Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia aber nicht allezeit nöthig. Torstensohn gewann zwey bataillen, und ließsich in der Sänffte herum tragen, weil er das podagra hatte. Ziska war blind, hatte aber den Procopium bey sich, welcher ihm sagte, in welcher Gegend er wäre, da er alles commandirte: Denn das commando kömmt auf den Kopff an. Diligens, providus ist das principalste. Ein Gene- ral hat auch vieles zu sehen, nicht allein auf den Feind, sondern auch ob seine Armee subsistiren könne, welcher Ort zu batailliren geschickt: Denn nicht ein jeder Ort ist darzu geschickt, daß sich die Armee recht ausbrei- ten kan. Es kömmt auch viel darauf an, daß er siehet, wer die Sonne oder den Staub im Gesichte habe, wodurch manchen der Rang abge- lauffen worden. Temperans muß ein General seyn. Wir haben viel bataillen per ebrietatem verlohren, und könnte eine gantze Dissertat. de Cladibus per ebrietatem acceptis gehalten werden. Henricus V. hat die Sachsen bey Ingolstadt geschlagen, welche alle voll waren. Tilly war nicht sobrius, und hat Gustav Adolph von ihm gesagt: Er lebte, wie ein Pfaff. Fidelis muß er seyn, worauf viel ankömmt; Daher war übel gethan von dem Kayser, daß er den VVallenstein wieder annahm, und ihm so eine grosse Gewalt gab, da er ihn vorher abgesetzt. Biswei- len muß ein General cunctator seyn, bisweilen aber auch geschwind. Der Montecuculi war ein cunctator, und hat manchmahl mehr ausge- richtet, als wenn er batailliret. Der Printz Louis ebenfalls. Es ist nicht gut allezeit bataillen zu liefern. Der Torstensohn zog sich offt lange herum, ehe er bataillirte. Er war einer von den besten Genera- len, modestus, frugalis, providus und war capable eine Armee zu com- mandiren, welches auch Gustavus Adolphus gesagt. Er wollte nicht ger- ne auf den Teutschen Boden, weil ihn das podagra incommodirte, aber er muste heraus. Carl Gustav hat unter ihm den Krieg gelernet, es fehlete ihm nichts als vigor corporis. Der VVrangel war ein guter General, aber ein Parthey-Gänger. Der Bannier war capable eine Armee zu commandiren, aber nicht capable Magazins zu halten. Es ist nicht genug eine bataille zu gewinnen, sondern derjenige, so die bataille gewinnt, muß auch acht geben, daß dieselbe einen effect hat. Die Ar- mee muß können subsistiren; Victualien, fourage und artillerie muß da seyn, wo dieses nicht ist, so hilfft auch die bataille nichts. So ist es bey denen meisten actionibus des Banniers gegangen, und gehet auch bey andern so. Ein General muß astutus seyn, de futuris können conje- cturiren, und so zu sagen errathen, was der Feind intendiret. Richelieu hat in seinem Testamento Politico die Frage aufgeworffen: Ob es besser sey, wenn ein General, der en chef commandiret, mehr finesse habe als bra-
