Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia Frantzösische Hunde, welche mit denen Türcken ein foedus gemacht.Carolus V. hat auch einen Titul drucken lassen, welchen Franciscus I. an den Türcken geschrieben, der sehr hoch gewesen. Aber man meynt, es habe Carolus V. solchen ex calumnia verfertigen lassen, deßwegen kan man sagen: non facile müsse man mit solchen ein foedus machen, wenn gleich ratione juris gewiß ist, daß es nichts zu bedeuten, so sind doch nicht alle Leute deßwegen versichert. Bey der letzten alliance aber mit denen Türcken haben die Frantzosen avantage gehabt, da haben sie Louis d'Or in Constantinopel passiren lassen. Denn der Mufti und Groß- Vezier sind fripons von profession, sie sind interessirt, wer am meisten bietet, der gewinnt. Hiervon kan man artige remarquen lesen in dem Espion des Cours de l'Europe. Der König in Schweden meynte sich durch den Türcken zu retabliren, er wuste aber den Zustand in der Tür- ckey nicht recht, ja wenn er Geld gegeben hätte, würde er reussiret ha- ben, so aber gedachte er Geld zu haben. Er offerirte Geld, aber der Czaar überboth ihn immer besser; Ob ich zwar erinnert, daß man nicht kan Achtung geben, ob einer ein Christ oder ein Türck, so muß man doch sehen, ob der andere betrüglich, und da ist eine grosse prudence zu beo- bachten, daß man nicht hinter das Licht geführet wird. Grosse Herren können nicht sagen: Er hat mich betrogen, ergo will ich nicht mehr mit ihm zu thun haben. Wie Ludovicus XII. vom Ferdinando Catholico so beluchst worden, und seine Gesandten sagten: Ludovicus XII. wollte nichts mehr mit ihm zu thun haben, weil er ihn dreymahl betrogen, so hat Ferdinandus gesagt: Zwölff mahl habe er ihn beluchst, doch würde er ihn schon wieder brauchen. Hobbesius sagt: Es sey gut, daß man mit perfidis nichts zu thun habe, giebt aber die cautel, daß, wenn man mit einem solchen ein foedus habe, so solle man machen, daß der andere das foedus zuerst exequirt, wollte er nicht, so müsse man gleich wieder abgehen, da schade es nicht, exequirte er es erst, so hast du keinen Scha- den. Wir sind bey dem Ludovico XIV. immer so ehrlich gewesen, und haben alles zu erst restituiret, hernach hat er auf seiner Seite alles ver- zögert, und nichts geben wollen. Amelot in seiner Dedication an den König in Franckreich, welche vor des Graecians l'homme de Cour stehet, saget: Seine Nachkommen würden von ihm sagen, was Philippus II. von dem Ferdinando Catholico gesagt: Dieser wäre Ursach, daß Spa- nien potens worden, er hätte dieses bey Franckreich zuwege gebracht. Den Ferdinandum Catholicum halten aber die Frantzosen vor einen fourbe. Ist also eine greuliche sottise von dem Amelot, daß er hiedurch Ludovicum XIV. wollen loben. §. 12.
