Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia aber alle auch in Recueil de Traites stehen. Wer negotiiren will, mußwissen, was zu einer Vollmacht erfodert wird, darüber wird offt lange disputiret. Es wurde von einem gewissen Hof ein Gesandter an dem König in Schweden medio in bello geschickt, der gab ein erediti über, und dachte, der König würde ihn gleich annehmen, aber er war legatus hostilis, hätte auch sollen Passeports ausbitten, welches er nicht gethan, daher wurde er arretirt. Viele meynten, der König in Schweden ha- be unrecht gethan, aber es war allerdings recht. Hier muß einer klug seyn und wissen, was zum negotiiren gehört. Die Portugiesen schlossen mit dem König von Fez und Marocco einen Tractat, worinnen sie ver- sprochen, sie wollten ihm viele Vestungen aushändigen, nachgehends hielt es der König in Portugall nicht, da war der König von Fez und Marocco böse, und sagten: Die Christen wären Betrüger, allein die Portugiesen sagten: Die Gesandten hätten gar wohl mögen Lissabon versprechen, deßwegen wären sie nicht schuldig solches zu halten. Wie die Schweitzer wider Franckreich so glücklich waren, daß sie gar vor Paris gehen wollten, so sagte der Hertzog von Tremoville, er habe von dem Könige ordre zu tractiren, und versprach ihnen grosse Summen; daher sich auch die Schweitzer zurück zogen, da sie hernach das Geld verlangten, so sagte der König in Franckreich, er habe keine ordre ge- geben, sie sollten sich an den Hertzog von Tremoville halten. Seit der Zeit sind die Schweitzer schlauer worden. Grotius hat in seinem jure Belli & pacis Lib. I. Cap. III. und Lib. III. Cap. III. Nachricht gegeben, was ratione formae und modi pangendi foedera zu observiren, so wohl was nöthig secundum regulas prudentiae als regulas justitiae. Die Tür- cken halten davor, daß sie an kein foedus gebunden, welches nicht in der Arabischen Sprache, in der Sprache des Mahomets aufgerichtet. Wer also mit denen Türcken eine alliance schliessen will, muß ein Arabisch foedus machen; Dieses hat auch Puffendorff in J. Nat. & Gent. obser- viret. Drum haben auch die Frantzosen beschlossen, in keiner lingua peregrina ein foedus zu schliessen. Wer es thun kan, der thut wohl, denn man ist seiner Sprache besser kundig, als einer fremden, das Cis und Trans haben die Brandenburgischen Gesandten Wittgenstein und Löben nicht recht verstanden, welches hernach dem Churfürsten auf zwantzig Meilen Landes geschadet, so er mehr an Schweden abtreten müssen. Daher hat er hernach die Professores an seinen Hof gezogen. Wie der Mazarini die Spanische Infantin, Mariam Theresiam vor den Ludovicum XIV. gesucht, so schrieb der Cantzler Tellier an den Mazari- ni. Die Anna von Oesterreich, Ludovici XIV. Mutter habe gemeynet, er
