Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

Bild:
<< vorherige Seite

circa commercia & rem monetariam.
eigener Mensch, er hat selbst schöne Manufacturen, hat aber doch grosse
Lust zu denen Frantzösischen Sachen. Wie die Königin Anna einen
schönen Stoff von dem König von Franckreich geschenckt bekommen,
und sich ein Kleid davon machen lassen, so wollten hernach alle vorneh-
me Dames auch solche tragen. Es war eine sottise von der Königin
Anna, daß sie sich ein Kleid davon machen lassen. Sie hätte es sollen
mit Danck annehmen, aber nachgehends etwa einem Cammer-Mäd-
gen schencken: denn derer Frantzosen intention war nur die Engeländer
dadurch zu inflammiren. In Schweden sind auch fremde Kaufleute
dahin kommen, welche sich da niedergelassen, ein grosses Geld gewon-
nen, mit welchem sie hernach in ihr Vaterland wieder zurück gekehret.
Das wollen sie aber jetzo nicht mehr leiden. Es ist kein commercium
fructuosum,
wo man nicht eine balance ziehet und betrachtet, was die
andern von uns gewonnen. Weil die Holländer viel von denen Fran-
tzosen gewonnen; so haben sie auch darauf gedacht, wie sie den profit
möchten verringern, aber sie haben die imposten so groß gemacht, daß
sich die Holländer weggewehnet. Huetius sagt: Es wäre gut, wenn
die Frantzosen den tarif genommen, welcher anno 1664. gewesen, wor-
auf auch die Holländer im vorigen Friedens-Schluß gedrungen, aber
der König in Franckreich hat es nicht wollen eingehen, weil die Hollän-
der zu viel profitirten. Daher nehmen die Holländer lieber Englische
Waaren, und in Engeland sind sie gescheut, daß sie auf die Waaren,
so ausgeführet werden, nicht viel legen. Die Holländer machen auch
jetzo viel Waaren selbst, denn wie die Verfolgungen in Franckreich wi-
der die Reformirten vorgegangen, sind viele Handwercks-Leute nach
Holland gekommen. Wo ein commercium seyn soll, da muß Sicher-
heit seyn, sonderlich ratione der Soldaten. Wie die Soldaten Antwer-
pen geplündert, liefen alle Kauffleute davon. Dieses ist aber leicht zu
befürchten, wo viel Soldaten sind, wenn diese einmahl ihren Sold nicht
richtig bekommen, so plündern sie, es muß ein Ort da seyn, wo man sein
Geld kan sicher hinlegen, daher ist die banco in Amsterdam vortreflich,
in welche so wohl Einheimische als Fremde ihr Geld legen können, und
wenn sie jemanden was zahlen wollen, haben sie nicht erst grosse Mühe,
es ihnen zu zahlen, sondern sie lassen sichs nur abschreiben, und dem an-
dern zuschreiben, da hat man keine Sorge, daß das Geld gestohlen
wird. Hergegen, wenn bey uns einer nur tausend Thaler hat, ist er sei-
nes Lebens nicht sicher, sondern muß immer gewärtig seyn, daß es ihn
gestohlen wird, oder man denckt sonst auf Mittel ihm solches zu entzie-
hen. Wenn man von dem commercio will gute Vorschläge thun,

darff
T t

circa commercia & rem monetariam.
eigener Menſch, er hat ſelbſt ſchoͤne Manufacturen, hat aber doch groſſe
Luſt zu denen Frantzoͤſiſchen Sachen. Wie die Koͤnigin Anna einen
ſchoͤnen Stoff von dem Koͤnig von Franckreich geſchenckt bekommen,
und ſich ein Kleid davon machen laſſen, ſo wollten hernach alle vorneh-
me Dames auch ſolche tragen. Es war eine ſottiſe von der Koͤnigin
Anna, daß ſie ſich ein Kleid davon machen laſſen. Sie haͤtte es ſollen
mit Danck annehmen, aber nachgehends etwa einem Cammer-Maͤd-
gen ſchencken: denn derer Frantzoſen intention war nur die Engelaͤnder
dadurch zu inflammiren. In Schweden ſind auch fremde Kaufleute
dahin kommen, welche ſich da niedergelaſſen, ein groſſes Geld gewon-
nen, mit welchem ſie hernach in ihr Vaterland wieder zuruͤck gekehret.
