Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.status circa bellum & pacem. wir, daß viele tausend Leute hinein gegangen, die kamen in ein fremdesLand, und wenn sie in des Feindes Land kamen, fanden sie nichts vor sich zu leben; daher konten sie nicht subsistiren. Es konte einer vorher sehen, der nach menschlichem Verstande davon raisonniret, daß das Ding nicht gut ablauffen würde, und ist zu bewundern, daß sie noch bisweilen eine bataille gewonnen. Viele sind crepirt, ehe sie noch ein- mahl an den Ort kommen, wo sie ihre bravour sollten sehen lassen. Es muß ein Herr einen guten Proviant-Meister haben, welcher alles auf sich nimmt, und den Proviant gut liefert, damit die Soldaten nicht kranck werden. Da ist kein Mensch besser, als der Türcke, wel- cher überhaupt sehr auf die Gesundheit siehet. Man wird bey ihnen allezeit einen grossen Uberfluß von fourage und Proviant finden. So lange man hergegen von denen Teutschen weiß, ist Mangel gewesen. Dem Carolo Audaci ist einmahl vom Teutschen Reiche der Krieg angekündiget worden, und hat Dattius fragmenta drucken lassen, worinnen stehet, es habe der Churfürst von der Pfaltz commandiret und geschrieben, er hätte keine victualien, keine Wagen und kein Geld. So ist es öffters bey dem Teutschen Reiche. Wie der Marckgraf von Baaden die Armee commandiret, so theilete er sich, und zog mit einem Theile nach Augspurg zu, indeß kamen die Frantzosen, und schlugen den andern Theil aufs Haupt; Einige sagten, der Marckgraf habe sich lassen bestechen; allein der Marckgraf excusirete sich, er habe zu wenig Proviant gehabt, deßwegen habe er sich müssen theilen. Der Churfürst von Hannover, und nachmahls König in Engeland, nahm auch einmal das commando von der Reichs-Armee über sich, und weil kein Geld da war, so gab er die operations-casse an, aber die Grossen gaben nichts hinein; daher legte er sein commando bald wieder nieder: Die instru- menta kosten hodie viel mehr; vor dem haben sie auch Mauer-Brecher gehabt, wovon man bey den Scriptoribus, welche de re militari geschrie- ben, als bey dem Vegetio, Lipsio, Naudaeo, Salmasio, Machiavello Nach- richt finden kan; Aber so viel haben sie doch nicht gebraucht, als wie hodie. Eine Pique, Partisan, ein Degen, eine Hacke waren ihre Waffen, Pulver war nicht da. Was kostet nicht hodie die Artillerie, Pulver und Kugeln? daher ist nicht zu verwundern, daß mit der Reichs- Armee nicht viel kan ausgerichtet werden. Unsere Armee hat unter dem Printzen Louis von Baaden einmahl drey Tage und drey Nächte ohne Pulver gestanden, und gieng der Printz endlich nach Nürnberg, bath dieselben, daß sie möchten was hergeben, weil aber dieselben meynten, sie würden nichts wieder bekommen, so engagirte er seine Ehre, daß er davor D d d 2
ſtatus circa bellum & pacem. wir, daß viele tauſend Leute hinein gegangen, die kamen in ein fremdesLand, und wenn ſie in des Feindes Land kamen, fanden ſie nichts vor ſich zu leben; daher konten ſie nicht ſubſiſtiren. Es konte einer vorher ſehen, der nach menſchlichem Verſtande davon raiſonniret, daß das Ding nicht gut ablauffen wuͤrde, und iſt zu bewundern, daß ſie noch bisweilen eine bataille gewonnen. Viele ſind crepirt, ehe ſie noch ein- mahl an den Ort kommen, wo ſie ihre bravour ſollten ſehen laſſen. Es muß ein Herr einen guten Proviant-Meiſter haben, welcher alles auf ſich nimmt, und den Proviant gut liefert, damit die Soldaten nicht kranck werden. Da iſt kein Menſch beſſer, als der Tuͤrcke, wel- cher uͤberhaupt ſehr auf die Geſundheit ſiehet. Man wird bey ihnen allezeit einen groſſen Uberfluß von fourage und Proviant finden. So lange man hergegen von denen Teutſchen weiß, iſt Mangel geweſen. Dem Carolo Audaci iſt einmahl vom Teutſchen Reiche der Krieg angekuͤndiget worden, und hat Dattius fragmenta drucken laſſen, worinnen ſtehet, es habe der Churfuͤrſt von der Pfaltz commandiret und geſchrieben, er haͤtte keine victualien, keine Wagen und kein Geld. So iſt es oͤffters bey dem Teutſchen Reiche. Wie der Marckgraf von Baaden die Armee commandiret, ſo theilete er ſich, und zog mit einem Theile nach Augſpurg zu, indeß kamen die Frantzoſen, und