Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia General traurig siehet, so bringt er seine Armee auch in Traurigkeit.Puffendorff und viele andere Scriptores haben regardiret, daß, wie der Tylli bey Leipzig geschlagen worden, und aus seinen vortheilhafftigen Lager heraus gerucket, und gesehen, daß die Schweden und Sachsen sich ziemlich halten, wäre er den halben Tag gantz discontenacirt gewe- sen, und hätte offt nicht gewust, was er gesaget; Der terror habe sich ausgebreitet, und sey hernach die bataille verlohren gangen. Sie haben auch wahr genommen, daß, wie der VVallenstein bey Leipzig geschlagen worden, sey er auch discontenacirt gewesen, habe kein Wort geredet, und nur mit dem Kopfe gewincket. Hergegen Gustav Adolph war maxime alacris, und hat seine Leute encouragiret, das war eine Thorheit vom VVallenstein, daß er sich erkundigen lassen, wie die constellation beschaf- fen. Als er nun hörete, daß dieselbe nicht gut, wollte er die Schlacht evitiren; Aber der König in Schweden wollte nicht warten. Bayle in seinen Pensees diverses, sur la Comete hat dieses angeführet und gewie- sen, was manche Generals vor Thoren wären. Von Bürgern ist sol- ches nicht zu verwundern; Aber grosse Generals sollten nicht darauf fal- len; Daher ist gut, wenn ein Officier kan seine Leute harangiren. Der Kayser hat in der Schlacht beym Weissenberg die Pfaffen gebraucht, welche ein crucifix im Händen gehabt, durch die Glieder geritten, und die Leute encouragiret, sie sollten wacker fechten, sie hätten eine Offen- bahrung von der Maria, daß sie gewiß victorisiren würden. In des Baillets Leben des Cartesii kan man hiervon Nachricht finden: Denn Cartesius ist als Voluntaire mit in der Schlacht gewesen. Der Fürst von Anhalt hat die Pfältzische Armee commandiret, und schon die Kay- serliche Cavallerie über den Hauffen geworffen, die Pfaffen haben aber doch noch verursachet, daß die Kayserlichen victorisiret. stratagemati- bus, ob solche erlaubt? §. 30. Quaer. An Stratagematibus sit utendum? Respond. Die alle
Cap. V. De prudentia General traurig ſiehet, ſo bringt er ſeine Armee auch in Traurigkeit.Puffendorff und viele andere Scriptores haben regardiret, daß, wie der Tylli bey Leipzig geſchlagen worden, und aus ſeinen vortheilhafftigen Lager heraus gerucket, und geſehen, daß die Schweden und Sachſen ſich ziemlich halten, waͤre er den halben Tag gantz diſcontenacirt gewe- ſen, und haͤtte offt nicht gewuſt, was er geſaget; Der terror habe ſich ausgebreitet, und ſey hernach die bataille verlohren gangen. Sie haben auch wahr genommen, daß, wie der VVallenſtein bey Leipzig geſchlagen worden, ſey er auch diſcontenacirt geweſen, habe kein Wort geredet, und nur mit dem Kopfe gewincket. Hergegen Guſtav Adolph war maxime alacris, und hat ſeine Leute encouragiret, das war eine Thorheit vom VVallenſtein, daß er ſich erkundigen laſſen, wie die conſtellation beſchaf- fen. Als er nun hoͤrete, daß dieſelbe nicht gut, wollte er die Schlacht evitiren; Aber der Koͤnig in Schweden wollte nicht warten. Bayle in ſeinen Penſées diverſes, ſur la Comete hat dieſes angefuͤhret und gewie- ſen, was manche Generals vor Thoren waͤren. Von Buͤrgern iſt ſol- ches nicht zu verwundern; Aber groſſe Generals ſollten nicht darauf fal- len; Daher iſt gut, wenn ein Officier kan ſeine Leute harangiren. Der Kayſer hat in der Schlacht beym Weiſſenberg die Pfaffen gebraucht, welche ein crucifix im Haͤnden gehabt, durch die Glieder geritten, und die Leute encouragiret, ſie ſollten wacker fechten, ſie haͤtten eine Offen- bahrung von der Maria, daß ſie gewiß victoriſiren wuͤrden. In des Baillets Leben des Carteſii kan man hiervon Nachricht finden: Denn Carteſius iſt als Voluntaire mit in der Schlacht geweſen. Der Fuͤrſt von Anhalt hat die Pfaͤltziſche Armee commandiret, und ſchon die Kay- ſerliche Cavallerie uͤber den Hauffen geworffen, die Pfaffen haben aber doch noch verurſachet, daß die Kayſerlichen victoriſiret. ſtratagemati- bus, ob ſolche erlaubt? §. 30. Quær. An Stratagematibus ſit utendum? Reſpond. Die alle
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0448" n="428"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi></hi> V. De prudentia</hi></fw><lb/> General traurig ſiehet, ſo bringt er ſeine Armee auch in Traurigkeit.<lb/><hi rendition="#aq">Puffendorff</hi> und viele andere <hi rendition="#aq">Scriptores</hi> haben <hi rendition="#aq">regardi</hi>ret, daß, wie der<lb/><hi rendition="#aq">Tylli</hi> bey Leipzig geſchlagen worden, und aus ſeinen vortheilhafftigen<lb/> Lager heraus gerucket, und geſehen, daß die Schweden und Sachſen<lb/> ſich ziemlich halten, waͤre er den halben Tag gantz <hi rendition="#aq">diſcontenaci</hi>rt gewe-<lb/> ſen, und haͤtte offt nicht gewuſt, was er geſaget; Der <hi rendition="#aq">terror</hi> habe ſich<lb/> ausgebreitet, und ſey hernach die <hi rendition="#aq">bataille</hi> verlohren gangen. Sie haben<lb/> auch wahr genommen, daß, wie der <hi rendition="#aq">VVallenſtein</hi> bey Leipzig geſchlagen<lb/> worden, ſey er auch <hi rendition="#aq">diſcontenaci</hi>rt geweſen, habe kein Wort geredet, und<lb/> nur mit dem Kopfe gewincket. Hergegen <hi rendition="#aq">Guſtav Adolph</hi> war <hi rendition="#aq">maxime<lb/> alacris,</hi> und hat ſeine Leute <hi rendition="#aq">encouragi</hi>ret, das war eine Thorheit vom<lb/><hi rendition="#aq">VVallenſtein,</hi> daß er ſich erkundigen laſſen, wie die <hi rendition="#aq">conſtellation</hi> beſchaf-<lb/> fen. Als er nun hoͤrete, daß dieſelbe nicht gut, wollte er die Schlacht<lb/><hi rendition="#aq">eviti</hi>ren; Aber der Koͤnig in Schweden wollte nicht warten. <hi rendition="#aq">Bayle</hi> in<lb/> ſeinen <hi rendition="#aq">Penſées diverſes, ſur la Comete</hi> hat dieſes angefuͤhret und gewie-<lb/> ſen, was manche Generals vor Thoren waͤren. Von Buͤrgern iſt ſol-<lb/> ches nicht zu verwundern; Aber groſſe Generals ſollten nicht darauf fal-<lb/> len; Daher iſt gut, wenn ein <hi rendition="#aq">Officier</hi> kan ſeine Leute <hi rendition="#aq">harangi</hi>ren. Der<lb/> Kayſer hat in der Schlacht beym Weiſſenberg die Pfaffen gebraucht,<lb/> welche ein <hi rendition="#aq">crucifix</hi> im Haͤnden gehabt, durch die Glieder geritten, und<lb/> die Leute <hi rendition="#aq">encouragi</hi>ret, ſie ſollten wacker fechten, ſie haͤtten eine Offen-<lb/> bahrung von der <hi rendition="#aq">Maria,</hi> daß ſie gewiß <hi rendition="#aq">victoriſi</hi>ren wuͤrden. In des<lb/><hi rendition="#aq">Baillets</hi> Leben des <hi rendition="#aq">Carteſii</hi> kan man hiervon Nachricht finden: Denn<lb/><hi rendition="#aq">Carteſius</hi> iſt als <hi rendition="#aq">Voluntaire</hi> mit in der Schlacht geweſen. Der Fuͤrſt<lb/> von Anhalt hat die Pfaͤltziſche Armee <hi rendition="#aq">commandi</hi>ret, und ſchon die Kay-<lb/> ſerliche <hi rendition="#aq">Cavallerie</hi> uͤber den Hauffen geworffen, die Pfaffen haben aber<lb/> doch noch verurſachet, daß die Kayſerlichen <hi rendition="#aq">victoriſi</hi>ret.</p><lb/> <note place="left">Von denen<lb/><hi rendition="#aq">ſtratagemati-<lb/> bus,</hi> ob ſolche<lb/> erlaubt?</note> <p>§. 30. <hi rendition="#aq">Quær. An Stratagematibus ſit utendum? Reſpond.</hi> Die<lb/> den Sinn des <hi rendition="#aq">Alexandri</hi> haben, ſagen Nein, man muͤſſe alles <hi rendition="#aq">aperto<lb/> marte</hi> thun. Wer aber geſcheut iſt, ſiehet den <hi rendition="#aq">finem belli</hi> an. <hi rendition="#aq">Finis<lb/> belli</hi> iſt, daß wir uns wollen <hi rendition="#aq">defendi</hi>ren, und das Gluͤck haben, daß un-<lb/> ſer Feind ſoll todt ſeyn. Was ſoll nun eben alles <hi rendition="#aq">aperto marte</hi> geſche-<lb/> hen? Ein <hi rendition="#aq">privat-</hi>Mann wird freylich als ein <hi rendition="#aq">Larron</hi> angeſehen, wenn<lb/> er einen heimlich ums Leben bringet, und findet man, daß die Teutſchen<lb/> einen ſolchen mit dem Tode beſtrafft; Da hergegen derjenige, welcher<lb/> einem im <hi rendition="#aq">duell</hi> ums Leben gebracht, mit keiner Todes-Straffe beleget<lb/> worden; Indeſſen aber iſt <hi rendition="#aq">abſurd</hi> bey gantzen <hi rendition="#aq">gentibus</hi> ſo zu <hi rendition="#aq">raiſonni</hi>ren.<lb/> Du willſt mich todt haben oder zum Sclaven machen, da muß ich<lb/> vorbeugen; Mein Feind muß ſich vorſehen, ich muß es auch thun, auf<lb/> <fw place="bottom" type="catch">alle</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [428/0448]
Cap. V. De prudentia
General traurig ſiehet, ſo bringt er ſeine Armee auch in Traurigkeit.
Puffendorff und viele andere Scriptores haben regardiret, daß, wie der
Tylli bey Leipzig geſchlagen worden, und aus ſeinen vortheilhafftigen
Lager heraus gerucket, und geſehen, daß die Schweden und Sachſen
ſich ziemlich halten, waͤre er den halben Tag gantz diſcontenacirt gewe-
ſen, und haͤtte offt nicht gewuſt, was er geſaget; Der terror habe ſich
ausgebreitet, und ſey hernach die bataille verlohren gangen. Sie haben
auch wahr genommen, daß, wie der VVallenſtein bey Leipzig geſchlagen
worden, ſey er auch diſcontenacirt geweſen, habe kein Wort geredet, und
nur mit dem Kopfe gewincket. Hergegen Guſtav Adolph war maxime
alacris, und hat ſeine Leute encouragiret, das war eine Thorheit vom
VVallenſtein, daß er ſich erkundigen laſſen, wie die conſtellation beſchaf-
fen. Als er nun hoͤrete, daß dieſelbe nicht gut, wollte er die Schlacht
evitiren; Aber der Koͤnig in Schweden wollte nicht warten. Bayle in
ſeinen Penſées diverſes, ſur la Comete hat dieſes angefuͤhret und gewie-
ſen, was manche Generals vor Thoren waͤren. Von Buͤrgern iſt ſol-
ches nicht zu verwundern; Aber groſſe Generals ſollten nicht darauf fal-
len; Daher iſt gut, wenn ein Officier kan ſeine Leute harangiren. Der
Kayſer hat in der Schlacht beym Weiſſenberg die Pfaffen gebraucht,
welche ein crucifix im Haͤnden gehabt, durch die Glieder geritten, und
die Leute encouragiret, ſie ſollten wacker fechten, ſie haͤtten eine Offen-
bahrung von der Maria, daß ſie gewiß victoriſiren wuͤrden. In des
Baillets Leben des Carteſii kan man hiervon Nachricht finden: Denn
Carteſius iſt als Voluntaire mit in der Schlacht geweſen. Der Fuͤrſt
von Anhalt hat die Pfaͤltziſche Armee commandiret, und ſchon die Kay-
ſerliche Cavallerie uͤber den Hauffen geworffen, die Pfaffen haben aber
doch noch verurſachet, daß die Kayſerlichen victoriſiret.
§. 30. Quær. An Stratagematibus ſit utendum? Reſpond. Die
den Sinn des Alexandri haben, ſagen Nein, man muͤſſe alles aperto
marte thun. Wer aber geſcheut iſt, ſiehet den finem belli an. Finis
belli iſt, daß wir uns wollen defendiren, und das Gluͤck haben, daß un-
ſer Feind ſoll todt ſeyn. Was ſoll nun eben alles aperto marte geſche-
hen? Ein privat-Mann wird freylich als ein Larron angeſehen, wenn
er einen heimlich ums Leben bringet, und findet man, daß die Teutſchen
einen ſolchen mit dem Tode beſtrafft; Da hergegen derjenige, welcher
einem im duell ums Leben gebracht, mit keiner Todes-Straffe beleget
worden; Indeſſen aber iſt abſurd bey gantzen gentibus ſo zu raiſonniren.
Du willſt mich todt haben oder zum Sclaven machen, da muß ich
vorbeugen; Mein Feind muß ſich vorſehen, ich muß es auch thun, auf
alle
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |