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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V. De prudentia
müssen sie auch kauffen. Meine Unterthanen kan ich leicht zwingen,
daß sie dieselben kauffen müssen, deßwegen aber bringe ich nicht zu we-
ge, daß andere Leute sie kauffen. Dahero muß copia mercium talium,
welche Fremde kauffen, die künstlich seyn, da seyn. Quaer. Wie kriegt
man Künstler ins Land. Respond. Man kan es machen wie Henricus
IV.
daß man Leute reisen läßt, welches sehr gut. Dicis: Man kan ja
einen Mann kriegen, der so ein manufactur-Wesen an sich nimmt, wie
es in Dännemarck, Schweden, auch in hiesigen Landen geschehen? Re-
spond.
Das taugt alles nicht, wie Schröder in seiner Fürstlichen Schatz-
und Renth-Cammer gewiesen. Das ist gut, wenn man gewissen Leu-
ten privilegia giebt, wie hier denen Frantzosen, und sagt, sie sollen fleis-
sig arbeiten; Aber das ist nichts, wenn man es einem eintzigen überge-
ben will. Ein solcher ernähret zwar viel Leute, ist er aber todt, so ist al-
les aus; Denn da ist entweder niemand, der es wieder so verstehet, oder
wenn es ja die Söhne wissen, er hat viel erworben, so suchen sie Grand-
Seigneurs
zu werden, und scheeren sich viel um die manufacturen. Da-
her ist kein besser Mittel, als daß man mehrere Leute encouragiret, oder
das tempo in acht nimmt. Wie der Hertzog von Alba in denen Nie-
derlanden so viel verjagte, so giengen viele Tuch-Weber nach Engeland,
da fanden sie materialien genug, und liessen die Engeländer keine Wolle
mehr weggehen. Sie bekamen auch Seiden-Weber aus denen Nieder-
landen. In Schweden haben sie sonst das Eisen alle weggeschicket, da
giengen auch einige Schmiede aus denen Niederlanden nach Schweden.
Wie die Reformirten aus Franckreich gehen müssen, haben viele profi-
ti
ret. Der Frantzoß ist aber ein Kerl, der unverdrossen, und handeln
diejenigen, so in Erlangen sind, bis in die Schweitz, nach Böhmen,
Schlesien; Vertreiben da ihre manufacturen, und befinden sich admira-
ble
dabey. Man muß hernach auch die Leute erhalten, und sie nicht mit
allzu grossen imposten belegen. Es sind contradictoria, wenn man will
imposten anlegen/ und doch die manufacturen behalten: Denn die Waa-
ren muß ich gut lieffern, und wohlfeil. Wenn sie auch nicht gut seyn,
sie können aber wohlfeil gegeben werden, so gehen sie doch ab. Wer
die Handwercks-Leute will behalten, muß sie ehren, ihnen privile-
gia
geben, wenn es auch gleich närrische privilegia, so nichts importiren.
In Nürnberg sind etliche Handwercker, so alle Jahr können einen Um-
zug halten, da hat der Kerl einen Mantel um, und einen Degen darun-
ter, sie haben einen Tantz dabey, worzu sie die Vornehmsten invitiren, da
dencken die Kerl, sie hätten eine grosse avantage, und sey nirgends zu le-
ben, als in Nürnberg. Man kan auch die besten, reichsten, klügsten,

mit

Cap. V. De prudentia
muͤſſen ſie auch kauffen. Meine Unterthanen kan ich leicht zwingen,
daß ſie dieſelben kauffen muͤſſen, deßwegen aber bringe ich nicht zu we-
ge, daß andere Leute ſie kauffen. Dahero muß copia mercium talium,
welche Fremde kauffen, die kuͤnſtlich ſeyn, da ſeyn. Quær. Wie kriegt
man Kuͤnſtler ins Land. Reſpond. Man kan es machen wie Henricus
IV.
daß man Leute reiſen laͤßt, welches ſehr gut. Dicis: Man kan ja
einen Mann kriegen, der ſo ein manufactur-Weſen an ſich nimmt, wie
es in Daͤnnemarck, Schweden, auch in hieſigen Landen geſchehen? Re-
ſpond.
Das taugt alles nicht, wie Schroͤder in ſeiner Fuͤrſtlichen Schatz-
und Renth-Cammer gewieſen. Das iſt gut, wenn man gewiſſen Leu-
ten privilegia giebt, wie hier denen Frantzoſen, und ſagt, ſie ſollen fleiſ-
ſig arbeiten; Aber das iſt nichts, wenn man es einem eintzigen uͤberge-
ben will. Ein ſolcher ernaͤhret zwar viel Leute, iſt er aber todt, ſo iſt al-
les aus; Denn da iſt entweder niemand, der es wieder ſo verſtehet, oder
wenn es ja die Soͤhne wiſſen, er hat viel erworben, ſo ſuchen ſie Grand-
Seigneurs
zu werden, und ſcheeren ſich viel um die manufacturen. Da-
her iſt kein beſſer Mittel, als daß man mehrere Leute encouragiret, oder
das tempo in acht nimmt. Wie der Hertzog von Alba in denen Nie-
derlanden ſo viel verjagte, ſo giengen viele Tuch-Weber nach Engeland,
da fanden ſie materialien genug, und lieſſen die Engelaͤnder keine Wolle
mehr weggehen. Sie bekamen auch Seiden-Weber aus denen Nieder-
landen. In Schweden haben ſie ſonſt das Eiſen alle weggeſchicket, da
giengen auch einige Schmiede aus denen Niederlanden nach Schweden.
Wie die Reformirten aus Franckreich gehen muͤſſen, haben viele profi-
ti
ret. Der Frantzoß iſt aber ein Kerl, der unverdroſſen, und handeln
diejenigen, ſo in Erlangen ſind, bis in die Schweitz, nach Boͤhmen,
Schleſien; Vertreiben da ihre manufacturen, und befinden ſich admira-
ble
dabey. Man muß hernach auch die Leute erhalten, und ſie nicht mit
allzu groſſen impoſten belegen. Es ſind contradictoria, wenn man will
impoſten anlegen/ und doch die manufacturen behalten: Denn die Waa-
ren muß ich gut lieffern, und wohlfeil. Wenn ſie auch nicht gut ſeyn,
ſie koͤnnen aber wohlfeil gegeben werden, ſo gehen ſie doch ab. Wer
die Handwercks-Leute will behalten, muß ſie ehren, ihnen privile-
gia
geben, wenn es auch gleich naͤrriſche privilegia, ſo nichts importiren.
In Nuͤrnberg ſind etliche Handwercker, ſo alle Jahr koͤnnen einen Um-
zug halten, da hat der Kerl einen Mantel um, und einen Degen darun-
ter, ſie haben einen Tantz dabey, worzu ſie die Vornehmſten invitiren, da
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[336/0356] Cap. V. De prudentia muͤſſen ſie auch kauffen. Meine Unterthanen kan ich leicht zwingen, daß ſie dieſelben kauffen muͤſſen, deßwegen aber bringe ich nicht zu we- ge, daß andere Leute ſie kauffen. Dahero muß copia mercium talium, welche Fremde kauffen, die kuͤnſtlich ſeyn, da ſeyn. Quær. Wie kriegt man Kuͤnſtler ins Land. Reſpond. Man kan es machen wie Henricus IV. daß man Leute reiſen laͤßt, welches ſehr gut. Dicis: Man kan ja einen Mann kriegen, der ſo ein manufactur-Weſen an ſich nimmt, wie es in Daͤnnemarck, Schweden, auch in hieſigen Landen geſchehen? Re- ſpond. Das taugt alles nicht, wie Schroͤder in ſeiner Fuͤrſtlichen Schatz- und Renth-Cammer gewieſen. Das iſt gut, wenn man gewiſſen Leu- ten privilegia giebt, wie hier denen Frantzoſen, und ſagt, ſie ſollen fleiſ- ſig arbeiten; Aber das iſt nichts, wenn man es einem eintzigen uͤberge- ben will. Ein ſolcher ernaͤhret zwar viel Leute, iſt er aber todt, ſo iſt al- les aus; Denn da iſt entweder niemand, der es wieder ſo verſtehet, oder wenn es ja die Soͤhne wiſſen, er hat viel erworben, ſo ſuchen ſie Grand- Seigneurs zu werden, und ſcheeren ſich viel um die manufacturen. Da- her iſt kein beſſer Mittel, als daß man mehrere Leute encouragiret, oder das tempo in acht nimmt. Wie der Hertzog von Alba in denen Nie- derlanden ſo viel verjagte, ſo giengen viele Tuch-Weber nach Engeland, da fanden ſie materialien genug, und lieſſen die Engelaͤnder keine Wolle mehr weggehen. Sie bekamen auch Seiden-Weber aus denen Nieder- landen. In Schweden haben ſie ſonſt das Eiſen alle weggeſchicket, da giengen auch einige Schmiede aus denen Niederlanden nach Schweden. Wie die Reformirten aus Franckreich gehen muͤſſen, haben viele profi- tiret. Der Frantzoß iſt aber ein Kerl, der unverdroſſen, und handeln diejenigen, ſo in Erlangen ſind, bis in die Schweitz, nach Boͤhmen, Schleſien; Vertreiben da ihre manufacturen, und befinden ſich admira- ble dabey. Man muß hernach auch die Leute erhalten, und ſie nicht mit allzu groſſen impoſten belegen. Es ſind contradictoria, wenn man will impoſten anlegen/ und doch die manufacturen behalten: Denn die Waa- ren muß ich gut lieffern, und wohlfeil. Wenn ſie auch nicht gut ſeyn, ſie koͤnnen aber wohlfeil gegeben werden, ſo gehen ſie doch ab. Wer die Handwercks-Leute will behalten, muß ſie ehren, ihnen privile- gia geben, wenn es auch gleich naͤrriſche privilegia, ſo nichts importiren. In Nuͤrnberg ſind etliche Handwercker, ſo alle Jahr koͤnnen einen Um- zug halten, da hat der Kerl einen Mantel um, und einen Degen darun- ter, ſie haben einen Tantz dabey, worzu ſie die Vornehmſten invitiren, da dencken die Kerl, ſie haͤtten eine groſſe avantage, und ſey nirgends zu le- ben, als in Nuͤrnberg. Man kan auch die beſten, reichſten, kluͤgſten, mit

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/356>, abgerufen am 24.11.2024.