ſchlugen den andern Theil aufs Haupt; Einige ſagten, der Marckgraf habe ſich laſſen beſtechen; allein der Marckgraf excuſirete ſich, er habe zu wenig Proviant gehabt, deßwegen habe er ſich muͤſſen theilen. Der Churfuͤrſt von Hannover, und nachmahls Koͤnig in Engeland, nahm auch einmal das commando von der Reichs-Armee uͤber ſich, und weil kein Geld da war, ſo gab er die operations-caſſe an, aber die Groſſen gaben nichts hinein; daher legte er ſein commando bald wieder nieder: Die inſtru- menta koſten hodie viel mehr; vor dem haben ſie auch Mauer-Brecher gehabt, wovon man bey den Scriptoribus, welche de re militari geſchrie- ben, als bey dem Vegetio, Lipſio, Naudæo, Salmaſio, Machiavello Nach- richt finden kan; Aber ſo viel haben ſie doch nicht gebraucht, als wie hodie. Eine Pique, Partiſan, ein Degen, eine Hacke waren ihre Waffen, Pulver war nicht da. Was koſtet nicht hodie die Artillerie, Pulver und Kugeln? daher iſt nicht zu verwundern, daß mit der Reichs- Armee nicht viel kan ausgerichtet werden. Unſere Armee hat unter dem Printzen Louis von Baaden einmahl drey Tage und drey Naͤchte ohne Pulver geſtanden, und gieng der Printz endlich nach Nuͤrnberg, bath dieſelben, daß ſie moͤchten was hergeben, weil aber dieſelben meynten, ſie wuͤrden nichts wieder bekommen, ſo engagirte er ſeine Ehre, daß er davor D d d 2
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ſtatus circa bellum & pacem.
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Land, und wenn ſie in des Feindes Land kamen, fanden ſie nichts vor
ſich zu leben; daher konten ſie nicht ſubſiſtiren. Es konte einer vorher
ſehen, der nach menſchlichem Verſtande davon raiſonniret, daß das
Ding nicht gut ablauffen wuͤrde, und iſt zu bewundern, daß ſie noch
bisweilen eine bataille gewonnen. Viele ſind crepirt, ehe ſie noch ein-
mahl an den Ort kommen, wo ſie ihre bravour ſollten ſehen laſſen.
Es muß ein Herr einen guten Proviant-Meiſter haben, welcher alles
auf ſich nimmt, und den Proviant gut liefert, damit die Soldaten
nicht kranck werden. Da iſt kein Menſch beſſer, als der Tuͤrcke, wel-
cher uͤberhaupt ſehr auf die Geſundheit ſiehet. Man wird bey ihnen
allezeit einen groſſen Uberfluß von fourage und Proviant finden. So
lange man hergegen von denen Teutſchen weiß, iſt Mangel geweſen.
Dem Carolo Audaci iſt einmahl vom Teutſchen Reiche der Krieg
angekuͤndiget worden, und hat Dattius fragmenta drucken laſſen,
worinnen ſtehet, es habe der Churfuͤrſt von der Pfaltz commandiret
und geſchrieben, er haͤtte keine victualien, keine Wagen und kein Geld.
So iſt es oͤffters bey dem Teutſchen Reiche. Wie der Marckgraf von
Baaden die Armee commandiret, ſo theilete er ſich, und zog mit einem
Theile nach Augſpurg zu, indeß kamen die Frantzoſen, und ſchlugen
den andern Theil aufs Haupt; Einige ſagten, der Marckgraf habe ſich
laſſen beſtechen; allein der Marckgraf excuſirete ſich, er habe zu wenig
Proviant gehabt, deßwegen habe er ſich muͤſſen theilen. Der Churfuͤrſt
von Hannover, und nachmahls Koͤnig in Engeland, nahm auch einmal
das commando von der Reichs-Armee uͤber ſich, und weil kein Geld da
war, ſo gab er die operations-caſſe an, aber die Groſſen gaben nichts
hinein; daher legte er ſein commando bald wieder nieder: Die inſtru-
menta koſten hodie viel mehr; vor dem haben ſie auch Mauer-Brecher
gehabt, wovon man bey den Scriptoribus, welche de re militari geſchrie-
ben, als bey dem Vegetio, Lipſio, Naudæo, Salmaſio, Machiavello Nach-
richt finden kan; Aber ſo viel haben ſie doch nicht gebraucht, als wie
hodie. Eine Pique, Partiſan, ein Degen, eine Hacke waren ihre
Waffen, Pulver war nicht da. Was koſtet nicht hodie die Artillerie,
Pulver und Kugeln? daher iſt nicht zu verwundern, daß mit der Reichs-
Armee nicht viel kan ausgerichtet werden. Unſere Armee hat unter dem
Printzen Louis von Baaden einmahl drey Tage und drey Naͤchte ohne
Pulver geſtanden, und gieng der Printz endlich nach Nuͤrnberg, bath
dieſelben, daß ſie moͤchten was hergeben, weil aber dieſelben meynten,
ſie wuͤrden nichts wieder bekommen, ſo engagirte er ſeine Ehre, daß er
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