§. 12. Ein foedus ist revera nichts anders als ein pactum solen-Was bey Auf- richtung der Bündnisse ü- berhaupt in acht zu neh- men. niter initum. In pacto müssen consentientes seyn. Der consensus muß nicht allein auf einer Seite clarus seyn; sondern auch der andere, mit dem ich schliesse, muß facultatem se obligandi haben und consentiren: Bey einem Principe giebts hier keine dubia. Der König in Franck- reich mag seyn zu Paris oder zu Versailles, so kan ich allezeit mit ihm tractiren. Bisweilen aber sind es solche formae rerumpublicarum, da man kaum wissen kan, ubi resideat summa potestas; daher ist nöthig, ei- nen solchen Staat erst recht zu erkennen. Wenn grosse Herren erst auf die Gedancken fallen, daß sie niemand wollen reisen lassen, magnopere peccant, sie müssen ja Leute haben, welche ein Land kennen, und da- selbst können negotiiren. Ich habe wahrgenommen, daß deßwegen Kauffleute in consideration kommen, weil sie gereißt. In Ansehung Persiens hat der König von Franckreich keinen bessern finden können als Mons. Chardin, einen Kauffmann, er hat seine Voyage nach Persien be- schrieben, worinnen man nicht nur ratione commercii und ratione nego- tiorum publicorum, sondern auch in Antiquitäten treffliche Nachricht findet; Die letzte edition von seiner Voyage bestehet in zehn Bänden in groß duodecimo, welches die beste edition. Wie der Czaar mit dem Chinäsischen Kayser negotiiren wollen, hat er den Isbrand, bürtig aus Holland genommen. Dieser hat auch eine Beschreibung von seiner Voyage ediret, in welcher man curieuse Sachen von China und Moscau findet. Wie kan der negotiiren, welcher den statum reipublicae nicht weiß? Daher, wenn Leute mangeln, so an dem Orte gewesen sind, muß man solche nehmen, die ex aliorum lustris sich informirt; Denn überall kan einer nicht hinreisen. Man sagt, mit denen Venetianern wäre übel zu negotiiren, weil sie was besonders haben. Wenn Franck- reich einen Ambassadeur hinschicket, so werden allezeit etliche Leute mit geschicket, welche sie von dem Venetianischen Staat informiren müssen, die werden hernach employirt. In der Schweitz ist auch schwer zu ne- goriiren. Der König in Engeland hat den Doctor Fabricium, einen Theologum von Heidelberg gebraucht, weil derselbe sich lange in der Schweitz aufgehalten, und ihren Staat gekennt. Man muß sehen, wer das jus foedera pangendi habe, wer müsse requirirt werden, daß er darein consentire. So ists auch in unsern Teutschen Reiche schwer, denn da müssen alle Principes und status imperii consentiren, wenn ein foedus soll gültig seyn, man muß wissen, was eine jede Republique vor Maximen führet; daher ist eben die neue Historie höchstnöthig. Burner in seinen Memoiren, welche erst nach seinem Tode publicirt worden,
sagt
A a a
ſtatus circa fœdera & Legatos.
§. 12. Ein fœdus iſt revera nichts anders als ein pactum ſolen-Was bey Auf- richtung der Buͤndniſſe uͤ- berhaupt in acht zu neh- men. niter initum. In pacto muͤſſen conſentientes ſeyn. Der conſenſus muß nicht allein auf einer Seite clarus ſeyn; ſondern auch der andere, mit dem ich ſchlieſſe, muß facultatem ſe obligandi haben und conſentiren: Bey einem Principe giebts hier keine dubia. Der Koͤnig in Franck- reich mag ſeyn zu Paris oder zu Verſailles, ſo kan ich allezeit mit ihm tractiren. Bisweilen aber ſind es ſolche formæ rerumpublicarum, da man kaum wiſſen kan, ubi reſideat ſumma poteſtas; daher iſt noͤthig, ei- nen ſolchen Staat erſt recht zu erkennen. Wenn groſſe Herren erſt auf die Gedancken fallen, daß ſie niemand wollen reiſen laſſen, magnopere peccant, ſie muͤſſen ja Leute haben, welche ein Land kennen, und da- ſelbſt koͤnnen negotiiren. Ich habe wahrgenommen, daß deßwegen Kauffleute in conſideration kommen, weil ſie gereißt. In Anſehung Perſiens hat der Koͤnig von Franckreich keinen beſſern finden koͤnnen als Monſ. Chardin, einen Kauffmann, er hat ſeine Voyage nach Perſien be- ſchrieben, worinnen man nicht nur ratione commercii und ratione nego- tiorum publicorum, ſondern auch in Antiquitaͤten treffliche Nachricht findet; Die letzte edition von ſeiner Voyage beſtehet in zehn Baͤnden in groß duodecimo, welches die beſte edition. Wie der Czaar mit dem Chinaͤſiſchen Kayſer negotiiren wollen, hat er den Iſbrand, buͤrtig aus Holland genommen. Dieſer hat auch eine Beſchreibung von ſeiner Voyage ediret, in welcher man curieuſe Sachen von China und Moſcau findet. Wie kan der negotiiren, welcher den ſtatum reipublicæ nicht weiß? Daher, wenn Leute mangeln, ſo an dem Orte geweſen ſind, muß man ſolche nehmen, die ex aliorum luſtris ſich informirt; Denn uͤberall kan einer nicht hinreiſen. Man ſagt, mit denen Venetianern waͤre uͤbel zu negotiiren, weil ſie was beſonders haben. Wenn Franck- reich einen Ambaſſadeur hinſchicket, ſo werden allezeit etliche Leute mit geſchicket, welche ſie von dem Venetianiſchen Staat informiren muͤſſen, die werden hernach employirt. In der Schweitz iſt auch ſchwer zu ne- goriiren. Der Koͤnig in Engeland hat den Doctor Fabricium, einen Theologum von Heidelberg gebraucht, weil derſelbe ſich lange in der Schweitz aufgehalten, und ihren Staat gekennt. Man muß ſehen, wer das jus fœdera pangendi habe, wer muͤſſe requirirt werden, daß er darein conſentire. So iſts auch in unſern Teutſchen Reiche ſchwer, denn da muͤſſen alle Principes und ſtatus imperii conſentiren, wenn ein fœdus ſoll guͤltig ſeyn, man muß wiſſen, was eine jede Republique vor Maximen fuͤhret; daher iſt eben die neue Hiſtorie hoͤchſtnoͤthig. Burner in ſeinen Memoiren, welche erſt nach ſeinem Tode publicirt worden,
ſagt
A a a
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ſtatus circa fœdera & Legatos.
§. 12. Ein fœdus iſt revera nichts anders als ein pactum ſolen-
niter initum. In pacto muͤſſen conſentientes ſeyn. Der conſenſus muß
nicht allein auf einer Seite clarus ſeyn; ſondern auch der andere, mit
dem ich ſchlieſſe, muß facultatem ſe obligandi haben und conſentiren:
Bey einem Principe giebts hier keine dubia. Der Koͤnig in Franck-
reich mag ſeyn zu Paris oder zu Verſailles, ſo kan ich allezeit mit ihm
tractiren. Bisweilen aber ſind es ſolche formæ rerumpublicarum, da
man kaum wiſſen kan, ubi reſideat ſumma poteſtas; daher iſt noͤthig, ei-
nen ſolchen Staat erſt recht zu erkennen. Wenn groſſe Herren erſt auf
die Gedancken fallen, daß ſie niemand wollen reiſen laſſen, magnopere
peccant, ſie muͤſſen ja Leute haben, welche ein Land kennen, und da-
ſelbſt koͤnnen negotiiren. Ich habe wahrgenommen, daß deßwegen
Kauffleute in conſideration kommen, weil ſie gereißt. In Anſehung
Perſiens hat der Koͤnig von Franckreich keinen beſſern finden koͤnnen als
Monſ. Chardin, einen Kauffmann, er hat ſeine Voyage nach Perſien be-
ſchrieben, worinnen man nicht nur ratione commercii und ratione nego-
tiorum publicorum, ſondern auch in Antiquitaͤten treffliche Nachricht
findet; Die letzte edition von ſeiner Voyage beſtehet in zehn Baͤnden in
groß duodecimo, welches die beſte edition. Wie der Czaar mit dem
Chinaͤſiſchen Kayſer negotiiren wollen, hat er den Iſbrand, buͤrtig aus
Holland genommen. Dieſer hat auch eine Beſchreibung von ſeiner
Voyage ediret, in welcher man curieuſe Sachen von China und Moſcau
findet. Wie kan der negotiiren, welcher den ſtatum reipublicæ nicht
weiß? Daher, wenn Leute mangeln, ſo an dem Orte geweſen ſind,
muß man ſolche nehmen, die ex aliorum luſtris ſich informirt; Denn
uͤberall kan einer nicht hinreiſen. Man ſagt, mit denen Venetianern
waͤre uͤbel zu negotiiren, weil ſie was beſonders haben. Wenn Franck-
reich einen Ambaſſadeur hinſchicket, ſo werden allezeit etliche Leute mit
geſchicket, welche ſie von dem Venetianiſchen Staat informiren muͤſſen,
die werden hernach employirt. In der Schweitz iſt auch ſchwer zu ne-
goriiren. Der Koͤnig in Engeland hat den Doctor Fabricium, einen
Theologum von Heidelberg gebraucht, weil derſelbe ſich lange in der
Schweitz aufgehalten, und ihren Staat gekennt. Man muß ſehen,
wer das jus fœdera pangendi habe, wer muͤſſe requirirt werden, daß er
darein conſentire. So iſts auch in unſern Teutſchen Reiche ſchwer,
denn da muͤſſen alle Principes und ſtatus imperii conſentiren, wenn ein
fœdus ſoll guͤltig ſeyn, man muß wiſſen, was eine jede Republique vor
Maximen fuͤhret; daher iſt eben die neue Hiſtorie hoͤchſtnoͤthig. Burner
in ſeinen Memoiren, welche erſt nach ſeinem Tode publicirt worden,
ſagt
Was bey Auf-
richtung der
Buͤndniſſe uͤ-
berhaupt in
acht zu neh-
men.
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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/389>, abgerufen am 24.11.2024.
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