aber siehet man, was der Sylla und Caesar als dictatores gethan, da endlich Caesar gar die Rempublicam Romanam übern Hauffen geworffen. Es mag Monarchia oder Respublica libera seyn, so geben diejenigen nicht acht, und sind nicht klug, welche ihren statum lassen verändern.
§. 7. Man nennet dieses arcana dominationis, welche diejenigen,Arcana do- minationis, was sie seyn? qui dominantur, haben, durch diese maximen sich zu conserviren. Der Autor sagt nicht: Sit summum Jus. Ein grosser Herr kan nicht allezeit summum Jus haben: Summum Jus summa saepe est injuria: Wer allezeit will nach dem Jure stricto gehen, ist ein Enthusiast, sagt man: Fiat ju- stitia, pereat mundus, so antworte ich: finge periisse mundum, so bist du kein Imperans, kein Doge mehr, sondern eine animula vagula blan- dula. Du müstest alsdenn in Mond gehen, oder in einen andern Fix- Stern, und daselbst so lange verbleiben, bis der jüngste Tag kommt, drum sagt der Autor: AEquitas. Sein Lebtag bestehet ein Reich nicht, wo es allzu scharffe zugehet; Wir haben ja keine Engel vor uns, vitia erunt donec homines, wie schon Tacitus gesagt; deßwegen ist ein laxa- mentum, ein temperamentum vonnöthen. Das summum Jus giebt leicht einen Schein, als wenn der Princeps eine Freude hätte, daß das Volck so exerciret würde. Wollte er alle Huren todt machen, so würde zuletzt keine Weibs-Person in der Welt seyn; alle Trunckenbolde todt zu ma- chen gehet auch nicht an. Man kan wohl machen, daß weniger Trun- ckenbolde sind, aber dahin kan es nicht gebracht werden, daß gar keine wären. Es ist auch weder dem Fürsten noch den Theologis nütze, wenn man wollte die Leute par force fromm machen, wovon schon in anteced. gedacht worden. Die disciplin muß nicht lache seyn. Eine morale austere ist Enthusiastisch; und eine morale relachee taugt auch nichts. Da ist con- fusio. Medium tenuere beati. So viel wie möglich ist, muß man von dem alten rigore nicht abgehen. Kein Mensch ist freylich mehrern judi- ciis unterworffen, als ein Imperans, daran muß er aber sich nicht kehren. Ein grosser Herr, wenn er weiß, daß er recht thut, so muß er nicht dar- auf sehen, was der peuple schwatzt, oder auswärtig raisonniret wird. Er ist ja nicht schuldig, jemanden Rechenschafft zu geben, als unserm HErr GOtt allein. Ein Privat-Mann muß sich nach andern Leuten richten, und wenn alle Leute hohe Milch-Bärthe trügen, wie einige Nationen, müste er es auch thun; Aber ein Imperans hat es nicht nöthig. Es ist kein Imperans, welcher nicht kan reprehendiret werden. Wir haben ja nicht einerley Menschen; etliche wollen gerne eine Mo- narchie haben, andere gerne eine Democratie. Hätte sich Venedig
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ſtatum civitatis Mon. & Imperantium conſervandi.
aber ſiehet man, was der Sylla und Cæſar als dictatores gethan, da endlich Cæſar gar die Rempublicam Romanam uͤbern Hauffen geworffen. Es mag Monarchia oder Respublica libera ſeyn, ſo geben diejenigen nicht acht, und ſind nicht klug, welche ihren ſtatum laſſen veraͤndern.
§. 7. Man nennet dieſes arcana dominationis, welche diejenigen,Arcana do- minationis, was ſie ſeyn? qui dominantur, haben, durch dieſe maximen ſich zu conſerviren. Der Autor ſagt nicht: Sit ſummum Jus. Ein groſſer Herr kan nicht allezeit ſummum Jus haben: Summum Jus ſumma ſæpe eſt injuria: Wer allezeit will nach dem Jure ſtricto gehen, iſt ein Enthuſiaſt, ſagt man: Fiat ju- ſtitia, pereat mundus, ſo antworte ich: finge periiſſe mundum, ſo biſt du kein Imperans, kein Doge mehr, ſondern eine animula vagula blan- dula. Du muͤſteſt alsdenn in Mond gehen, oder in einen andern Fix- Stern, und daſelbſt ſo lange verbleiben, bis der juͤngſte Tag kommt, drum ſagt der Autor: Æquitas. Sein Lebtag beſtehet ein Reich nicht, wo es allzu ſcharffe zugehet; Wir haben ja keine Engel vor uns, vitia erunt donec homines, wie ſchon Tacitus geſagt; deßwegen iſt ein laxa- mentum, ein temperamentum vonnoͤthen. Das ſummum Jus giebt leicht einen Schein, als wenn der Princeps eine Freude haͤtte, daß das Volck ſo exerciret wuͤrde. Wollte er alle Huren todt machen, ſo wuͤrde zuletzt keine Weibs-Perſon in der Welt ſeyn; alle Trunckenbolde todt zu ma- chen gehet auch nicht an. Man kan wohl machen, daß weniger Trun- ckenbolde ſind, aber dahin kan es nicht gebracht werden, daß gar keine waͤren. Es iſt auch weder dem Fuͤrſten noch den Theologis nuͤtze, wenn man wollte die Leute par force fromm machen, wovon ſchon in anteced. gedacht worden. Die diſciplin muß nicht lache ſeyn. Eine morale auſtere iſt Enthuſiaſtiſch; und eine morale relachée taugt auch nichts. Da iſt con- fuſio. Medium tenuere beati. So viel wie moͤglich iſt, muß man von dem alten rigore nicht abgehen. Kein Menſch iſt freylich mehrern judi- ciis unterworffen, als ein Imperans, daran muß er aber ſich nicht kehren. Ein groſſer Herr, wenn er weiß, daß er recht thut, ſo muß er nicht dar- auf ſehen, was der peuple ſchwatzt, oder auswaͤrtig raiſonniret wird. Er iſt ja nicht ſchuldig, jemanden Rechenſchafft zu geben, als unſerm HErr GOtt allein. Ein Privat-Mann muß ſich nach andern Leuten richten, und wenn alle Leute hohe Milch-Baͤrthe truͤgen, wie einige Nationen, muͤſte er es auch thun; Aber ein Imperans hat es nicht noͤthig. Es iſt kein Imperans, welcher nicht kan reprehendiret werden. Wir haben ja nicht einerley Menſchen; etliche wollen gerne eine Mo- narchie haben, andere gerne eine Democratie. Haͤtte ſich Venedig
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[441/0461]
ſtatum civitatis Mon. & Imperantium conſervandi.
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endlich Cæſar gar die Rempublicam Romanam uͤbern Hauffen geworffen.
Es mag Monarchia oder Respublica libera ſeyn, ſo geben diejenigen nicht
acht, und ſind nicht klug, welche ihren ſtatum laſſen veraͤndern.
§. 7. Man nennet dieſes arcana dominationis, welche diejenigen,
qui dominantur, haben, durch dieſe maximen ſich zu conſerviren. Der
Autor ſagt nicht: Sit ſummum Jus. Ein groſſer Herr kan nicht allezeit
ſummum Jus haben: Summum Jus ſumma ſæpe eſt injuria: Wer allezeit
will nach dem Jure ſtricto gehen, iſt ein Enthuſiaſt, ſagt man: Fiat ju-
ſtitia, pereat mundus, ſo antworte ich: finge periiſſe mundum, ſo biſt
du kein Imperans, kein Doge mehr, ſondern eine animula vagula blan-
dula. Du muͤſteſt alsdenn in Mond gehen, oder in einen andern Fix-
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drum ſagt der Autor: Æquitas. Sein Lebtag beſtehet ein Reich nicht,
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erunt donec homines, wie ſchon Tacitus geſagt; deßwegen iſt ein laxa-
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einen Schein, als wenn der Princeps eine Freude haͤtte, daß das Volck
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keine Weibs-Perſon in der Welt ſeyn; alle Trunckenbolde todt zu ma-
chen gehet auch nicht an. Man kan wohl machen, daß weniger Trun-
ckenbolde ſind, aber dahin kan es nicht gebracht werden, daß gar keine
waͤren. Es iſt auch weder dem Fuͤrſten noch den Theologis nuͤtze, wenn man
wollte die Leute par force fromm machen, wovon ſchon in anteced. gedacht
worden. Die diſciplin muß nicht lache ſeyn. Eine morale auſtere iſt
Enthuſiaſtiſch; und eine morale relachée taugt auch nichts. Da iſt con-
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dem alten rigore nicht abgehen. Kein Menſch iſt freylich mehrern judi-
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Ein groſſer Herr, wenn er weiß, daß er recht thut, ſo muß er nicht dar-
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Er iſt ja nicht ſchuldig, jemanden Rechenſchafft zu geben, als unſerm
HErr GOtt allein. Ein Privat-Mann muß ſich nach andern Leuten
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Nationen, muͤſte er es auch thun; Aber ein Imperans hat es nicht
noͤthig. Es iſt kein Imperans, welcher nicht kan reprehendiret werden.
Wir haben ja nicht einerley Menſchen; etliche wollen gerne eine Mo-
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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/461>, abgerufen am 29.06.2024.
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