Cap. V. De prudentia aber nicht allezeit noͤthig. Torſtenſohn gewann zwey bataillen, und ließſich in der Saͤnffte herum tragen, weil er das podagra hatte. Ziska war blind, hatte aber den Procopium bey ſich, welcher ihm ſagte, in welcher Gegend er waͤre, da er alles commandirte: Denn das commando koͤmmt auf den Kopff an. Diligens, providus iſt das principalſte. Ein Gene- ral hat auch vieles zu ſehen, nicht allein auf den Feind, ſondern auch ob ſeine Armee ſubſiſtiren koͤnne, welcher Ort zu batailliren geſchickt: Denn nicht ein jeder Ort iſt darzu geſchickt, daß ſich die Armee recht ausbrei- ten kan. Es koͤmmt auch viel darauf an, daß er ſiehet, wer die Sonne oder den Staub im Geſichte habe, wodurch manchen der Rang abge- lauffen worden. Temperans muß ein General ſeyn. Wir haben viel bataillen per ebrietatem verlohren, und koͤnnte eine gantze Diſſertat. de Cladibus per ebrietatem acceptis gehalten werden. Henricus V. hat die Sachſen bey Ingolſtadt geſchlagen, welche alle voll waren. Tilly war nicht ſobrius, und hat Guſtav Adolph von ihm geſagt: Er lebte, wie ein Pfaff. Fidelis muß er ſeyn, worauf viel ankoͤmmt; Daher war uͤbel gethan von dem Kayſer, daß er den VVallenſtein wieder annahm, und ihm ſo eine groſſe Gewalt gab, da er ihn vorher abgeſetzt. Biswei- len muß ein General cunctator ſeyn, bisweilen aber auch geſchwind. Der Montecuculi war ein cunctator, und hat manchmahl mehr ausge- richtet, als wenn er batailliret. Der Printz Louis ebenfalls. Es iſt nicht gut allezeit bataillen zu liefern. Der Torſtenſohn zog ſich offt lange herum, ehe er bataillirte. Er war einer von den beſten Genera- len, modeſtus, frugalis, providus und war capable eine Armee zu com- mandiren, welches auch Guſtavus Adolphus geſagt. Er wollte nicht ger- ne auf den Teutſchen Boden, weil ihn das podagra incommodirte, aber er muſte heraus. Carl Guſtav hat unter ihm den Krieg gelernet, es fehlete ihm nichts als vigor corporis. Der VVrangel war ein guter General, aber ein Parthey-Gaͤnger. Der Bannier war capable eine Armee zu commandiren, aber nicht capable Magazins zu halten. Es iſt nicht genug eine bataille zu gewinnen, ſondern derjenige, ſo die bataille gewinnt, muß auch acht geben, daß dieſelbe einen effect hat. Die Ar- mee muß koͤnnen ſubſiſtiren; Victualien, fourage und artillerie muß da ſeyn, wo dieſes nicht iſt, ſo hilfft auch die bataille nichts. So iſt es bey denen meiſten actionibus des Banniers gegangen, und gehet auch bey andern ſo. Ein General muß aſtutus ſeyn, de futuris koͤnnen conje- cturiren, und ſo zu ſagen errathen, was der Feind intendiret. Richelieu hat in ſeinem Teſtamento Politico die Frage aufgeworffen: Ob es beſſer ſey, wenn ein General, der en chef commandiret, mehr fineſſe habe als bra-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0432" n="412"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi></hi> V. De prudentia</hi></fw><lb/> aber nicht allezeit noͤthig. <hi rendition="#aq">Torſtenſohn</hi> gewann zwey <hi rendition="#aq">bataill</hi>en, und ließ<lb/> ſich in der Saͤnffte herum tragen, weil er das <hi rendition="#aq">podagra</hi> hatte. <hi rendition="#aq">Ziska</hi> war<lb/> blind, hatte aber den <hi rendition="#aq">Procopium</hi> bey ſich, welcher ihm ſagte, in welcher<lb/> Gegend er waͤre, da er alles <hi rendition="#aq">commandi</hi>rte: Denn das <hi rendition="#aq">commando</hi> koͤmmt<lb/> auf den Kopff an. <hi rendition="#aq">Diligens, providus</hi> iſt das <hi rendition="#aq">principal</hi>ſte. Ein Gene-<lb/> ral hat auch vieles zu ſehen, nicht allein auf den Feind, ſondern auch ob<lb/> ſeine Armee <hi rendition="#aq">ſubſiſti</hi>ren koͤnne, welcher Ort zu <hi rendition="#aq">batailli</hi>ren geſchickt: Denn<lb/> nicht