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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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statum civitatis Aristocraticae & Democraticae &c.
damit er nicht rebelliret. Darzu können leicht die Clerici Anlaß geben,
deßwegen müssen solche im Zaum gehalten werden.

§. 6. In Aristocratia sind auch einige Simulacra, als wie in Ve-Simulacra im-
perii, & flagi-
tia domina-
tionis.

nedig der Doge. Contareni, welcher selbst ein Nobili di Venetia gewe-
sen, meynet zwar in seinem Tract. de Republica Venatorum, es hätten
die Venetianer mit Fleiß einen Doge gesetzet; aber ich glaube es nicht,
sondern wenn man die Historie von Venedig lieset, so findet man, daß
anfänglich eine Monarchie gewesen, sie sind aber dem Principi über den
Hals gewachsen, so daß nur ein Simulacrum geblieben. Er heist Dux,
sonst hat er nichts, daß er ein Simulacrum potius ist, kan man daraus
sehen, wenn er sich praesentiret, sein ornatus corporis ist regius, er trägt
Purpur und Gold, sein Stuhl ist Königlich, er trägt ein Cornu, wel-
ches sie von den Orientalibus haben: Denn Venedig hat erst unter den
Imperatoribus Orientalibus gestanden. Alle müssen vor dem Doge den
Huth abziehen, und vor ihm stehen, er stehet aber nicht; Alle Gesand-
ten müssen ihn Serenissimum tituliren, und alle Müntzen werden auf ihn
geschlagen; aber er hat nullam potestatem; er darf nicht aus der Stadt
gehen, nicht einmahl auf sein Land-Guth, sine consensu totius senatus.
Seine Kinder können nicht das geringste beneficium haben, so lange er
Doge ist. Wenn aus einer Familie ein Doge gewesen, so wird hernach
aus einer andern Familie wieder einer genommen. Thuanus hat in sei-
ner Historia, als etwas rares, aufgezeichnet, daß zu Zeiten Caroli V.
aus der Familie Prioli zwey Doge nacheinander gewählet worden. Wenn
der Doge abgehet, so haben die Triumviri die inquisition, daß sie nach-
forschen, wie er sich aufgeführet, seine Erben müssen in gewisser massen
repondiren vor dem Doge. Ein jeder Magistratus, der abgehet, muß
auch leiden, daß inquiriret wird, wie er sich gehalten. Hat er nicht al-
les observiret, so hat er hernach kein avancement zu hoffen. In publicis
negotiis
behalten sie die Langage, welche sie gehabt cum oriretur Respu-
blica;
deßwegen nehmen sie gerne der Secretarien Kinder wieder zu Se-
cretariis,
weil dieselben von Jugend auf den Stylum Curiae lernen, u. sie nicht
gerne wollen den stylum curiae in vulgus emittere: Ragusa ist auch eine Aristo-
cratie,
da sind sie noch vorsichtiger, und nehmen alle Jahr einen neuen Doge;
ist das Jahr um, so ziehet er seinen Rock aus, wie der Pro-Rector. Die Ge-
nueser haben ihren Doge auch nur auf etliche Jahr, und wenn er abgehet, so
muß er hernach einige Jahr als ein Privat-Mann leben, und darf sich
nicht viel sehen lassen, denn sie sagen: Er wäre hochmüthig worden,
und müste nun in etwas wieder gedemüthiget werden.

§. 7.
O o o

ſtatum civitatis Ariſtocraticæ & Democraticæ &c.
damit er nicht rebelliret. Darzu koͤnnen leicht die Clerici Anlaß geben,
deßwegen muͤſſen ſolche im Zaum gehalten werden.

§. 6. In Ariſtocratia ſind auch einige Simulacra, als wie in Ve-Simulacra im-
perii, & flagi-
tia domina-
tionis.

nedig der Doge. Contareni, welcher ſelbſt ein Nobili di Venetia gewe-
ſen, meynet zwar in ſeinem Tract. de Republica Venatorum, es haͤtten
die Venetianer mit Fleiß einen Doge geſetzet; aber ich glaube es nicht,
ſondern wenn man die Hiſtorie von Venedig lieſet, ſo findet man, daß
anfaͤnglich eine Monarchie geweſen, ſie ſind aber dem Principi uͤber den
Hals gewachſen, ſo daß nur ein Simulacrum geblieben. Er heiſt Dux,
ſonſt hat er nichts, daß er ein Simulacrum potius iſt, kan man daraus
ſehen, wenn er ſich præſentiret, ſein ornatus corporis iſt regius, er traͤgt
Purpur und Gold, ſein Stuhl iſt Koͤniglich, er traͤgt ein Cornu, wel-
ches ſie von den Orientalibus haben: Denn Venedig hat erſt unter den
Imperatoribus Orientalibus geſtanden. Alle muͤſſen vor dem Doge den
Huth abziehen, und vor ihm ſtehen, er ſtehet aber nicht; Alle Geſand-
ten muͤſſen ihn Sereniſſimum tituliren, und alle Muͤntzen werden auf ihn
geſchlagen; aber er hat nullam poteſtatem; er darf nicht aus der Stadt
gehen, nicht einmahl auf ſein Land-Guth, ſine conſenſu totius ſenatus.
Seine Kinder koͤnnen nicht das geringſte beneficium haben, ſo lange er
Doge iſt. Wenn aus einer Familie ein Doge geweſen, ſo wird hernach
aus einer andern Familie wieder einer genommen. Thuanus hat in ſei-
ner Hiſtoria, als etwas rares, aufgezeichnet, daß zu Zeiten Caroli V.
aus der Familie Prioli zwey Doge nacheinander gewaͤhlet worden. Wenn
der Doge abgehet, ſo haben die Triumviri die inquiſition, daß ſie nach-
forſchen, wie er ſich aufgefuͤhret, ſeine Erben muͤſſen in gewiſſer maſſen
repondiren vor dem Doge. Ein jeder Magiſtratus, der abgehet, muß
auch leiden, daß inquiriret wird, wie er ſich gehalten. Hat er nicht al-
les obſerviret, ſo hat er hernach kein avancement zu hoffen. In publicis
negotiis
behalten ſie die Langage, welche ſie gehabt cum oriretur Reſpu-
blica;
deßwegen nehmen ſie gerne der Secretarien Kinder wieder zu Se-
cretariis,
weil dieſelben von Jugend auf den Stylum Curiæ lernen, u. ſie nicht
gerne wollen den ſtylum curiæ in vulgus emittere: Raguſa iſt auch eine Ariſto-
cratie,
da ſind ſie noch vorſichtiger, und nehmen alle Jahr einen neuen Doge;
iſt das Jahr um, ſo ziehet er ſeinen Rock aus, wie der Pro-Rector. Die Ge-
nueſer haben ihren Doge auch nur auf etliche Jahr, und wenn er abgehet, ſo
muß er hernach einige Jahr als ein Privat-Mann leben, und darf ſich
nicht viel ſehen laſſen, denn ſie ſagen: Er waͤre hochmuͤthig worden,
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§. 7.
O o o
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[473/0493] ſtatum civitatis Ariſtocraticæ & Democraticæ &c. damit er nicht rebelliret. Darzu koͤnnen leicht die Clerici Anlaß geben, deßwegen muͤſſen ſolche im Zaum gehalten werden. §. 6. In Ariſtocratia ſind auch einige Simulacra, als wie in Ve- nedig der Doge. Contareni, welcher ſelbſt ein Nobili di Venetia gewe- ſen, meynet zwar in ſeinem Tract. de Republica Venatorum, es haͤtten die Venetianer mit Fleiß einen Doge geſetzet; aber ich glaube es nicht, ſondern wenn man die Hiſtorie von Venedig lieſet, ſo findet man, daß anfaͤnglich eine Monarchie geweſen, ſie ſind aber dem Principi uͤber den Hals gewachſen, ſo daß nur ein Simulacrum geblieben. Er heiſt Dux, ſonſt hat er nichts, daß er ein Simulacrum potius iſt, kan man daraus ſehen, wenn er ſich præſentiret, ſein ornatus corporis iſt regius, er traͤgt Purpur und Gold, ſein Stuhl iſt Koͤniglich, er traͤgt ein Cornu, wel- ches ſie von den Orientalibus haben: Denn Venedig hat erſt unter den Imperatoribus Orientalibus geſtanden. Alle muͤſſen vor dem Doge den Huth abziehen, und vor ihm ſtehen, er ſtehet aber nicht; Alle Geſand- ten muͤſſen ihn Sereniſſimum tituliren, und alle Muͤntzen werden auf ihn geſchlagen; aber er hat nullam poteſtatem; er darf nicht aus der Stadt gehen, nicht einmahl auf ſein Land-Guth, ſine conſenſu totius ſenatus. Seine Kinder koͤnnen nicht das geringſte beneficium haben, ſo lange er Doge iſt. Wenn aus einer Familie ein Doge geweſen, ſo wird hernach aus einer andern Familie wieder einer genommen. Thuanus hat in ſei- ner Hiſtoria, als etwas rares, aufgezeichnet, daß zu Zeiten Caroli V. aus der Familie Prioli zwey Doge nacheinander gewaͤhlet worden. Wenn der Doge abgehet, ſo haben die Triumviri die inquiſition, daß ſie nach- forſchen, wie er ſich aufgefuͤhret, ſeine Erben muͤſſen in gewiſſer maſſen repondiren vor dem Doge. Ein jeder Magiſtratus, der abgehet, muß auch leiden, daß inquiriret wird, wie er ſich gehalten. Hat er nicht al- les obſerviret, ſo hat er hernach kein avancement zu hoffen. In publicis negotiis behalten ſie die Langage, welche ſie gehabt cum oriretur Reſpu- blica; deßwegen nehmen ſie gerne der Secretarien Kinder wieder zu Se- cretariis, weil dieſelben von Jugend auf den Stylum Curiæ lernen, u. ſie nicht gerne wollen den ſtylum curiæ in vulgus emittere: Raguſa iſt auch eine Ariſto- cratie, da ſind ſie noch vorſichtiger, und nehmen alle Jahr einen neuen Doge; iſt das Jahr um, ſo ziehet er ſeinen Rock aus, wie der Pro-Rector. Die Ge- nueſer haben ihren Doge auch nur auf etliche Jahr, und wenn er abgehet, ſo muß er hernach einige Jahr als ein Privat-Mann leben, und darf ſich nicht viel ſehen laſſen, denn ſie ſagen: Er waͤre hochmuͤthig worden, und muͤſte nun in etwas wieder gedemuͤthiget werden. Simulacra im- perii, & flagi- tia domina- tionis. §. 7. O o o

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/493>, abgerufen am 24.11.2024.