Das wollen ſie aber jetzo nicht mehr leiden. Es iſt kein commercium
fructuoſum,
wo man nicht eine balance ziehet und betrachtet, was die
andern von uns gewonnen. Weil die Hollaͤnder viel von denen Fran-
tzoſen gewonnen; ſo haben ſie auch darauf gedacht, wie ſie den profit
moͤchten verringern, aber ſie haben die impoſten ſo groß gemacht, daß
ſich die Hollaͤnder weggewehnet. Huetius ſagt: Es waͤre gut, wenn
die Frantzoſen den tarif genommen, welcher anno 1664. geweſen, wor-
auf auch die Hollaͤnder im vorigen Friedens-Schluß gedrungen, aber
der Koͤnig in Franckreich hat es nicht wollen eingehen, weil die Hollaͤn-
der zu viel profitirten. Daher nehmen die Hollaͤnder lieber Engliſche
Waaren, und in Engeland ſind ſie geſcheut, daß ſie auf die Waaren,
ſo ausgefuͤhret werden, nicht viel legen. Die Hollaͤnder machen auch
jetzo viel Waaren ſelbſt, denn wie die Verfolgungen in Franckreich wi-
der die Reformirten vorgegangen, ſind viele Handwercks-Leute nach
Holland gekommen. Wo ein commercium ſeyn ſoll, da muß Sicher-
heit ſeyn, ſonderlich ratione der Soldaten. Wie die Soldaten Antwer-
pen gepluͤndert, liefen alle Kauffleute davon. Dieſes iſt aber leicht zu
befuͤrchten, wo viel Soldaten ſind, wenn dieſe einmahl ihren Sold nicht
richtig bekommen, ſo pluͤndern ſie, es muß ein Ort da ſeyn, wo man ſein
Geld kan ſicher hinlegen, daher iſt die banco in Amſterdam vortreflich,
in welche ſo wohl Einheimiſche als Fremde ihr Geld legen koͤnnen, und
wenn ſie jemanden was zahlen wollen, haben ſie nicht erſt groſſe Muͤhe,
es ihnen zu zahlen, ſondern ſie laſſen ſichs nur abſchreiben, und dem an-
dern zuſchreiben, da hat man keine Sorge, daß das Geld geſtohlen
wird. Hergegen, wenn bey uns einer nur tauſend Thaler hat, iſt er ſei-
nes Lebens nicht ſicher, ſondern muß immer gewaͤrtig ſeyn, daß es ihn
geſtohlen wird, oder man denckt ſonſt auf Mittel ihm ſolches zu entzie-
hen. Wenn man von dem commercio will gute Vorſchlaͤge thun,

darff
T t
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0349" n="329"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">circa commercia &amp; rem monetariam.</hi></fw><lb/>
eigener Men&#x017F;ch, er hat &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;cho&#x0364;ne <hi rendition="#aq">Manufactu</hi>ren, hat aber doch gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Lu&#x017F;t zu denen Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Sachen. Wie die Ko&#x0364;nigin <hi rendition="#aq">Anna</hi> einen<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen Stoff von dem Ko&#x0364;nig von Franckreich ge&#x017F;chenckt bekommen,<lb/>
und &#x017F;ich ein Kleid davon machen la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o wollten hernach alle vorneh-<lb/>
me <hi rendition="#aq">Dames</hi> auch &#x017F;olche tragen. Es war eine <hi rendition="#aq">&#x017F;otti&#x017F;e</hi> von der Ko&#x0364;nigin<lb/><hi rendition="#aq">Anna,</hi> daß &#x017F;ie &#x017F;ich ein Kleid davon machen la&#x017F;&#x017F;en. Sie ha&#x0364;tte es &#x017F;ollen<lb/>
mit Danck annehmen, aber nachgehends etwa einem Cammer-Ma&#x0364;d-<lb/>
gen &#x017F;chencken: denn derer Frantzo&#x017F;en <hi rendition="#aq">intention</hi> war nur die Engela&#x0364;nder<lb/>
dadurch zu <hi rendition="#aq">inflammi</hi>ren. In Schweden &#x017F;ind auch fremde Kaufleute<lb/>
dahin kommen, welche &#x017F;ich da niedergela&#x017F;&#x017F;en, ein gro&#x017F;&#x017F;es Geld gewon-<lb/>
nen, mit welchem &#x017F;ie hernach in ihr Vaterland wieder zuru&#x0364;ck gekehret.<lb/>
Das wollen &#x017F;ie aber jetzo nicht mehr leiden. Es i&#x017F;t kein <hi rendition="#aq">commercium<lb/>
fructuo&#x017F;um,</hi> wo man nicht eine <hi rendition="#aq">balance</hi> ziehet und betrachtet, was die<lb/>
andern von uns gewonnen. Weil die Holla&#x0364;nder viel von denen Fran-<lb/>
tzo&#x017F;en gewonnen; &#x017F;o haben &#x017F;ie auch darauf gedacht, wie &#x017F;ie den <hi rendition="#aq">profit</hi><lb/>
mo&#x0364;chten verringern, aber &#x017F;ie haben die <hi rendition="#aq">impo&#x017F;t</hi>en &#x017F;o groß gemacht, daß<lb/>
&#x017F;ich die Holla&#x0364;nder weggewehnet. <hi rendition="#aq">Huetius</hi> &#x017F;agt: Es wa&#x0364;re gut, wenn<lb/>
die Frantzo&#x017F;en den <hi rendition="#aq">tarif</hi> genommen, welcher <hi rendition="#aq">anno</hi> 1664. gewe&#x017F;en, wor-<lb/>
auf auch die Holla&#x0364;nder im vorigen Friedens-Schluß gedrungen, aber<lb/>
der Ko&#x0364;nig in Franckreich hat es nicht wollen eingehen, weil die Holla&#x0364;n-<lb/>
der zu viel <hi rendition="#aq">profiti</hi>rten. Daher nehmen die Holla&#x0364;nder lieber Engli&#x017F;che<lb/>
Waaren, und in Engeland &#x017F;ind &#x017F;ie ge&#x017F;cheut, daß &#x017F;ie auf die Waaren,<lb/>
&#x017F;o ausgefu&#x0364;hret werden, nicht viel legen. Die Holla&#x0364;nder machen auch<lb/>
jetzo viel Waaren &#x017F;elb&#x017F;t, denn wie die Verfolgungen in Franckreich wi-<lb/>
der die Reformirten vorgegangen, &#x017F;ind viele Handwercks-Leute nach<lb/>
Holland gekommen. Wo ein <hi rendition="#aq">commercium</hi> &#x017F;eyn &#x017F;oll, da muß Sicher-<lb/>
heit &#x017F;eyn, &#x017F;onderlich <hi rendition="#aq">ratione</hi> der Soldaten. Wie die Soldaten Antwer-<lb/>
pen geplu&#x0364;ndert, liefen alle Kauffleute davon. Die&#x017F;es i&#x017F;t aber leicht zu<lb/>
befu&#x0364;rchten, wo viel Soldaten &#x017F;ind, wenn die&#x017F;e einmahl ihren Sold nicht<lb/>
richtig bekommen, &#x017F;o plu&#x0364;ndern &#x017F;ie, es muß ein Ort da &#x017F;eyn, wo man &#x017F;ein<lb/>
Geld kan &#x017F;icher hinlegen, daher i&#x017F;t die <hi rendition="#aq">banco</hi> in Am&#x017F;terdam vortreflich,<lb/>
in welche &#x017F;o wohl Einheimi&#x017F;che als Fremde ihr Geld legen ko&#x0364;nnen, und<lb/>
wenn &#x017F;ie jemanden was zahlen wollen, haben &#x017F;ie nicht er&#x017F;t gro&#x017F;&#x017F;e Mu&#x0364;he,<lb/>
es ihnen zu zahlen, &#x017F;ondern &#x017F;ie la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ichs nur ab&#x017F;chreiben, und dem an-<lb/>
dern zu&#x017F;chreiben, da hat man keine Sorge, daß das Geld ge&#x017F;tohlen<lb/>
wird. Hergegen, wenn bey uns einer nur tau&#x017F;end Thaler hat, i&#x017F;t er &#x017F;ei-<lb/>
nes Lebens nicht &#x017F;icher, &#x017F;ondern muß immer gewa&#x0364;rtig &#x017F;eyn, daß es ihn<lb/>
ge&#x017F;tohlen wird, oder man denckt &#x017F;on&#x017F;t auf Mittel ihm &#x017F;olches zu entzie-<lb/>
hen. Wenn man von dem <hi rendition="#aq">commercio</hi> will gute Vor&#x017F;chla&#x0364;ge thun,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T t</fw><fw place="bottom" type="catch">darff</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[329/0349] circa commercia & rem monetariam. eigener Menſch, er hat ſelbſt ſchoͤne Manufacturen, hat aber doch groſſe Luſt zu denen Frantzoͤſiſchen Sachen. Wie die Koͤnigin Anna einen ſchoͤnen Stoff von dem Koͤnig von Franckreich geſchenckt bekommen, und ſich ein Kleid davon machen laſſen, ſo wollten hernach alle vorneh- me Dames auch ſolche tragen. Es war eine ſottiſe von der Koͤnigin Anna, daß ſie ſich ein Kleid davon machen laſſen. Sie haͤtte es ſollen mit Danck annehmen, aber nachgehends etwa einem Cammer-Maͤd- gen ſchencken: denn derer Frantzoſen intention war nur die Engelaͤnder dadurch zu inflammiren. In Schweden ſind auch fremde Kaufleute dahin kommen, welche ſich da niedergelaſſen, ein groſſes Geld gewon- nen, mit welchem ſie hernach in ihr Vaterland wieder zuruͤck gekehret. Das wollen ſie aber jetzo nicht mehr leiden. Es iſt kein commercium fructuoſum, wo man nicht eine balance ziehet und betrachtet, was die andern von uns gewonnen. Weil die Hollaͤnder viel von denen Fran- tzoſen gewonnen; ſo haben ſie auch darauf gedacht, wie ſie den profit moͤchten verringern, aber ſie haben die impoſten ſo groß gemacht, daß ſich die Hollaͤnder weggewehnet. Huetius ſagt: Es waͤre gut, wenn die Frantzoſen den tarif genommen, welcher anno 1664. geweſen, wor- auf auch die Hollaͤnder im vorigen Friedens-Schluß gedrungen, aber der Koͤnig in Franckreich hat es nicht wollen eingehen, weil die Hollaͤn- der zu viel profitirten. Daher nehmen die Hollaͤnder lieber Engliſche Waaren, und in Engeland ſind ſie geſcheut, daß ſie auf die Waaren, ſo ausgefuͤhret werden, nicht viel legen. Die Hollaͤnder machen auch jetzo viel Waaren ſelbſt, denn wie die Verfolgungen in Franckreich wi- der die Reformirten vorgegangen, ſind viele Handwercks-Leute nach Holland gekommen. Wo ein commercium ſeyn ſoll, da muß Sicher- heit ſeyn, ſonderlich ratione der Soldaten. Wie die Soldaten Antwer- pen gepluͤndert, liefen alle Kauffleute davon. Dieſes iſt aber leicht zu befuͤrchten, wo viel Soldaten ſind, wenn dieſe einmahl ihren Sold nicht richtig bekommen, ſo pluͤndern ſie, es muß ein Ort da ſeyn, wo man ſein Geld kan ſicher hinlegen, daher iſt die banco in Amſterdam vortreflich, in welche ſo wohl Einheimiſche als Fremde ihr Geld legen koͤnnen, und wenn ſie jemanden was zahlen wollen, haben ſie nicht erſt groſſe Muͤhe, es ihnen zu zahlen, ſondern ſie laſſen ſichs nur abſchreiben, und dem an- dern zuſchreiben, da hat man keine Sorge, daß das Geld geſtohlen wird. Hergegen, wenn bey uns einer nur tauſend Thaler hat, iſt er ſei- nes Lebens nicht ſicher, ſondern muß immer gewaͤrtig ſeyn, daß es ihn geſtohlen wird, oder man denckt ſonſt auf Mittel ihm ſolches zu entzie- hen. Wenn man von dem commercio will gute Vorſchlaͤge thun, darff T t

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/349
Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/349>, abgerufen am 24.11.2024.