Cap. V. De prudentia aber alle auch in Recueil de Traités ſtehen. Wer negotiiren will, mußwiſſen, was zu einer Vollmacht erfodert wird, daruͤber wird offt lange diſputiret. Es wurde von einem gewiſſen Hof ein Geſandter an dem Koͤnig in Schweden medio in bello geſchickt, der gab ein erediti uͤber, und dachte, der Koͤnig wuͤrde ihn gleich annehmen, aber er war legatus hoſtilis, haͤtte auch ſollen Paſſeports ausbitten, welches er nicht gethan, daher wurde er arretirt. Viele meynten, der Koͤnig in Schweden ha- be unrecht gethan, aber es war allerdings recht. Hier muß einer klug ſeyn und wiſſen, was zum negotiiren gehoͤrt. Die Portugieſen ſchloſſen mit dem Koͤnig von Fez und Marocco einen Tractat, worinnen ſie ver- ſprochen, ſie wollten ihm viele Veſtungen aushaͤndigen, nachgehends hielt es der Koͤnig in Portugall nicht, da war der Koͤnig von Fez und Marocco boͤſe, und ſagten: Die Chriſten waͤren Betruͤger, allein die Portugieſen ſagten: Die Geſandten haͤtten gar wohl moͤgen Liſſabon verſprechen, deßwegen waͤren ſie nicht ſchuldig ſolches zu halten. Wie die Schweitzer wider Franckreich ſo gluͤcklich waren, daß ſie gar vor Paris gehen wollten, ſo ſagte der Hertzog von Tremoville, er habe von dem Koͤnige ordre zu tractiren, und verſprach ihnen groſſe Summen; daher ſich auch die Schweitzer zuruͤck zogen, da ſie hernach das Geld verlangten, ſo ſagte der Koͤnig in Franckreich, er habe keine ordre ge- geben, ſie ſollten ſich an den Hertzog von Tremoville halten. Seit der Zeit ſind die Schweitzer ſchlauer worden. Grotius hat in ſeinem jure Belli & pacis Lib. I. Cap. III. und Lib. III. Cap. III. Nachricht gegeben, was ratione formæ und modi pangendi fœdera zu obſerviren, ſo wohl was noͤthig ſecundum regulas prudentiæ als regulas juſtitiæ. Die Tuͤr- cken halten davor, daß ſie an kein fœdus gebunden, welches nicht in der Arabiſchen Sprache, in der Sprache des Mahomets aufgerichtet. Wer alſo mit denen Tuͤrcken eine alliance ſchlieſſen will, muß ein Arabiſch fœdus machen; Dieſes hat auch Puffendorff in J. Nat. & Gent. obſer- viret. Drum haben auch die Frantzoſen beſchloſſen, in keiner lingua peregrina ein fœdus zu ſchlieſſen. Wer es thun kan, der thut wohl, denn man iſt ſeiner Sprache beſſer kundig, als einer fremden, das Cis und Trans haben die Brandenburgiſchen Geſandten Wittgenſtein und Loͤben nicht recht verſtanden, welches hernach dem Churfuͤrſten auf zwantzig Meilen Landes geſchadet, ſo er mehr an Schweden abtreten muͤſſen. Daher hat er hernach die Profeſſores an ſeinen Hof gezogen. Wie der Mazarini die Spaniſche Infantin, Mariam Thereſiam vor den Ludovicum XIV. geſucht, ſo ſchrieb der Cantzler Tellier an den Mazari- ni. Die Anna von Oeſterreich, Ludovici XIV. Mutter habe gemeynet, er
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0392" n="372"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi></hi> V. De prudentia</hi></fw><lb/> aber alle auch in <hi rendition="#aq">Recueil de Traités</hi> ſtehen. Wer <hi rendition="#aq">negotii</hi>ren will, muß<lb/> wiſſen, was zu einer Vollmacht erfodert wird, daruͤber wird offt lange<lb/><hi rendition="#aq">diſputi</hi>ret. Es wurde von einem gewiſſen Hof ein Geſandter an dem<lb/> Koͤnig in Schweden <hi rendition="#aq">medio in bello</hi> geſchickt, der gab ein <hi rendition="#aq">erediti</hi> uͤber,<lb/> und dachte, der Koͤnig wuͤrde ihn gleich annehmen, aber er war <hi rendition="#aq">legatus<lb/> hoſtilis,</hi> haͤtte auch ſollen <hi rendition="#aq">Paſſeports</hi> ausbitten, welches