Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.De prudentia aulica. lich Latein, und hat den Tacitum trefflich applicirt, er ist in Florentz Se-cretaire d'Etat gewesen, und hat auch viele Reisen gethan. Aus diesem Buch kan nicht allein ein Student Latein lernen, sondern auch vieles de Vita Aulica, vid. Bayle in Dict. Hist. Critiqu. §. 4-10. Es entstehet die Frage: Ob man sich wohl nach Ho-Was das Hof- gute
De prudentia aulica. lich Latein, und hat den Tacitum trefflich applicirt, er iſt in Florentz Se-cretaire d’Etat geweſen, und hat auch viele Reiſen gethan. Aus dieſem Buch kan nicht allein ein Student Latein lernen, ſondern auch vieles de Vita Aulica, vid. Bayle in Dict. Hiſt. Critiqu. §. 4-10. Es entſtehet die Frage: Ob man ſich wohl nach Ho-Was das Hof- gute
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De prudentia aulica.
lich Latein, und hat den Tacitum trefflich applicirt, er iſt in Florentz Se-
cretaire d’Etat geweſen, und hat auch viele Reiſen gethan. Aus dieſem
Buch kan nicht allein ein Student Latein lernen, ſondern auch vieles de
Vita Aulica, vid. Bayle in Dict. Hiſt. Critiqu.
§. 4-10. Es entſtehet die Frage: Ob man ſich wohl nach Ho-
fe wenden ſolle? indem es ſonſt heißt: Exeat aula, qui vult eſſe pius;
Alſo iſt dieſes eine præjudicialis quæſtio. Hernach muß man auch ſe-
hen, wie derjenige beſchaffen ſeyn ſoll, ſo an Hof gehen will. Es wer-
den hier alle perfectiones aulicæ vorgeſtellet; die aber kein aulicus in con-
creto hat. Was die erſte Frage betrifft, ſo concerniret dieſelbe nicht
alle Leute. Mancher wird ſchon propter conditionem ſuam removiret,
daß er nicht nach Hofe gehen kan. Wenn man unſer Teutſchland con-
ſideriret, ſo iſt die Haupt-Frage von der Nobleſſe. Hier recomman-
dire ich des alten Callieres ſein Buch, welcher General-Lieutenant in
Franckreich geweſen, ein groſſer Kerl, der ein bon ſens hat. Ich halte
viel darauf; und ob er gleich nicht alles nach der exacten Sitten-Lehre
eingerichtet, ſondern offt Soldaten-Principia mit unter lauffen, ſo ſind
doch auch unvergleichliche diſcourſe in demſelben zu finden. Er zeigt,
daß entweder ein gentil-homme muͤſſe in Krieg gehen, oder ein Com-
pagnard werden, oder a la Cour ſein Gluͤck machen. Es giebt ja auch
galante Officiers, das grobe muß weg, da muß einer eine politeſſe haben,
die anders beſchaffen, als bey einem Soldaten. Mancher will nun gar
nicht in Krieg gehen, und denckt, was ſoll ich mich da laſſen todt oder
lahm ſchieſſen, wo ſoll nun dieſer ſein fortune machen? Auf dem Lande
kan er freylich leben, und da lebt er nach der primaria intentione ſupre-
mi Numinis, wenn er ſein Land ſucht zu cultiviciren; und iſt faſt beſſer,
als wenn er in Krieg gehet; au contrair, weil der Teutſchen ihr Weſen
nicht ohne Krieg ſeyn kan, ſo muß er auch zeigen, daß er kein poltron
ſey, und kein Bauren-Gemuͤthe habe. Will er nun aber nicht in Krieg
gehen, und auch nicht auf dem Lande leben, ſo muß er a la Cour gehen.
Dicis: a la Cour iſts gefaͤhrlich? Reſpond. Du magſt anfangen was du
wilſt, ſo iſts gefaͤhrlich dabey. Wilſtu ein Kauffmann werden, ſo ſa-
gen ſie: die Kauffleute ſind Betruͤger; Wilſt du ein Gelehrter werden,
ſo ſagen ſie, die Gelehrten ſind Pedanten, Zaͤncker ꝛc. Wenn man den
Bauer-Stand anſiehet, ſo ſind auch die vielen Mißbraͤuche. Wegen
der Mißbraͤuche kan ohnmoͤglich dieſes oder jenes verworffen werden.
Wer a la Cour gehet, will ſeinen Herrn dienen. Alle Herren ſind nicht
boͤſe Leute, dieſes iſt wahr; wenn gleich der Princeps gut iſt, ſo koͤmmt
einer doch unter boͤſe Bedienten, welche den finem nicht haben, durch
gute
Was das Hof-
Leben ſey?
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