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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V. De prudentia
Wenn er aber Zeit gehabt, habe er offene Tafel gehalten, und gerne ge-
sehen, daß andere mit ihm gegessen. Er sagt auch, daß, wenn ein Of-
ficier
Geld habe, er wohl thäte, wenn er eine gute Tafel halte, theils
könne er sich dadurch bey Vornehmen insinuiren, theils würden auch
manche arme Officiers froh, wenn sie einmahl bey ihm könnten mit spei-
sen; Fressen und sauffen muß man nicht, wie bey Speyerbach die Teut-
schen gethan, welche von dem Tallard überfallen, und totaliter geschla-
gen worden. Montecuculi saget, er habe von andern Regimentern Of-
ficiers
zu Gaste gebethen, die ihm offt grosse Dienste gethan. Die di-
sciplina
thut sehr viel. Lipsius hat gewiesen, daß es bey denen Römern
auch scharff gewesen. Es sind viel unter denen Soldaten, die müssen
im Zaum gehalten werden, daher muß der Soldat Prügel haben, doch
muß der Officier einen Unterscheid machen: denn es können einige seyn,
so ein point d'honneur haben, die muß er anders tractiren.

Von den Ge-
nerals, und ob
einem allein
das comman-
do
anzuver-
trauen?

§. 16. Es entstehet die Frage, de numero ducum primariorum.
Man verstehet hier nicht einen jeden General, sondern einen General-
Feld-Marschall, oder General-Lieutenant, der die Armee en chef com-
mandi
ret. Bisweilen hat man hohe Ursach, einem nicht allein das
commando zu geben. Wir haben ein Exempel an der excessiven Gewalt,
welche dem VVallenstein in seiner Bestallung gegeben worden, und wahr-
genommen, daß dieselbe fast zum Nachtheil des Kaysers ausgeschlagen;
und also sollte scheinen, daß es besser summum imperium inter plures esse
divisum.
Es ist kein Zweiffel, daß eine solche Gewalt durch eins seine
caprice alles verderben kan; Daher auch die Holländer keinen allein
commandiren lassen, sondern es sind allemahl deputirten von den Ge-
neral-Staaten bey der Armee, welche acht geben, daß sich der Dux nicht
übereilet. Also ist nicht zu läugnen, daß es nicht allezeit gut, einem al-
lein das commando anzuvertrauen. Allein hier ist eine quaestio proble-
matica, relativa, comparativa.
In comparationibus kan man die Sache
sein Lebtage nicht ausmachen. In einer Absicht ist es gut. Viele po-
litische quaestiones kan man in utramque partem defendiren, wie Hessen-
thaler
in seinem Athleta Politico gewiesen, welches Buch sehr zu recom-
mandi
ren. Man kan sein Lebtage keine quaestion absolute decidiren,
sondern ein anderer kan allezeit etwas in contrarium beybringen. Wir
wissen, daß wann etliche mit einander commandiren, solche mehrentheils
unter einander uneinig werden. Wie Land-Graf Philipp von Hessen,
und Johann Friedrich von Sachsen bey Landshuth commandiret, so hat-
ten die beyden Herren mit einander gezancket, und einer immer die Sa-
che besser verstehen wollen, als der andere; Hernach gieng gar Hanns

Frie-

Cap. V. De prudentia
Wenn er aber Zeit gehabt, habe er offene Tafel gehalten, und gerne ge-
ſehen, daß andere mit ihm gegeſſen. Er ſagt auch, daß, wenn ein Of-
ficier
Geld habe, er wohl thaͤte, wenn er eine gute Tafel halte, theils
koͤnne er ſich dadurch bey Vornehmen inſinuiren, theils wuͤrden auch
manche arme Officiers froh, wenn ſie einmahl bey ihm koͤnnten mit ſpei-
ſen; Freſſen und ſauffen muß man nicht, wie bey Speyerbach die Teut-
ſchen gethan, welche von dem Tallard uͤberfallen, und totaliter geſchla-
gen worden. Montecuculi ſaget, er habe von andern Regimentern Of-
ficiers
zu Gaſte gebethen, die ihm offt groſſe Dienſte gethan. Die di-
ſciplina
thut ſehr viel. Lipſius hat gewieſen, daß es bey denen Roͤmern
auch ſcharff geweſen. Es ſind viel unter denen Soldaten, die muͤſſen
im Zaum gehalten werden, daher muß der Soldat Pruͤgel haben, doch
muß der Officier einen Unterſcheid machen: denn es koͤnnen einige ſeyn,
ſo ein point d’honneur haben, die muß er anders tractiren.

Von den Ge-
nerals, und ob
einem allein
das comman-
do
anzuver-
trauen?