er nicht gethan,<lb/> daher wurde er <hi rendition="#aq">arreti</hi>rt. Viele meynten, der Koͤnig in Schweden ha-<lb/> be unrecht gethan, aber es war allerdings recht. Hier muß einer klug<lb/> ſeyn und wiſſen, was zum <hi rendition="#aq">negotii</hi>ren gehoͤrt. Die Portugieſen ſchloſſen<lb/> mit dem Koͤnig von Fez und Marocco einen <hi rendition="#aq">Tractat,</hi> worinnen ſie ver-<lb/> ſprochen, ſie wollten ihm viele Veſtungen aushaͤndigen, nachgehends<lb/> hielt es der Koͤnig in Portugall nicht, da war der Koͤnig von Fez und<lb/> Marocco boͤſe, und ſagten: Die Chriſten waͤren Betruͤger, allein die<lb/> Portugieſen ſagten: Die Geſandten haͤtten gar wohl moͤgen <hi rendition="#aq">Liſſabon</hi><lb/> verſprechen, deßwegen waͤren ſie nicht ſchuldig ſolches zu halten. Wie<lb/> die Schweitzer wider Franckreich ſo gluͤcklich waren, daß ſie gar vor<lb/> Paris gehen wollten, ſo ſagte der Hertzog von <hi rendition="#aq">Tremoville,</hi> er habe von<lb/> dem Koͤnige <hi rendition="#aq">ordre</hi> zu <hi rendition="#aq">tracti</hi>ren, und verſprach ihnen groſſe Summen;<lb/> daher ſich auch die Schweitzer zuruͤck zogen, da ſie hernach das Geld<lb/> verlangten, ſo ſagte der Koͤnig in Franckreich, er habe keine <hi rendition="#aq">ordre</hi> ge-<lb/> geben, ſie ſollten ſich an den Hertzog von <hi rendition="#aq">Tremoville</hi> halten. Seit der<lb/> Zeit ſind die Schweitzer ſchlauer worden. <hi rendition="#aq">Grotius</hi> hat in ſeinem <hi rendition="#aq">jure<lb/> Belli & pacis Lib. I. Cap. III.</hi> und <hi rendition="#aq">Lib. III. Cap. III.</hi> Nachricht gegeben,<lb/> was <hi rendition="#aq">ratione formæ</hi> und <hi rendition="#aq">modi pangendi fœdera</hi> zu <hi rendition="#aq">obſervi</hi>ren, ſo wohl<lb/> was noͤthig <hi rendition="#aq">ſecundum regulas prudentiæ</hi> als <hi rendition="#aq">regulas juſtitiæ.</hi> Die Tuͤr-<lb/> cken halten davor, daß ſie an kein <hi rendition="#aq">fœdus</hi> gebunden, welches nicht in der<lb/> Arabiſchen Sprache, in der Sprache des Mahomets aufgerichtet. Wer<lb/> alſo mit denen Tuͤrcken eine <hi rendition="#aq">alliance</hi> ſchlieſſen will, muß ein Arabiſch<lb/><hi rendition="#aq">fœdus</hi> machen; Dieſes hat auch <hi rendition="#aq">Puffendorff in J. Nat. & Gent. obſer-<lb/> vi</hi>ret. Drum haben auch die Frantzoſen beſchloſſen, in keiner <hi rendition="#aq">lingua<lb/> peregrina</hi> ein <hi rendition="#aq">fœdus</hi> zu ſchlieſſen. Wer es thun kan, der thut wohl,<lb/> denn man iſt ſeiner Sprache beſſer kundig, als einer fremden, das <hi rendition="#aq">Cis</hi><lb/> und <hi rendition="#aq">Trans</hi> haben die Brandenburgiſchen Geſandten Wittgenſtein und<lb/> Loͤben nicht recht verſtanden, welches hernach dem Churfuͤrſten auf<lb/> zwantzig Meilen Landes geſchadet, ſo er mehr an Schweden abtreten<lb/> muͤſſen. Daher hat er hernach die <hi rendition="#aq">Profeſſores</hi> an ſeinen Hof gezogen.<lb/> Wie der <hi rendition="#aq">Mazarini</hi> die Spaniſche <hi rendition="#aq">Infantin, Mariam Thereſiam</hi> vor den<lb/><hi rendition="#aq">Ludovicum XIV.</hi> geſucht, ſo ſchrieb der Cantzler <hi rendition="#aq">Tellier</hi> an den <hi rendition="#aq">Mazari-<lb/> ni.</hi> Die <hi rendition="#aq">Anna</hi> von Oeſterreich, <hi rendition="#aq">Ludovici XIV.</hi> Mutter habe gemeynet,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">er</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [372/0392]