ein jeder Ort iſt darzu geſchickt, daß ſich die Armee recht ausbrei-<lb/> ten kan. Es koͤmmt auch viel darauf an, daß er ſiehet, wer die Sonne<lb/> oder den Staub im Geſichte habe, wodurch manchen der Rang abge-<lb/> lauffen worden. <hi rendition="#aq">Temperans</hi> muß ein General ſeyn. Wir haben viel<lb/><hi rendition="#aq">bataill</hi>en <hi rendition="#aq">per ebrietatem</hi> verlohren, und koͤnnte eine gantze <hi rendition="#aq">Diſſertat. de<lb/> Cladibus per ebrietatem acceptis</hi> gehalten werden. <hi rendition="#aq">Henricus V.</hi> hat die<lb/> Sachſen bey Ingolſtadt geſchlagen, welche alle voll waren. <hi rendition="#aq">Tilly</hi> war<lb/> nicht <hi rendition="#aq">ſobrius,</hi> und hat <hi rendition="#aq">Guſtav Adolph</hi> von ihm geſagt: Er lebte, wie ein<lb/> Pfaff. <hi rendition="#aq">Fidelis</hi> muß er ſeyn, worauf viel ankoͤmmt; Daher war uͤbel<lb/> gethan von dem Kayſer, daß er den <hi rendition="#aq">VVallenſtein</hi> wieder annahm, und<lb/> ihm ſo eine groſſe Gewalt gab, da er ihn vorher abgeſetzt. Biswei-<lb/> len muß ein General <hi rendition="#aq">cunctator</hi> ſeyn, bisweilen aber auch geſchwind.<lb/> Der <hi rendition="#aq">Montecuculi</hi> war ein <hi rendition="#aq">cunctator,</hi> und hat manchmahl mehr ausge-<lb/> richtet, als wenn er <hi rendition="#aq">batailli</hi>ret. Der Printz <hi rendition="#aq">Louis</hi> ebenfalls. Es iſt<lb/> nicht gut allezeit <hi rendition="#aq">bataill</hi>en zu liefern. Der <hi rendition="#aq">Torſtenſohn</hi> zog ſich offt<lb/> lange herum, ehe er <hi rendition="#aq">batailli</hi>rte. Er war einer von den beſten Genera-<lb/> len, <hi rendition="#aq">modeſtus, frugalis, providus</hi> und war <hi rendition="#aq">capable</hi> eine Armee zu <hi rendition="#aq">com-<lb/> mandi</hi>ren, welches auch <hi rendition="#aq">Guſtavus Adolphus</hi> geſagt. Er wollte nicht ger-<lb/> ne auf den Teutſchen Boden, weil ihn das <hi rendition="#aq">podagra incommodi</hi>rte,<lb/> aber er muſte heraus. <hi rendition="#aq">Carl Guſtav</hi> hat unter ihm den Krieg gelernet,<lb/> es fehlete ihm nichts als <hi rendition="#aq">vigor corporis.</hi> Der <hi rendition="#aq">VVrangel</hi> war ein guter<lb/> General, aber ein Parthey-Gaͤnger. Der <hi rendition="#aq">Bannier</hi> war <hi rendition="#aq">capable</hi> eine<lb/> Armee zu <hi rendition="#aq">commandi</hi>ren, aber nicht <hi rendition="#aq">capable Magazins</hi> zu halten. Es iſt<lb/> nicht genug eine <hi rendition="#aq">bataille</hi> zu gewinnen, ſondern derjenige, ſo die <hi rendition="#aq">bataille</hi><lb/> gewinnt, muß auch acht geben, daß dieſelbe einen <hi rendition="#aq">effect</hi> hat. Die Ar-<lb/> mee muß koͤnnen <hi rendition="#aq">ſubſiſti</hi>ren; <hi rendition="#aq">Victuali</hi>en, <hi rendition="#aq">fourage</hi> und <hi rendition="#aq">artillerie</hi> muß da<lb/> ſeyn, wo dieſes nicht iſt, ſo hilfft auch die <hi rendition="#aq">bataille</hi> nichts. So iſt es<lb/> bey denen meiſten <hi rendition="#aq">actionibus</hi> des <hi rendition="#aq">Banniers</hi> gegangen, und gehet auch bey<lb/> andern ſo. Ein General muß <hi rendition="#aq">aſtutus</hi> ſeyn, <hi rendition="#aq">de futuris</hi> koͤnnen <hi rendition="#aq">conje-<lb/> cturi</hi>ren, und ſo zu ſagen errathen, was der Feind <hi rendition="#aq">intendi</hi>ret. <hi rendition="#aq">Richelieu</hi><lb/> hat in ſeinem <hi rendition="#aq">Teſtamento Politico</hi> die Frage aufgeworffen: Ob es beſſer<lb/> ſey, wenn ein General, der <hi rendition="#aq">en chef commandi</hi>ret, mehr <hi rendition="#aq">fineſſe</hi> habe als<lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">bra-</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [412/0432]
Cap. V. De prudentia
aber nicht allezeit noͤthig. Torſtenſohn gewann zwey bataillen, und ließ
ſich in der Saͤnffte herum tragen, weil er das podagra hatte. Ziska war
blind, hatte aber den Procopium bey ſich, welcher ihm ſagte, in welcher
Gegend er waͤre, da er alles commandirte: Denn das commando koͤmmt
auf den Kopff an. Diligens, providus iſt das principalſte. Ein Gene-
ral hat auch vieles zu ſehen, nicht allein auf den Feind, ſondern auch ob
ſeine Armee ſubſiſtiren koͤnne, welcher Ort zu batailliren geſchickt: Denn
nicht ein jeder Ort iſt darzu geſchickt, daß ſich die Armee recht ausbrei-
ten kan. Es koͤmmt auch viel darauf an, daß er ſiehet, wer die Sonne
oder den Staub im Geſichte habe, wodurch manchen der Rang abge-
lauffen worden. Temperans muß ein General ſeyn. Wir haben viel
bataillen per ebrietatem verlohren, und koͤnnte eine gantze Diſſertat. de
Cladibus per ebrietatem acceptis gehalten werden. Henricus V. hat die
Sachſen bey Ingolſtadt geſchlagen, welche alle voll waren. Tilly war
nicht ſobrius, und hat Guſtav Adolph von ihm geſagt: Er lebte, wie ein
Pfaff. Fidelis muß er ſeyn, worauf viel ankoͤmmt; Daher war uͤbel
gethan von dem Kayſer, daß er den VVallenſtein wieder annahm, und
ihm ſo eine groſſe Gewalt gab, da er ihn vorher abgeſetzt. Biswei-
len muß ein General cunctator ſeyn, bisweilen aber auch geſchwind.
Der Montecuculi war ein cunctator, und hat manchmahl mehr ausge-
richtet, als wenn er batailliret. Der Printz Louis ebenfalls. Es iſt
nicht gut allezeit bataillen zu liefern. Der Torſtenſohn zog ſich offt
lange herum, ehe er bataillirte. Er war einer von den beſten Genera-
len, modeſtus, frugalis, providus und war capable eine Armee zu com-
mandiren, welches auch Guſtavus Adolphus geſagt. Er wollte nicht ger-
ne auf den Teutſchen Boden, weil ihn das podagra incommodirte,
aber er muſte heraus. Carl Guſtav hat unter ihm den Krieg gelernet,
es fehlete ihm nichts als vigor corporis. Der VVrangel war ein guter
General, aber ein Parthey-Gaͤnger. Der Bannier war capable eine
Armee zu commandiren, aber nicht capable Magazins zu halten. Es iſt
nicht genug eine bataille zu gewinnen, ſondern derjenige, ſo die bataille
gewinnt, muß auch acht geben, daß dieſelbe einen effect hat. Die Ar-
mee muß koͤnnen ſubſiſtiren; Victualien, fourage und artillerie muß da
ſeyn, wo dieſes nicht iſt, ſo hilfft auch die bataille nichts. So iſt es
bey denen meiſten actionibus des Banniers gegangen, und gehet auch bey
andern ſo. Ein General muß aſtutus ſeyn, de futuris koͤnnen conje-
cturiren, und ſo zu ſagen errathen, was der Feind intendiret. Richelieu
hat in ſeinem Teſtamento Politico die Frage aufgeworffen: Ob es beſſer
ſey, wenn ein General, der en chef commandiret, mehr fineſſe habe als
bra-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |