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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V. De prudentia
halten haben, den Czaar zu dethronisiren. Eine eintzige bataille bringt
mich um Cron und Scepter. Von Friderico V. hat man gesagt, daß er
es nicht hätte sollen auf die bataille bey Prag ankommen lassen, sondern
sich erst nach und nach aggrandiren, weil die Kayserlichen ohne dem we-
nig Mund-proviant mehr gehabt. Es ist gefährlicher zu streiten cum
fame & siti,
als mit dem Feind. Man hat nicht allezeit so viel force
eine bataille zu liefern, der gemeine Mann hat nichts von einem Mon-
tecuculi,
der cunctiret, der will immer gerne bataillen sehen, und hält sol-
che vor einen Verächter, wie man von Printz Louis gedacht, welches
er aber in der That nicht gewesen. Wider die Türcken hat er offt ge-
schlagen, aber wie er mit dem Frantzosen zu thun hatte, so machte er es
wie der Montecuculi, zog bald hier, bald da hin: Denn die Teutschen
haben nicht allezeit dasjenige, was zu einer bataille erfordert wird; Da
fehlet es offt an fourage, artillerie. Andere haben es wollen besser ma-
chen, und übernahm der Marckgraf von Bareuth das commando,
danckete aber ab, und konnte nicht fort kommen. Nachgehends bekam
es der Churfürst von Hannover, der danckete aber auch ab. Biswei-
len aber ist es höchst nöthig nicht zu batailliren, sonderlich, wenn der
Feind courage hat. Man hat den Tallard verdacht, daß er die
Schlacht bey Höchstädt lassen vor sich gehen, da unsere Teutschen
Trouppen courage hatten, und die Englischen kamen darzu, welche noch
das Ochsen-Fleisch im Magen hatten. Der Turenne schlug nicht,
wenn er nicht fast den Sieg in Händen gehabt. Noch ein unvergleich-
liches Exempel kömmt vor, da der Hertzog Bernhard den Hertzog von
Feria, welcher mit dreyßig tausend Mann Italiänischer und Spanischer
Trouppen aus Italien kam, aus Tyrol nach Schwaben gezogen, und
wie der Hertzog von Feria meynete, es würde zur bataille kommen, gieng
Bernhard nach Francken, von dar zog er den Feria an Rheinstrohm, da
dessen Armee nichts zu fressen gehabt, und gantz ruiniret worden. Ja-
cobus Zevecotius
in seinen notis politicis ad Caesarem, Suetonium & Flo-
rum
hat artige Sachen hiervon beygebracht. Die Römer haben
cunctando den Hannibal überwunden: Denn Hannibal wäre maitre
von Rom worden, wenn Fabius nicht gewesen, welcher bald da, bald
dort hin marchiret, und den Hannibal müde gemacht. Dieses gehet
sonderlich an in einem Lande, welches groß ist, als in Pohlen. Dicis:
Da laufft man ja vor dem Feind? Respond. Das thut nichts, es kömmt
wohl die Zeit, daß mit Vortheil eine bataille kan geliefert werden. Der
König VVilliam in Engeland wird getadelt, daß er alles auf decisive ba-

taillen

Cap. V. De prudentia
halten haben, den Czaar zu dethroniſiren. Eine eintzige bataille bringt
mich um Cron und Scepter. Von Friderico V. hat man geſagt, daß er
es nicht haͤtte ſollen auf die bataille bey Prag ankommen laſſen, ſondern
ſich erſt nach und nach aggrandiren, weil die Kayſerlichen ohne dem we-
nig Mund-proviant mehr gehabt. Es iſt gefaͤhrlicher zu ſtreiten cum
fame & ſiti,
als mit dem Feind. Man hat nicht allezeit ſo viel force
eine bataille zu liefern, der gemeine Mann hat nichts von einem Mon-
tecuculi,
der cunctiret, der will immer gerne bataillen ſehen, und haͤlt ſol-
che vor einen Veraͤchter, wie man von Printz Louis gedacht, welches
er aber in der That nicht geweſen. Wider die Tuͤrcken hat er offt ge-
ſchlagen, aber wie er mit dem Frantzoſen zu thun hatte, ſo machte er es
wie der Montecuculi, zog bald hier, bald da hin: Denn die Teutſchen
haben nicht allezeit dasjenige, was zu einer bataille erfordert wird; Da
fehlet es offt an fourage, artillerie. Andere haben es wollen beſſer ma-
chen, und uͤbernahm der Marckgraf von Bareuth das commando,
danckete aber ab, und konnte nicht fort kommen. Nachgehends bekam
es der Churfuͤrſt von Hannover, der danckete aber auch ab. Biswei-
len aber iſt es hoͤchſt noͤthig nicht zu batailliren, ſonderlich, wenn der
Feind courage hat. Man hat den Tallard verdacht, daß er die
Schlacht bey Hoͤchſtaͤdt laſſen vor ſich gehen, da unſere Teutſchen
Trouppen courage hatten, und die Engliſchen kamen darzu, welche noch
das Ochſen-Fleiſch im Magen hatten. Der Turenne ſchlug nicht,
wenn er nicht faſt den Sieg in Haͤnden gehabt. Noch ein unvergleich-
liches Exempel koͤmmt vor, da der Hertzog Bernhard den Hertzog von
Feria, welcher mit dreyßig tauſend Mann Italiaͤniſcher und Spaniſcher
Trouppen aus Italien kam, aus Tyrol nach Schwaben gezogen, und
wie der Hertzog von Feria meynete, es wuͤrde zur bataille kommen, gieng
Bernhard nach Francken, von dar zog er den Feria an Rheinſtrohm, da
deſſen Armee nichts zu freſſen gehabt, und gantz ruiniret worden. Ja-
cobus Zevecotius
in ſeinen notis politicis ad Cæſarem, Suetonium & Flo-
rum
hat artige Sachen hiervon beygebracht. Die Roͤmer haben
cunctando den Hannibal uͤberwunden: Denn Hannibal waͤre maitre
von Rom worden, wenn Fabius nicht geweſen, welcher bald da, bald
dort hin marchiret, und den Hannibal muͤde gemacht. Dieſes gehet
ſonderlich an in einem Lande, welches groß iſt, als in Pohlen. Dicis:
Da laufft man ja vor dem Feind? Reſpond. Das thut nichts, es koͤmmt
wohl die Zeit, daß mit Vortheil eine bataille kan geliefert werden. Der
Koͤnig VVilliam in Engeland wird getadelt, daß er alles auf deciſive ba-

taillen
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[422/0442] Cap. V. De prudentia halten haben, den Czaar zu dethroniſiren. Eine eintzige bataille bringt mich um Cron und Scepter. Von Friderico V. hat man geſagt, daß er es nicht haͤtte ſollen auf die bataille bey Prag ankommen laſſen, ſondern ſich erſt nach und nach aggrandiren, weil die Kayſerlichen ohne dem we- nig Mund-proviant mehr gehabt. Es iſt gefaͤhrlicher zu ſtreiten cum fame & ſiti, als mit dem Feind. Man hat nicht allezeit ſo viel force eine bataille zu liefern, der gemeine Mann hat nichts von einem Mon- tecuculi, der cunctiret, der will immer gerne bataillen ſehen, und haͤlt ſol- che vor einen Veraͤchter, wie man von Printz Louis gedacht, welches er aber in der That nicht geweſen. Wider die Tuͤrcken hat er offt ge- ſchlagen, aber wie er mit dem Frantzoſen zu thun hatte, ſo machte er es wie der Montecuculi, zog bald hier, bald da hin: Denn die Teutſchen haben nicht allezeit dasjenige, was zu einer bataille erfordert wird; Da fehlet es offt an fourage, artillerie. Andere haben es wollen beſſer ma- chen, und uͤbernahm der Marckgraf von Bareuth das commando, danckete aber ab, und konnte nicht fort kommen. Nachgehends bekam es der Churfuͤrſt von Hannover, der danckete aber auch ab. Biswei- len aber iſt es hoͤchſt noͤthig nicht zu batailliren, ſonderlich, wenn der Feind courage hat. Man hat den Tallard verdacht, daß er die Schlacht bey Hoͤchſtaͤdt laſſen vor ſich gehen, da unſere Teutſchen Trouppen courage hatten, und die Engliſchen kamen darzu, welche noch das Ochſen-Fleiſch im Magen hatten. Der Turenne ſchlug nicht, wenn er nicht faſt den Sieg in Haͤnden gehabt. Noch ein unvergleich- liches Exempel koͤmmt vor, da der Hertzog Bernhard den Hertzog von Feria, welcher mit dreyßig tauſend Mann Italiaͤniſcher und Spaniſcher Trouppen aus Italien kam, aus Tyrol nach Schwaben gezogen, und wie der Hertzog von Feria meynete, es wuͤrde zur bataille kommen, gieng Bernhard nach Francken, von dar zog er den Feria an Rheinſtrohm, da deſſen Armee nichts zu freſſen gehabt, und gantz ruiniret worden. Ja- cobus Zevecotius in ſeinen notis politicis ad Cæſarem, Suetonium & Flo- rum hat artige Sachen hiervon beygebracht. Die Roͤmer haben cunctando den Hannibal uͤberwunden: Denn Hannibal waͤre maitre von Rom worden, wenn Fabius nicht geweſen, welcher bald da, bald dort hin marchiret, und den Hannibal muͤde gemacht. Dieſes gehet ſonderlich an in einem Lande, welches groß iſt, als in Pohlen. Dicis: Da laufft man ja vor dem Feind? Reſpond. Das thut nichts, es koͤmmt wohl die Zeit, daß mit Vortheil eine bataille kan geliefert werden. Der Koͤnig VVilliam in Engeland wird getadelt, daß er alles auf deciſive ba- taillen

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/442>, abgerufen am 24.11.2024.