Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.status circa bellum & pacem. alle Art und Weise. Einige meynen, man solle keine venena im Kriegebrauchen. Allein sive veneno sive dolo interficiam hostem, das ist alles gleich, wenn er nur todt ist; Daher sind auch die Stratagemata ab omni aevo beliebet worden. Nur hat man nicht gerne leiden wollen, veno uti, in lectionibus J. N. wird aber gezeiget, daß es angehet. Der Czaar hat nicht ungescheut gethan, daß, wie die Pest unter seine Leute kommen, er viele Cörper ins Wasser geworffen, daß die Pest nach Re- val kommen; Hier ist kein dolus, so wenig als man im Kriege das Todschlagen vor sündlich hält, da so viel tausend Menschen umgebracht werden. Specialiter was vor Stratagemata sollen gebrauchet werden, kan man hier nicht sagen; Man muß die Autores lesen, welche hiervon geschrieben. Den Onosander, Frontinum, Poliaenum &c. Wer die Historie lieset, kan immer mehrere finden. Mauritius war ein artifex stratagematum, welches auch Famianus Strada, der sonst ein Feind von ihm gewesen, gestehet. Nihil est factum, quod non factum sit prius, in- ventis facile possumus aliquid addere. Deßwegen können wir hier die Historie nicht bey Seite setzen. Grotius und alle Scriptores Jur. Nat. & Gentium defendiren, auch, daß Stratagemata erlaubt, und der Gerech- tigkeit gemäß. Prudentiae quoque regulae suadent, ut Stratagematibus utamur. Es hat auch ein Frantzoß, Hauteville des Ruses de Guerre ge- schrieben; Aber es kamen fast keine Stratagementa vor, so man nicht schon bey den Alten findet. Die Alten haben sich sehr appliciret auf die Stratagemata, weil sie nicht gewust, in Belagerungen solche force zu gebrauchen, wie wir hodie thun. Wenn ich ein honette homme bin, so ist mir freylich kein plaisir, wenn ich solche extremitäten brauchen muß, aber es ist hier nicht zu evitiren, und wenn ich könnte Feuer vom Himmel fallen lassen, könnte ich solches meinem Feinde thun; Ich bin auch der Meynung, daß man gar nichts schonen darff, nicht einmahl der Kirchen, weil sonst die Leute alle ihre Sachen dahin bringen, man kan ja leicht wieder eine neue Kirche bauen. Hernach muß auch einer eine circumvallations-Linie haben, damit nichts in die Stadt hinein kommen kan. Wie Churfürst Moriz Magdeburg belagerte, so konnte auf der andern Seite aller proviant hinein geschaffet werden, her- nach aber wurde eine circumvallations-Linie herum gezogen, da gieng es bald über. §. 31. Wie sich die Obsessi verhalten sollen, hat Pere Daniel ge-Von Belage- geben, H h h 3
ſtatus circa bellum & pacem. alle Art und Weiſe. Einige meynen, man ſolle keine venena im Kriegebrauchen. Allein ſive veneno ſive dolo interficiam hoſtem, das iſt alles gleich, wenn er nur todt iſt; Daher ſind auch die Stratagemata ab omni ævo beliebet worden. Nur hat man nicht gerne leiden wollen, veno uti, in lectionibus J. N. wird aber gezeiget, daß es angehet. Der Czaar hat nicht ungeſcheut gethan, daß, wie die Peſt unter ſeine Leute kommen, er viele Coͤrper ins Waſſer geworffen, daß die Peſt nach Re- val kommen; Hier iſt kein dolus, ſo wenig als man im Kriege das Todſchlagen vor ſuͤndlich haͤlt, da ſo viel tauſend Menſchen umgebracht werden. Specialiter was vor Stratagemata ſollen gebrauchet werden, kan man hier nicht ſagen; Man muß die Autores leſen, welche hiervon geſchrieben. Den Onoſander, Frontinum, Poliænum &c. Wer die Hiſtorie lieſet, kan immer mehrere finden. Mauritius war ein artifex ſtratagematum, welches auch Famianus Strada, der ſonſt ein Feind von ihm geweſen, geſtehet. Nihil eſt factum, quod non factum ſit prius, in- ventis facile poſſumus aliquid addere. Deßwegen koͤnnen wir hier die Hiſtorie nicht bey Seite ſetzen. Grotius und alle Scriptores Jur. Nat. & Gentium defendiren, auch, daß Stratagemata erlaubt, und der Gerech- tigkeit gemaͤß. Prudentiæ quoque regulæ ſuadent, ut Stratagematibus utamur. Es hat auch ein Frantzoß, Hauteville des Ruſes de Guerre ge- ſchrieben; Aber es kamen faſt keine Stratagementa vor, ſo man nicht ſchon bey den Alten findet. Die Alten haben ſich ſehr appliciret auf die Stratagemata, weil ſie nicht gewuſt, in Belagerungen ſolche forçe zu gebrauchen, wie wir hodie thun. Wenn ich ein honette homme bin, ſo iſt mir freylich kein plaiſir, wenn ich ſolche extremitaͤten brauchen muß, aber es iſt hier nicht zu evitiren, und wenn ich koͤnnte Feuer vom Himmel fallen laſſen, koͤnnte ich ſolches meinem Feinde thun; Ich bin auch der Meynung, daß man gar nichts ſchonen darff, nicht einmahl der Kirchen, weil ſonſt die Leute alle ihre Sachen dahin bringen, man kan ja leicht wieder eine neue Kirche bauen. Hernach muß auch einer eine circumvallations-Linie haben, damit nichts in die Stadt hinein kommen kan. Wie Churfuͤrſt Moriz Magdeburg belagerte, ſo konnte auf der andern Seite aller proviant hinein geſchaffet werden, her- nach aber wurde eine circumvallations-Linie herum gezogen, da gieng es bald uͤber. §. 31. Wie ſich die Obſeſſi verhalten ſollen, hat Pere Daniel ge-Von Belage- geben, H h h 3
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gleich, wenn er nur todt iſt; Daher ſind auch die Stratagemata ab omni
ævo beliebet worden. Nur hat man nicht gerne leiden wollen, veno
uti, in lectionibus J. N. wird aber gezeiget, daß es angehet. Der
Czaar hat nicht ungeſcheut gethan, daß, wie die Peſt unter ſeine Leute
kommen, er viele Coͤrper ins Waſſer geworffen, daß die Peſt nach Re-
val kommen; Hier iſt kein dolus, ſo wenig als man im Kriege das
Todſchlagen vor ſuͤndlich haͤlt, da ſo viel tauſend Menſchen umgebracht
werden. Specialiter was vor Stratagemata ſollen gebrauchet werden,
kan man hier nicht ſagen; Man muß die Autores leſen, welche hiervon
geſchrieben. Den Onoſander, Frontinum, Poliænum &c. Wer die
Hiſtorie lieſet, kan immer mehrere finden. Mauritius war ein artifex
ſtratagematum, welches auch Famianus Strada, der ſonſt ein Feind von
ihm geweſen, geſtehet. Nihil eſt factum, quod non factum ſit prius, in-
ventis facile poſſumus aliquid addere. Deßwegen koͤnnen wir hier die
Hiſtorie nicht bey Seite ſetzen. Grotius und alle Scriptores Jur. Nat.
& Gentium defendiren, auch, daß Stratagemata erlaubt, und der Gerech-
tigkeit gemaͤß. Prudentiæ quoque regulæ ſuadent, ut Stratagematibus
utamur. Es hat auch ein Frantzoß, Hauteville des Ruſes de Guerre ge-
ſchrieben; Aber es kamen faſt keine Stratagementa vor, ſo man nicht
ſchon bey den Alten findet. Die Alten haben ſich ſehr appliciret auf
die Stratagemata, weil ſie nicht gewuſt, in Belagerungen ſolche forçe
zu gebrauchen, wie wir hodie thun. Wenn ich ein honette homme bin,
ſo iſt mir freylich kein plaiſir, wenn ich ſolche extremitaͤten brauchen
muß, aber es iſt hier nicht zu evitiren, und wenn ich koͤnnte Feuer vom
Himmel fallen laſſen, koͤnnte ich ſolches meinem Feinde thun; Ich bin
auch der Meynung, daß man gar nichts ſchonen darff, nicht einmahl
der Kirchen, weil ſonſt die Leute alle ihre Sachen dahin bringen, man
kan ja leicht wieder eine neue Kirche bauen. Hernach muß auch einer
eine circumvallations-Linie haben, damit nichts in die Stadt hinein
kommen kan. Wie Churfuͤrſt Moriz Magdeburg belagerte, ſo konnte
auf der andern Seite aller proviant hinein geſchaffet werden, her-
nach aber wurde eine circumvallations-Linie herum gezogen, da gieng
es bald uͤber.
§. 31. Wie ſich die Obſeſſi verhalten ſollen, hat Pere Daniel ge-
wieſen. Man kan ihn allerdings allhier allegiren, denn was wir Gutes ha-
ben, ratione der artillerie, der attaquen haben wir alles von den Fran-
tzoſen gelernet, das andere ſind generalia, e. g. daß man muß Achtung
geben,
Von Belage-
rungen.
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