Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia cipi nicht zu viel auch nicht zu wentg beygelegt. Ich gebe dem Principiauch nichts circa differentia. Denn die religio ist vel externa vel inter- na. Internam kan mir kein Mensch nehmen, die ist mir allein und mei- ner conscience bekannt, und kan ich solche unter den Heyden und Tür- cken haben; Aber die externa bestehet in natürlichen Ceremonien und ri- tibus. Pere Simon hat in seinen Lettres Critiques gar artig gewiesen, daß keine Religion ohne Ceremonien. Gebe ich dem Principi ein jus circa haec, so hebe ich omnem libertatem religionis auf, und doch ist ein gemeines principium: Religionem esse liberam. Es ist absurd, wenn ei- ner sagt, er lasse mir libertatem in religione interna, und restringire mir libertatem cultus externi. Die internam kan mir so kein Mensch neh- men, und nimmt er mir eo ipso omnem libertatem. Was das exterius betrifft, da giebt man dem Principi ein imperium, damit alles ruhig zu- gehe. Er muß wissen, wer docirt; Daher kein Fürst kan excludirt werden von dem jure constituendi, approbandi Episcopos, Doctores &c. Wenn gleich an einem Orte summa libertas, so muß doch ein Princeps auf die Docentes sehen, ob es sind homines seditiosi? So weit erstreckt sich libertas religionis. Also ist das jus circa sacra nichts besonders, sondern eben ein solches jus, welches er über die übrigen Collegia hat. Qu. Soll der Princeps nicht 1) vor sich suchen die wahre Religion zu am- plectiren, 2) solche zu promoviren und 3) wenn er sie promoviret, andere suchen zu exstirpiren? Resp. Es ist freylich in abstracto gewiß, wo vera religio ist, die kan nichts als gutes würcken. Die vera religio ist nichts anders, als eine series solcher dogmatum, welche uns nicht nur bekannt machen Deum summum ejusque attributa, sondern auch, daß man ihn fürchtet, seine actiones darnach einrichtet, den Nechsten liebet als sich selbst; und wenn man alles dieses veobachtet, nach diesem Leben, das ewige sich zuwege bringet. Wer die wahre Religion hat, hat eine grosse Perl, und wird niemand leugnen, daß auch ein Princeps suchen müsse, die wahre Neligion zu erhalten, wie alle Menschen solches thun müssen. Es ist auch nicht zu leugnen, promoveat veram religionem, h. e. faciat docere; Aber die Haupt-Frage ist: Ob er alle andere Reli- gionen extirpiren müsse, si possit? Diese Frage hat mehr denn eine re- lation bey sich, und kan man nicht simplement antworten: 1) wird ge- fragt, ob er alle falsas religiones solle ausrotten? 2) si possit. Resp. Wenn wir gewiß wüsten, was vera religio, wären alle davon überzeugt und lebten in einer solchen republique, wie die Judaica gewesen, so gienge es wohl an, daß man die andern extirpiren könne. Bey der Jüdischen Republique finden wir, daß nicht mehr als eine religio gewesen, es war da-
Cap. V. De prudentia cipi nicht zu viel auch nicht zu wentg beygelegt. Ich gebe dem Principiauch nichts circa differentia. Denn die religio iſt vel externa vel inter- na. Internam kan mir kein Menſch nehmen, die iſt mir allein und mei- ner conſcience bekannt, und kan ich ſolche unter den Heyden und Tuͤr- cken haben; Aber die externa beſtehet in natuͤrlichen Ceremonien und ri- tibus. Pere Simon hat in ſeinen Lettres Critiques gar artig gewieſen, daß keine Religion ohne Ceremonien. Gebe ich dem Principi ein jus circa hæc, ſo hebe ich omnem libertatem religionis auf, und doch iſt ein gemeines principium: Religionem eſſe liberam. Es iſt abſurd, wenn ei- ner ſagt, er laſſe mir libertatem in religione interna, und reſtringire mir libertatem cultus externi. Die internam kan mir ſo kein Menſch neh- men, und nimmt er mir eo ipſo omnem libertatem. Was das exterius betrifft, da giebt man dem Principi ein imperium, damit alles ruhig zu- gehe. Er muß wiſſen, wer docirt; Daher kein Fuͤrſt kan excludirt werden von dem jure conſtituendi, approbandi Epiſcopos, Doctores &c. Wenn gleich an einem Orte ſumma libertas, ſo muß doch ein Princeps auf die Docentes ſehen, ob es ſind homines ſeditioſi? So weit erſtreckt ſich libertas religionis. Alſo iſt das jus circa ſacra nichts beſonders, ſondern eben ein ſolches jus, welches er uͤber die uͤbrigen Collegia hat. Qu. Soll der Princeps nicht 1) vor ſich ſuchen die wahre Religion zu am- plectiren, 2) ſolche zu promoviren und 3) wenn er ſie promoviret, andere ſuchen zu exſtirpiren? Reſp. Es iſt freylich in abſtracto gewiß, wo vera religio iſt, die kan nichts als gutes wuͤrcken. Die vera religio iſt nichts anders, als eine ſeries ſolcher dogmatum, welche uns nicht nur bekannt machen Deum ſummum ejusque attributa, ſondern auch, daß man ihn fuͤrchtet, ſeine actiones darnach einrichtet, den Nechſten liebet als ſich ſelbſt; und wenn man alles dieſes veobachtet, nach dieſem Leben, das ewige ſich zuwege bringet. Wer die wahre Religion hat, hat eine groſſe Perl, und wird niemand leugnen, daß auch ein Princeps ſuchen muͤſſe, die wahre Neligion zu erhalten, wie alle Menſchen ſolches thun muͤſſen. Es iſt auch nicht zu leugnen, promoveat veram religionem, h. e. faciat docere; Aber die Haupt-Frage iſt: Ob er alle andere Reli- gionen extirpiren muͤſſe, ſi poſſit? Dieſe Frage hat mehr denn eine re- lation bey ſich, und kan man nicht ſimplement antworten: 1) wird ge- fragt, ob er alle falſas religiones ſolle ausrotten? 2) ſi poſſit. Reſp. Wenn wir gewiß wuͤſten, was vera religio, waͤren alle davon uͤberzeugt und lebten in einer ſolchen republique, wie die Judaica geweſen, ſo gienge es wohl an, daß man die andern extirpiren koͤnne. Bey der Juͤdiſchen Republique finden wir, daß nicht mehr als eine religio geweſen, es war da-
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auch nichts circa differentia. Denn die religio iſt vel externa vel inter-
na. Internam kan mir kein Menſch nehmen, die iſt mir allein und mei-
ner conſcience bekannt, und kan ich ſolche unter den Heyden und Tuͤr-
cken haben; Aber die externa beſtehet in natuͤrlichen Ceremonien und ri-
tibus. Pere Simon hat in ſeinen Lettres Critiques gar artig gewieſen,
daß keine Religion ohne Ceremonien. Gebe ich dem Principi ein jus
circa hæc, ſo hebe ich omnem libertatem religionis auf, und doch iſt ein
gemeines principium: Religionem eſſe liberam. Es iſt abſurd, wenn ei-
ner ſagt, er laſſe mir libertatem in religione interna, und reſtringire mir
libertatem cultus externi. Die internam kan mir ſo kein Menſch neh-
men, und nimmt er mir eo ipſo omnem libertatem. Was das exterius
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gehe. Er muß wiſſen, wer docirt; Daher kein Fuͤrſt kan excludirt
werden von dem jure conſtituendi, approbandi Epiſcopos, Doctores &c.
Wenn gleich an einem Orte ſumma libertas, ſo muß doch ein Princeps
auf die Docentes ſehen, ob es ſind homines ſeditioſi? So weit erſtreckt
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Qu. Soll der Princeps nicht 1) vor ſich ſuchen die wahre Religion zu am-
plectiren, 2) ſolche zu promoviren und 3) wenn er ſie promoviret, andere
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anders, als eine ſeries ſolcher dogmatum, welche uns nicht nur bekannt
machen Deum ſummum ejusque attributa, ſondern auch, daß man ihn
fuͤrchtet, ſeine actiones darnach einrichtet, den Nechſten liebet als ſich
ſelbſt; und wenn man alles dieſes veobachtet, nach dieſem Leben, das
ewige ſich zuwege bringet. Wer die wahre Religion hat, hat eine
groſſe Perl, und wird niemand leugnen, daß auch ein Princeps ſuchen
muͤſſe, die wahre Neligion zu erhalten, wie alle Menſchen ſolches thun
muͤſſen. Es iſt auch nicht zu leugnen, promoveat veram religionem,
h. e. faciat docere; Aber die Haupt-Frage iſt: Ob er alle andere Reli-
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fragt, ob er alle falſas religiones ſolle ausrotten? 2) ſi poſſit. Reſp.
Wenn wir gewiß wuͤſten, was vera religio, waͤren alle davon uͤberzeugt
und lebten in einer ſolchen republique, wie die Judaica geweſen, ſo gienge
es wohl an, daß man die andern extirpiren koͤnne. Bey der Juͤdiſchen
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