§. 16. Es entſtehet die Frage, de numero ducum primariorum.
Man verſtehet hier nicht einen jeden General, ſondern einen General-
Feld-Marſchall, oder General-Lieutenant, der die Armee en chef com-
mandi
ret. Bisweilen hat man hohe Urſach, einem nicht allein das
commando zu geben. Wir haben ein Exempel an der exceſſiven Gewalt,
welche dem VVallenſtein in ſeiner Beſtallung gegeben worden, und wahr-
genommen, daß dieſelbe faſt zum Nachtheil des Kayſers ausgeſchlagen;
und alſo ſollte ſcheinen, daß es beſſer ſummum imperium inter plures eſſe
diviſum.
Es iſt kein Zweiffel, daß eine ſolche Gewalt durch eins ſeine
caprice alles verderben kan; Daher auch die Hollaͤnder keinen allein
commandiren laſſen, ſondern es ſind allemahl deputirten von den Ge-
neral-Staaten bey der Armee, welche acht geben, daß ſich der Dux nicht
uͤbereilet. Alſo iſt nicht zu laͤugnen, daß es nicht allezeit gut, einem al-
lein das commando anzuvertrauen. Allein hier iſt eine quæſtio proble-
matica, relativa, comparativa.
In comparationibus kan man die Sache
ſein Lebtage nicht ausmachen. In einer Abſicht iſt es gut. Viele po-
litiſche quæſtiones kan man in utramque partem defendiren, wie Heſſen-
thaler
in ſeinem Athleta Politico gewieſen, welches Buch ſehr zu recom-
mandi
ren. Man kan ſein Lebtage keine quæſtion abſolute decidiren,
ſondern ein anderer kan allezeit etwas in contrarium beybringen. Wir
wiſſen, daß wann etliche mit einander commandiren, ſolche mehrentheils
unter einander uneinig werden. Wie Land-Graf Philipp von Heſſen,
und Johann Friedrich von Sachſen bey Landshuth commandiret, ſo hat-
ten die beyden Herren mit einander gezancket, und einer immer die Sa-
che beſſer verſtehen wollen, als der andere; Hernach gieng gar Hanns

Frie-
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[408/0428] Cap. V. De prudentia Wenn er aber Zeit gehabt, habe er offene Tafel gehalten, und gerne ge- ſehen, daß andere mit ihm gegeſſen. Er ſagt auch, daß, wenn ein Of- ficier Geld habe, er wohl thaͤte, wenn er eine gute Tafel halte, theils koͤnne er ſich dadurch bey Vornehmen inſinuiren, theils wuͤrden auch manche arme Officiers froh, wenn ſie einmahl bey ihm koͤnnten mit ſpei- ſen; Freſſen und ſauffen muß man nicht, wie bey Speyerbach die Teut- ſchen gethan, welche von dem Tallard uͤberfallen, und totaliter geſchla- gen worden. Montecuculi ſaget, er habe von andern Regimentern Of- ficiers zu Gaſte gebethen, die ihm offt groſſe Dienſte gethan. Die di- ſciplina thut ſehr viel. Lipſius hat gewieſen, daß es bey denen Roͤmern auch ſcharff geweſen. Es ſind viel unter denen Soldaten, die muͤſſen im Zaum gehalten werden, daher muß der Soldat Pruͤgel haben, doch muß der Officier einen Unterſcheid machen: denn es koͤnnen einige ſeyn, ſo ein point d’honneur haben, die muß er anders tractiren. §. 16. Es entſtehet die Frage, de numero ducum primariorum. Man verſtehet hier nicht einen jeden General, ſondern einen General- Feld-Marſchall, oder General-Lieutenant, der die Armee en chef com- mandiret. Bisweilen hat man hohe Urſach, einem nicht allein das commando zu geben. Wir haben ein Exempel an der exceſſiven Gewalt, welche dem VVallenſtein in ſeiner Beſtallung gegeben worden, und wahr- genommen, daß dieſelbe faſt zum Nachtheil des Kayſers ausgeſchlagen; und alſo ſollte ſcheinen, daß es beſſer ſummum imperium inter plures eſſe diviſum. Es iſt kein Zweiffel, daß eine ſolche Gewalt durch eins ſeine caprice alles verderben kan; Daher auch die Hollaͤnder keinen allein commandiren laſſen, ſondern es ſind allemahl deputirten von den Ge- neral-Staaten bey der Armee, welche acht geben, daß ſich der Dux nicht uͤbereilet. Alſo iſt nicht zu laͤugnen, daß es nicht allezeit gut, einem al- lein das commando anzuvertrauen. Allein hier iſt eine quæſtio proble- matica, relativa, comparativa. In comparationibus kan man die Sache ſein Lebtage nicht ausmachen. In einer Abſicht iſt es gut. Viele po- litiſche quæſtiones kan man in utramque partem defendiren, wie Heſſen- thaler in ſeinem Athleta Politico gewieſen, welches Buch ſehr zu recom- mandiren. Man kan ſein Lebtage keine quæſtion abſolute decidiren, ſondern ein anderer kan allezeit etwas in contrarium beybringen. Wir wiſſen, daß wann etliche mit einander commandiren, ſolche mehrentheils unter einander uneinig werden. Wie Land-Graf Philipp von Heſſen, und Johann Friedrich von Sachſen bey Landshuth commandiret, ſo hat- ten die beyden Herren mit einander gezancket, und einer immer die Sa- che beſſer verſtehen wollen, als der andere; Hernach gieng gar Hanns Frie-

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/428>, abgerufen am 25.11.2024.