollte abschaffen.Paulus in seiner Epistola ad Philemonem hat auch gewiesen, daß man sie beybehalten könne. vid. Scipionis Gentilis. Prof. Altorff. longe ce- leberrimi Commentar. in Epist. Philemon. welcher vortrefflich gemacht. Man hat ihn a part, er stehet auch in dem grossen Critischen Werck. Was die Theologi hierüber geschrieben, ist nichts gegen dieses. Die Christen haben auf öffentlichen Conciliis declariret, daß man nicht den- cken sollte, als wenn sie wider die Knechtschafft wären; sie würden sich auch dadurch ein grosses odium gemacht haben. Denn wenn sie denen Römern die Knechte genommen hätten, so hätten sie denenselben ihren Reichthum benommen: Denn ihr Reichthum bestund in Knechten und Mägden, welche ihre Land-Güter musten cultiviren; daher kan ich nicht leiden, daß man so geschmelt auf die Knechtschafft, und mag es immer bleiben, wie es ist. Georg Beyer, welcher in Wittenberg gewesen, hat noch in Leipzig eine Dissertation gehalten, in welcher er gewiesen, es wäre fast besser, daß man Leibeigene, als conductitios hätte, das bestä- tiget also unsere Meynung noch mehr, quod Servitus sit toleranda. Das- jenige aber, was denen Enthusiastischen Politicis die Knechtschafft so ver- hast gemacht, ist, daß sie gesehen, der Herr siehet nur auf seinen Nutzen, und der Knecht auf seinen Nutzen, welches aber ein falscher Concept ist. De la Casa, welcher Bischoff zu Benevento gewesen, dessen opera ich lassen drucken, hat eine Dissert. de Servitute lateinisch geschrieben, welche mit bey seinen Sachen stehet, darinnen hat er auch gewiesen, daß dieses ein falscher Concept sey. Es kan ein Herr und ein Knecht auch suam utilitatem vor sich haben, alsdenn ist eine harmonie, denn ich kan meinem Knecht Gutes thun, und mein Knecht mir wieder. und dessen ver- schiedene Ar- ten. §. 15. 16. 17. Ein jeder siehet, daß civitas nicht eben nothwen- Assur,
Cap. II. ſten gar nicht gewollt, daß man die Knechtſchafft ſollte abſchaffen.Paulus in ſeiner Epiſtola ad Philemonem hat auch gewieſen, daß man ſie beybehalten koͤnne. vid. Scipionis Gentilis. Prof. Altorff. longe ce- leberrimi Commentar. in Epiſt. Philemon. welcher vortrefflich gemacht. Man hat ihn a part, er ſtehet auch in dem groſſen Critiſchen Werck. Was die Theologi hieruͤber geſchrieben, iſt nichts gegen dieſes. Die Chriſten haben auf oͤffentlichen Conciliis declariret, daß man nicht den- cken ſollte, als wenn ſie wider die Knechtſchafft waͤren; ſie wuͤrden ſich auch dadurch ein groſſes odium gemacht haben. Denn wenn ſie denen Roͤmern die Knechte genommen haͤtten, ſo haͤtten ſie denenſelben ihren Reichthum benommen: Denn ihr Reichthum beſtund in Knechten und Maͤgden, welche ihre Land-Guͤter muſten cultiviren; daher kan ich nicht leiden, daß man ſo geſchmelt auf die Knechtſchafft, und mag es immer bleiben, wie es iſt. Georg Beyer, welcher in Wittenberg geweſen, hat noch in Leipzig eine Diſſertation gehalten, in welcher er gewieſen, es waͤre faſt beſſer, daß man Leibeigene, als conductitios haͤtte, das beſtaͤ- tiget alſo unſere Meynung noch mehr, quod Servitus ſit toleranda. Das- jenige aber, was denen Enthuſiaſtiſchen Politicis die Knechtſchafft ſo ver- haſt gemacht, iſt, daß ſie geſehen, der Herr ſiehet nur auf ſeinen Nutzen, und der Knecht auf ſeinen Nutzen, welches aber ein falſcher Concept iſt. De la Caſa, welcher Biſchoff zu Benevento geweſen, deſſen opera ich laſſen drucken, hat eine Diſſert. de Servitute lateiniſch geſchrieben, welche mit bey ſeinen Sachen ſtehet, darinnen hat er auch gewieſen, daß dieſes ein falſcher Concept ſey. Es kan ein Herr und ein Knecht auch ſuam utilitatem vor ſich haben, alsdenn iſt eine harmonie, denn ich kan meinem Knecht Gutes thun, und mein Knecht mir wieder. und deſſen ver- ſchiedene Ar- ten. §. 15. 16. 17. Ein jeder ſiehet, daß civitas nicht eben nothwen- Aſſur,
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Cap. II.
ſten gar nicht gewollt, daß man die Knechtſchafft ſollte abſchaffen.
Paulus in ſeiner Epiſtola ad Philemonem hat auch gewieſen, daß man
ſie beybehalten koͤnne. vid. Scipionis Gentilis. Prof. Altorff. longe ce-
leberrimi Commentar. in Epiſt. Philemon. welcher vortrefflich gemacht.
Man hat ihn a part, er ſtehet auch in dem groſſen Critiſchen Werck.
Was die Theologi hieruͤber geſchrieben, iſt nichts gegen dieſes. Die
Chriſten haben auf oͤffentlichen Conciliis declariret, daß man nicht den-
cken ſollte, als wenn ſie wider die Knechtſchafft waͤren; ſie wuͤrden ſich
auch dadurch ein groſſes odium gemacht haben. Denn wenn ſie denen
Roͤmern die Knechte genommen haͤtten, ſo haͤtten ſie denenſelben ihren
Reichthum benommen: Denn ihr Reichthum beſtund in Knechten und
Maͤgden, welche ihre Land-Guͤter muſten cultiviren; daher kan ich nicht
leiden, daß man ſo geſchmelt auf die Knechtſchafft, und mag es immer
bleiben, wie es iſt. Georg Beyer, welcher in Wittenberg geweſen, hat
noch in Leipzig eine Diſſertation gehalten, in welcher er gewieſen, es
waͤre faſt beſſer, daß man Leibeigene, als conductitios haͤtte, das beſtaͤ-
tiget alſo unſere Meynung noch mehr, quod Servitus ſit toleranda. Das-
jenige aber, was denen Enthuſiaſtiſchen Politicis die Knechtſchafft ſo ver-
haſt gemacht, iſt, daß ſie geſehen, der Herr ſiehet nur auf ſeinen Nutzen,
und der Knecht auf ſeinen Nutzen, welches aber ein falſcher Concept
iſt. De la Caſa, welcher Biſchoff zu Benevento geweſen, deſſen opera
ich laſſen drucken, hat eine Diſſert. de Servitute lateiniſch geſchrieben,
welche mit bey ſeinen Sachen ſtehet, darinnen hat er auch gewieſen, daß
dieſes ein falſcher Concept ſey. Es kan ein Herr und ein Knecht auch
ſuam utilitatem vor ſich haben, alsdenn iſt eine harmonie, denn ich kan
meinem Knecht Gutes thun, und mein Knecht mir wieder.
§. 15. 16. 17. Ein jeder ſiehet, daß civitas nicht eben nothwen-
dig, und haͤtten die Menſchen koͤnnen agere ſegreges, wenn ſie fromm
geweſen waͤren; aber ſo bald durch den Teufel der Neid in die Welt
kommen, und die Affecten regieret, ſo hat es ſich geaͤndert, und entſtun-
den civitates. Auf miracula kunte ſich da keiner verlaſſen, daß ihn GOtt
wuͤrde durch ein Wunderwerck geholffen haben, wenn er nicht waͤre in
civitatem gegangen. Wenn man die Bibel anſiehet, ſo findet man,
daß Nimrod geſucht ein Imperium anzulegen, er war ein gewaltiger Jaͤ-
ger, und die Jaͤgerey hat denen Leuten wohlgefallen: Denn es waren
damahls mehr Thiere als Menſchen, da wuſte er die Thiere geſchickt
zu fangen; Daher hat er allerhand Leute an ſich gezogen. Da nun die Leute
weggiengen, ſo hat er ſich zu Babel etabliret; er hat ſich auch nach und
nach aggrandiret, und die herum liegenden unter ſich gebracht. Der
Aſſur,
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