Cap. V. De prudentia Frantzoͤſiſche Hunde, welche mit denen Tuͤrcken ein fœdus gemacht.Carolus V. hat auch einen Titul drucken laſſen, welchen Franciſcus I. an den Tuͤrcken geſchrieben, der ſehr hoch geweſen. Aber man meynt, es habe Carolus V. ſolchen ex calumnia verfertigen laſſen, deßwegen kan man ſagen: non facile muͤſſe man mit ſolchen ein fœdus machen, wenn gleich ratione juris gewiß iſt, daß es nichts zu bedeuten, ſo ſind doch nicht alle Leute deßwegen verſichert. Bey der letzten alliance aber mit denen Tuͤrcken haben die Frantzoſen avantage gehabt, da haben ſie Louis d’Or in Conſtantinopel paſſiren laſſen. Denn der Mufti und Groß- Vezier ſind fripons von profesſion, ſie ſind interesſirt, wer am meiſten bietet, der gewinnt. Hiervon kan man artige remarquen leſen in dem Eſpion des Cours de l’Europe. Der Koͤnig in Schweden meynte ſich durch den Tuͤrcken zu retabliren, er wuſte aber den Zuſtand in der Tuͤr- ckey nicht recht, ja wenn er Geld gegeben haͤtte, wuͤrde er reusſiret ha- ben, ſo aber gedachte er Geld zu haben. Er offerirte Geld, aber der Czaar uͤberboth ihn immer beſſer; Ob ich zwar erinnert, daß man nicht kan Achtung geben, ob einer ein Chriſt oder ein Tuͤrck, ſo muß man doch ſehen, ob der andere betruͤglich, und da iſt eine groſſe prudence zu beo- bachten, daß man nicht hinter das Licht gefuͤhret wird. Groſſe Herren koͤnnen nicht ſagen: Er hat mich betrogen, ergo will ich nicht mehr mit ihm zu thun haben. Wie Ludovicus XII. vom Ferdinando Catholico ſo beluchſt worden, und ſeine Geſandten ſagten: Ludovicus XII. wollte nichts mehr mit ihm zu thun haben, weil er ihn dreymahl betrogen, ſo hat Ferdinandus geſagt: Zwoͤlff mahl habe er ihn beluchſt, doch wuͤrde er ihn ſchon wieder brauchen. Hobbeſius ſagt: Es ſey gut, daß man mit perfidis nichts zu thun habe, giebt aber die cautel, daß, wenn man mit einem ſolchen ein fœdus habe, ſo ſolle man machen, daß der andere das fœdus zuerſt exequirt, wollte er nicht, ſo muͤſſe man gleich wieder abgehen, da ſchade es nicht, exequirte er es erſt, ſo haſt du keinen Scha- den. Wir ſind bey dem Ludovico XIV. immer ſo ehrlich geweſen, und haben alles zu erſt reſtituiret, hernach hat er auf ſeiner Seite alles ver- zoͤgert, und nichts geben wollen. Amelot in ſeiner Dedication an den Koͤnig in Franckreich, welche vor des Græcians l’homme de Cour ſtehet, ſaget: Seine Nachkommen wuͤrden von ihm ſagen, was Philippus II. von dem Ferdinando Catholico geſagt: Dieſer waͤre Urſach, daß Spa- nien potens worden, er haͤtte dieſes bey Franckreich zuwege gebracht. Den Ferdinandum Catholicum halten aber die Frantzoſen vor einen fourbe. Iſt alſo eine greuliche ſottiſe von dem Amelot, daß er hiedurch Ludovicum XIV. wollen loben. §. 12.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0388" n="368"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi></hi> V. De prudentia</hi></fw><lb/> Frantzoͤſiſche Hunde, welche mit denen Tuͤrcken ein <hi rendition="#aq">fœdus</hi> gemacht.<lb/><hi rendition="#aq">Carolus V.</hi> hat auch einen Titul drucken laſſen, welchen <hi rendition="#aq">Franciſcus I.</hi> an<lb/> den Tuͤrcken geſchrieben, der ſehr hoch geweſen. Aber man meynt, es<lb/> habe <hi rendition="#aq">Carolus V.</hi> ſolchen <hi rendition="#aq">ex calumnia</hi> verfertigen laſſen, deßwegen kan<lb/> man ſagen: <hi rendition="#aq">non facile</hi> muͤſſe man mit ſolchen ein <hi rendition="#aq">fœdus</hi> machen, wenn<lb/> gleich <hi rendition="#aq">ratione juris</hi> gewiß iſt, daß es nichts zu bedeuten, ſo ſind doch<lb/> nicht alle Leute deßwegen verſichert. Bey der letzten <hi rendition="#aq">alliance</hi> aber mit<lb/> denen Tuͤrcken haben die Frantzoſen <hi rendition="#aq">avantage</hi> gehabt, da haben ſie <hi rendition="#aq">Louis<lb/> d’Or</hi> in Conſtantinopel <hi rendition="#aq">paſſi</hi>ren laſſen. Denn der <hi rendition="#aq">Mufti</hi> und Groß-<lb/><hi rendition="#aq">Vezier</hi> ſind <hi rendition="#aq">fripons</hi> von <hi rendition="#aq">profesſion,</hi> ſie ſind <hi rendition="#aq">interesſi</hi>rt, wer am meiſten<lb/> bietet, der gewinnt. Hiervon kan man artige <hi rendition="#aq">remarqu</hi>en leſen in dem<lb/><hi rendition="#aq">Eſpion des Cours de l’Europe.</hi> Der Koͤnig in Schweden meynte ſich<lb/> durch den Tuͤrcken zu <hi rendition="#aq">retabli</hi>ren, er wuſte aber den Zuſtand in der Tuͤr-<lb/> ckey nicht recht, ja wenn er Geld gegeben haͤtte, wuͤrde er <hi rendition="#aq">reusſi</hi>ret ha-<lb/> ben, ſo aber gedachte er Geld zu haben. Er <hi rendition="#aq">offeri</hi>rte Geld, aber der<lb/> Czaar uͤberboth ihn immer beſſer; Ob ich zwar erinnert, daß man nicht<lb/> kan Achtung geben, ob einer ein Chriſt oder ein Tuͤrck, ſo muß man doch<lb/> ſehen, ob der andere betruͤglich, und da iſt eine groſſe <hi rendition="#aq">prudence</hi> zu beo-<lb/> bachten, daß man nicht hinter das Licht gefuͤhret wird. Groſſe Herren<lb/> koͤnnen nicht ſagen: Er hat mich betrogen, <hi rendition="#aq">ergo</hi> will ich nicht mehr mit<lb/> ihm zu thun haben. Wie <hi rendition="#aq">Ludovicus XII.</hi> vom <hi rendition="#aq">Ferdinando Catholico</hi> ſo<lb/> beluchſt worden, und ſeine Geſandten ſagten: <hi rendition="#aq">Ludovicus XII.</hi> wollte<lb/> nichts mehr mit ihm zu thun haben, weil er ihn dreymahl betrogen, ſo<lb/> hat <hi rendition="#aq">Ferdinandus</hi> geſagt: Zwoͤlff mahl habe er ihn beluchſt, doch wuͤrde<lb/> er ihn ſchon wieder brauchen. <hi rendition="#aq">Hobbeſius</hi> ſagt: Es ſey gut, daß man<lb/> mit <hi rendition="#aq">perfidis</hi> nichts zu thun habe, giebt aber die <hi rendition="#aq">cautel,</hi> daß, wenn man<lb/> mit einem ſolchen ein <hi rendition="#aq">fœdus</hi> habe, ſo ſolle man machen, daß der andere<lb/> das <hi rendition="#aq">fœdus</hi> zuerſt <hi rendition="#aq">exequi</hi>rt, wollte er nicht, ſo muͤſſe man gleich wieder<lb/> abgehen, da ſchade es nicht, <hi rendition="#aq">exequi</hi>rte er es erſt, ſo haſt du keinen Scha-<lb/> den. Wir ſind bey dem <hi rendition="#aq">Ludovico XIV.</hi> immer ſo ehrlich geweſen, und<lb/> haben alles zu erſt <hi rendition="#aq">reſtitui</hi>ret, hernach hat er auf ſeiner Seite alles ver-<lb/> zoͤgert, und nichts geben wollen. <hi rendition="#aq">Amelot</hi> in ſeiner <hi rendition="#aq">Dedication</hi> an den<lb/> Koͤnig in Franckreich, welche vor des <hi rendition="#aq">Græcians l’homme de Cour</hi> ſtehet,<lb/> ſaget: Seine Nachkommen wuͤrden von ihm ſagen, was <hi rendition="#aq">Philippus II.</hi><lb/> von dem <hi rendition="#aq">Ferdinando Catholico</hi> geſagt: Dieſer waͤre Urſach, daß Spa-<lb/> nien <hi rendition="#aq">potens</hi> worden, er haͤtte dieſes bey Franckreich zuwege gebracht.<lb/> Den <hi rendition="#aq">Ferdinandum Catholicum</hi> halten aber die Frantzoſen vor einen<lb/><hi rendition="#aq">fourbe.</hi> Iſt alſo eine greuliche <hi rendition="#aq">ſottiſe</hi> von dem <hi rendition="#aq">Amelot,</hi> daß er hiedurch<lb/><hi rendition="#aq">Ludovicum XIV.</hi> wollen loben.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">§. 12.</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [368/0388]
Cap. V. De prudentia
Frantzoͤſiſche Hunde, welche mit denen Tuͤrcken ein fœdus gemacht.
Carolus V. hat auch einen Titul drucken laſſen, welchen Franciſcus I. an
den Tuͤrcken geſchrieben, der ſehr hoch geweſen. Aber man meynt, es
habe Carolus V. ſolchen ex calumnia verfertigen laſſen, deßwegen kan
man ſagen: non facile muͤſſe man mit ſolchen ein fœdus machen, wenn
gleich ratione juris gewiß iſt, daß es nichts zu bedeuten, ſo ſind doch
nicht alle Leute deßwegen verſichert. Bey der letzten alliance aber mit
denen Tuͤrcken haben die Frantzoſen avantage gehabt, da haben ſie Louis
d’Or in Conſtantinopel paſſiren laſſen. Denn der Mufti und Groß-
Vezier ſind fripons von profesſion, ſie ſind interesſirt, wer am meiſten
bietet, der gewinnt. Hiervon kan man artige remarquen leſen in dem
Eſpion des Cours de l’Europe. Der Koͤnig in Schweden meynte ſich
durch den Tuͤrcken zu retabliren, er wuſte aber den Zuſtand in der Tuͤr-
ckey nicht recht, ja wenn er Geld gegeben haͤtte, wuͤrde er reusſiret ha-
ben, ſo aber gedachte er Geld zu haben. Er offerirte Geld, aber der
Czaar uͤberboth ihn immer beſſer; Ob ich zwar erinnert, daß man nicht
kan Achtung geben, ob einer ein Chriſt oder ein Tuͤrck, ſo muß man doch
ſehen, ob der andere betruͤglich, und da iſt eine groſſe prudence zu beo-
bachten, daß man nicht hinter das Licht gefuͤhret wird. Groſſe Herren
koͤnnen nicht ſagen: Er hat mich betrogen, ergo will ich nicht mehr mit
ihm zu thun haben. Wie Ludovicus XII. vom Ferdinando Catholico ſo
beluchſt worden, und ſeine Geſandten ſagten: Ludovicus XII. wollte
nichts mehr mit ihm zu thun haben, weil er ihn dreymahl betrogen, ſo
hat Ferdinandus geſagt: Zwoͤlff mahl habe er ihn beluchſt, doch wuͤrde
er ihn ſchon wieder brauchen. Hobbeſius ſagt: Es ſey gut, daß man
mit perfidis nichts zu thun habe, giebt aber die cautel, daß, wenn man
mit einem ſolchen ein fœdus habe, ſo ſolle man machen, daß der andere
das fœdus zuerſt exequirt, wollte er nicht, ſo muͤſſe man gleich wieder
abgehen, da ſchade es nicht, exequirte er es erſt, ſo haſt du keinen Scha-
den. Wir ſind bey dem Ludovico XIV. immer ſo ehrlich geweſen, und
haben alles zu erſt reſtituiret, hernach hat er auf ſeiner Seite alles ver-
zoͤgert, und nichts geben wollen. Amelot in ſeiner Dedication an den
Koͤnig in Franckreich, welche vor des Græcians l’homme de Cour ſtehet,
ſaget: Seine Nachkommen wuͤrden von ihm ſagen, was Philippus II.
von dem Ferdinando Catholico geſagt: Dieſer waͤre Urſach, daß Spa-
nien potens worden, er haͤtte dieſes bey Franckreich zuwege gebracht.
Den Ferdinandum Catholicum halten aber die Frantzoſen vor einen
fourbe. Iſt alſo eine greuliche ſottiſe von dem Amelot, daß er hiedurch
Ludovicum XIV. wollen loben.
§. 12.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |