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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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status circa bellum & pacem.
weil sie nicht exercirt, und schicken sich nicht gleich in des andern terrain.
Wir haben es in hiesigen Landen auch erst angefangen; und in gewisser
Maasse wäre es gut gewesen, wenn man dabey blieben; Aber sie sagen,
die Kerl verbauerten nur, und wären nicht recht exerciret. Will man
andere attaquiren, so sind freylich die ordinarii milites besser. Deßwe-
gen muß ein Herr nicht alle milites abschaffen. Wenn die subsidiarii
milites marchi
ren sollen, müssen sie doch auch gage kriegen, und gehen
nicht einmahl gerne weg. Ich habe ein Teutsches Buch vom Schwe-
dischen Staat, welches auch vortrefflich. Die ordinarii müssen ge-
worben gewehlet werden, wie solches geschehen müsse, hat Lipsius in sei-
ner Politic admirable gewiesen.

§. 12-15. Was patriam betrifft, so sollte man meynen, es wä-Was ein guter
Soldat; und
von der
Kriegs-disci-
plin.

ren alle gute Soldaten, und käme es nur darauf an, daß sie recht com-
mandi
ret würden; Allein das ist nicht zu glauben. In einem terrain
sind die Soldaten besser, als im andern. Es sind auch natürliche
raisons vorhanden, man sagt: Virtus ex confragoso venit, und hat
Campejus Vitringa observiret, daß die Leute, so auf den Bergen woh-
nen, audaces homines. In den Lande sind allezeit gute Soldaten, wo
nicht viel zu fressen; Die Schweden und Dänen sind ex confragoso,
deßwegen sind sie gute Soldaten, und zwar sind die Schweden noch
dauerhaffter als die Dähnen, wie Boeckler in bello Suecico & Danico
gewiesen. In Spanien sind die Gallicier die besten Soldaten; in
Franckreich die Normänner, weil in diesen Landen nicht viel ist. In
der Schweitz sind gute Soldaten, weil es ein schlecht Land. Hier her-
um ist cibus und potus im Uberfluß, die Leute leben delicat, dadurch
wird das corpus effeminatum; Daher hat man hier keine guten Sol-
daten. Ich habe einen Officier gesprochen, welcher Leute von hier mit
nach Italien genommen, er sagte aber: Es wären viel Studenten-
Diener mit darunter gewesen, davon viele gestorben, ehe sie einmahl
hinkommen, und die er mit hingebracht, wären davon gelauffen, und
hätten andere darzu verführet. Im Kriege braucht man Leute, die Hun-
ger und Durst ertragen können. Die Türcken befinden sich admirable
bey ihrem Reiß, wir aber giessen alles unter einander, Bier, Wein,
Thee, Coffee, vid. Stahl de aequabili potu & cibo. Wer stets einerley
isset und trincket, lebt länger, es entstehet eine fermentatio von denen
vielerley Speisen. Quoad aetatem ist zu mercken, daß man junge Leute
mit muß in Krieg nehmen. Die Römer nahmen sie von siebenzehen
bis achtzehen Jahren. Besser aber ist es, wenn sie von Jugend auf zum
Kriege angehalten werden, magis parent, taugen sie nicht zur offension,

so
E e e

ſtatus circa bellum & pacem.
weil ſie nicht exercirt, und ſchicken ſich nicht gleich in des andern terrain.
Wir haben es in hieſigen Landen auch erſt angefangen; und in gewiſſer
Maaſſe waͤre es gut geweſen, wenn man dabey blieben; Aber ſie ſagen,
die Kerl verbauerten nur, und waͤren nicht recht exerciret. Will man
andere attaquiren, ſo ſind freylich die ordinarii milites beſſer. Deßwe-
gen muß ein Herr nicht alle milites abſchaffen. Wenn die ſubſidiarii
milites marchi
ren ſollen, muͤſſen ſie doch auch gage kriegen, und gehen
nicht einmahl gerne weg. Ich habe ein Teutſches Buch vom Schwe-
diſchen Staat, welches auch vortrefflich. Die ordinarii muͤſſen ge-
worben gewehlet werden, wie ſolches geſchehen muͤſſe, hat Lipſius in ſei-
ner Politic admirable gewieſen.

§. 12-15. Was patriam betrifft, ſo ſollte man meynen, es waͤ-Was ein guter
Soldat; und
von der
Kriegs-diſci-
plin.

ren alle gute Soldaten, und kaͤme es nur darauf an, daß ſie recht com-
mandi
ret wuͤrden; Allein das iſt nicht zu glauben. In einem terrain
ſind die Soldaten beſſer, als im andern. Es ſind auch natuͤrliche
raiſons vorhanden, man ſagt: Virtus ex confragoſo venit, und hat
Campejus Vitringa obſerviret, daß die Leute, ſo auf den Bergen woh-
nen, audaces homines. In den Lande ſind allezeit gute Soldaten, wo
nicht viel zu freſſen; Die Schweden und Daͤnen ſind ex confragoſo,
deßwegen ſind ſie gute Soldaten, und zwar ſind die Schweden noch
dauerhaffter als die Daͤhnen, wie Bœckler in bello Suecico & Danico
gewieſen. In Spanien ſind die Gallicier die beſten Soldaten; in
Franckreich die Normaͤnner, weil in dieſen Landen nicht viel iſt. In
der Schweitz ſind gute Soldaten, weil es ein ſchlecht Land. Hier her-
um iſt cibus und potus im Uberfluß, die Leute leben delicat, dadurch
wird das corpus effeminatum; Daher hat man hier keine guten Sol-
daten. Ich habe einen Officier geſprochen, welcher Leute von hier mit
nach Italien genommen, er ſagte aber: Es waͤren viel Studenten-
Diener mit darunter geweſen, davon viele geſtorben, ehe ſie einmahl
hinkommen, und die er mit hingebracht, waͤren davon gelauffen, und
haͤtten andere darzu verfuͤhret. Im Kriege braucht man Leute, die Hun-
ger und Durſt ertragen koͤnnen. Die Tuͤrcken befinden ſich admirable
bey ihrem Reiß, wir aber gieſſen alles unter einander, Bier, Wein,
Thée, Coffée, vid. Stahl de æquabili potu & cibo. Wer ſtets einerley
iſſet und trincket, lebt laͤnger, es entſtehet eine fermentatio von denen
vielerley Speiſen. Quoad ætatem iſt zu mercken, daß man junge Leute
mit muß in Krieg nehmen. Die Roͤmer nahmen ſie von ſiebenzehen
bis achtzehen Jahren. Beſſer aber iſt es, wenn ſie von Jugend auf zum
Kriege angehalten werden, magis parent, taugen ſie nicht zur offenſion,

ſo
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[401/0421] ſtatus circa bellum & pacem. weil ſie nicht exercirt, und ſchicken ſich nicht gleich in des andern terrain. Wir haben es in hieſigen Landen auch erſt angefangen; und in gewiſſer Maaſſe waͤre es gut geweſen, wenn man dabey blieben; Aber ſie ſagen, die Kerl verbauerten nur, und waͤren nicht recht exerciret. Will man andere attaquiren, ſo ſind freylich die ordinarii milites beſſer. Deßwe- gen muß ein Herr nicht alle milites abſchaffen. Wenn die ſubſidiarii milites marchiren ſollen, muͤſſen ſie doch auch gage kriegen, und gehen nicht einmahl gerne weg. Ich habe ein Teutſches Buch vom Schwe- diſchen Staat, welches auch vortrefflich. Die ordinarii muͤſſen ge- worben gewehlet werden, wie ſolches geſchehen muͤſſe, hat Lipſius in ſei- ner Politic admirable gewieſen. §. 12-15. Was patriam betrifft, ſo ſollte man meynen, es waͤ- ren alle gute Soldaten, und kaͤme es nur darauf an, daß ſie recht com- mandiret wuͤrden; Allein das iſt nicht zu glauben. In einem terrain ſind die Soldaten beſſer, als im andern. Es ſind auch natuͤrliche raiſons vorhanden, man ſagt: Virtus ex confragoſo venit, und hat Campejus Vitringa obſerviret, daß die Leute, ſo auf den Bergen woh- nen, audaces homines. In den Lande ſind allezeit gute Soldaten, wo nicht viel zu freſſen; Die Schweden und Daͤnen ſind ex confragoſo, deßwegen ſind ſie gute Soldaten, und zwar ſind die Schweden noch dauerhaffter als die Daͤhnen, wie Bœckler in bello Suecico & Danico gewieſen. In Spanien ſind die Gallicier die beſten Soldaten; in Franckreich die Normaͤnner, weil in dieſen Landen nicht viel iſt. In der Schweitz ſind gute Soldaten, weil es ein ſchlecht Land. Hier her- um iſt cibus und potus im Uberfluß, die Leute leben delicat, dadurch wird das corpus effeminatum; Daher hat man hier keine guten Sol- daten. Ich habe einen Officier geſprochen, welcher Leute von hier mit nach Italien genommen, er ſagte aber: Es waͤren viel Studenten- Diener mit darunter geweſen, davon viele geſtorben, ehe ſie einmahl hinkommen, und die er mit hingebracht, waͤren davon gelauffen, und haͤtten andere darzu verfuͤhret. Im Kriege braucht man Leute, die Hun- ger und Durſt ertragen koͤnnen. Die Tuͤrcken befinden ſich admirable bey ihrem Reiß, wir aber gieſſen alles unter einander, Bier, Wein, Thée, Coffée, vid. Stahl de æquabili potu & cibo. Wer ſtets einerley iſſet und trincket, lebt laͤnger, es entſtehet eine fermentatio von denen vielerley Speiſen. Quoad ætatem iſt zu mercken, daß man junge Leute mit muß in Krieg nehmen. Die Roͤmer nahmen ſie von ſiebenzehen bis achtzehen Jahren. Beſſer aber iſt es, wenn ſie von Jugend auf zum Kriege angehalten werden, magis parent, taugen ſie nicht zur offenſion, ſo Was ein guter Soldat; und von der Kriegs-diſci- plin. E e e

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/421>, abgerufen am 24.11.2024.