Cap. V. De prudentia
aber alle auch in Recueil de Traités ſtehen. Wer negotiiren will, muß
wiſſen, was zu einer Vollmacht erfodert wird, daruͤber wird offt lange
diſputiret. Es wurde von einem gewiſſen Hof ein Geſandter an dem
Koͤnig in Schweden medio in bello geſchickt, der gab ein erediti uͤber,
und dachte, der Koͤnig wuͤrde ihn gleich annehmen, aber er war legatus
hoſtilis, haͤtte auch ſollen Paſſeports ausbitten, welches er nicht gethan,
daher wurde er arretirt. Viele meynten, der Koͤnig in Schweden ha-
be unrecht gethan, aber es war allerdings recht. Hier muß einer klug
ſeyn und wiſſen, was zum negotiiren gehoͤrt. Die Portugieſen ſchloſſen
mit dem Koͤnig von Fez und Marocco einen Tractat, worinnen ſie ver-
ſprochen, ſie wollten ihm viele Veſtungen aushaͤndigen, nachgehends
hielt es der Koͤnig in Portugall nicht, da war der Koͤnig von Fez und
Marocco boͤſe, und ſagten: Die Chriſten waͤren Betruͤger, allein die
Portugieſen ſagten: Die Geſandten haͤtten gar wohl moͤgen Liſſabon
verſprechen, deßwegen waͤren ſie nicht ſchuldig ſolches zu halten. Wie
die Schweitzer wider Franckreich ſo gluͤcklich waren, daß ſie gar vor
Paris gehen wollten, ſo ſagte der Hertzog von Tremoville, er habe von
dem Koͤnige ordre zu tractiren, und verſprach ihnen groſſe Summen;
daher ſich auch die Schweitzer zuruͤck zogen, da ſie hernach das Geld
verlangten, ſo ſagte der Koͤnig in Franckreich, er habe keine ordre ge-
geben, ſie ſollten ſich an den Hertzog von Tremoville halten. Seit der
Zeit ſind die Schweitzer ſchlauer worden. Grotius hat in ſeinem jure
Belli & pacis Lib. I. Cap. III. und Lib. III. Cap. III. Nachricht gegeben,
was ratione formæ und modi pangendi fœdera zu obſerviren, ſo wohl
was noͤthig ſecundum regulas prudentiæ als regulas juſtitiæ. Die Tuͤr-
cken halten davor, daß ſie an kein fœdus gebunden, welches nicht in der
Arabiſchen Sprache, in der Sprache des Mahomets aufgerichtet. Wer
alſo mit denen Tuͤrcken eine alliance ſchlieſſen will, muß ein Arabiſch
fœdus machen; Dieſes hat auch Puffendorff in J. Nat. & Gent. obſer-
viret. Drum haben auch die Frantzoſen beſchloſſen, in keiner lingua
peregrina ein fœdus zu ſchlieſſen. Wer es thun kan, der thut wohl,
denn man iſt ſeiner Sprache beſſer kundig, als einer fremden, das Cis
und Trans haben die Brandenburgiſchen Geſandten Wittgenſtein und
Loͤben nicht recht verſtanden, welches hernach dem Churfuͤrſten auf
zwantzig Meilen Landes geſchadet, ſo er mehr an Schweden abtreten
muͤſſen. Daher hat er hernach die Profeſſores an ſeinen Hof gezogen.
Wie der Mazarini die Spaniſche Infantin, Mariam Thereſiam vor den
Ludovicum XIV. geſucht, ſo ſchrieb der Cantzler Tellier an den Mazari-
ni. Die Anna von Oeſterreich, Ludovici XIV. Mutter habe gemeynet,
er
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |