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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V. De prudentia
da sind, je besser es ist. Man siehet, daß die Leute nicht über die com-
mercia reflecti
rt, und keine Bücher gelesen, welche einem convenientem
numerum
verlangen. Sie meynen, daß negotium müsse eingeschlossen
seyn in eine Stadt, da könnten sich ja nicht viele nähren. Nun ist frey-
lich wahr, wenn zu viel Krahmer in einer Stadt, so können sie sich nicht
alle ernähren, und wäre freulich zu wünschen, daß man nicht viel solche
Leute in einer Stadt hätte; aber man muß sich hier einen andern con-
cept
von denen commerciis machen, wie Witt gewiesen. Wo ein rech-
ter Kauffmanns-Platz, da hat man nicht allein Gelegenheit, alle Waa-
ren in abondance zu haben, sondern ein jeder kan dieselben auch verfahren,
wo er hin will. Das ist gewiß: wo viel Kauffleute sind, und nicht viel
materialia, so können nicht alle subsistiren. Aber es giebt materialien ge-
nug, und wer einmahl da ist, wird schon seinen Verstand anstrecken,
materialien herbey zu schaffen. Da braucht es keiner demonstration.
Man siehet in Holland Millionen Menschen, weil einem jedem frey ste-
het, dahin zu gehen, und zu handeln. Man hat auch in Holland gesagt,
die alten Bürger verlöhren so viel, wenn man allen Fremden erlaubte
zu handeln. Allein Witt sagt: Wenn man da den Kauff-Handel woll-
te einschrencken, so wäre Holland verlohren: Denn gesetzt, die alten
Bürger sollen nur allein handeln, so bleiben dieselben nicht Kauffleute,
wenn sie reich werden, sondern werden Grands Seigneurs, oder leben von
ihren Renthen, alsdenn aber sind sie keine Kauffleute mehr, sondern usu-
rarii,
und endlich gehet auf die letzte der Handel gar verlohren. In Schwe-
den hat man observirt, daß wenn die Leute im Handel etwas gewonnen,
sind sie gleich Edelleute geworden, haben von ihren Renthen gelebt, oder
Land-Güther gekaufft, und die Bauren geplackt. In Engeland ist es
eben so gegangen; Hergegen in Holland, wenn eine Familie sich ein-
mahl auf die Kauffmannschafft geleget, muß sie dabey bleiben, sie kön-
nen da nicht von Renthen leben, weil man wenig ufuras giebt. Da-
her sind die Fremden ein stimulus, wodurch andere angefrischt werden,
etwas vorzunehmen. Wo viele Leute sind, da sind auch viele Hand-
wercker, und fehlet es daselbst nicht an manufacturen. Hernach kommt
es nur darauf an, daß ein opifex was gutes macht, und andere über-
trifft, alsdenn werden auch seine Waaren vor andern gesucht. Ein
fremder Kauffmann denckt immer darauf, wie er seinen Handel besser
ctabliren möge, und macht sich die Welt bekannt; Daher ist gut, wenn
man drucken läßt, wo diese oder jene Waaren einen Abgang haben, wie
man in Holland dergleichen Buch drucken lassen. Denn man kan nicht
alle Waaren an einem Ort hinbringen. Die Kauffleute suchen immer

ein

Cap. V. De prudentia
da ſind, je beſſer es iſt. Man ſiehet, daß die Leute nicht uͤber die com-
mercia reflecti
rt, und keine Buͤcher geleſen, welche einem convenientem
numerum
verlangen. Sie meynen, daß negotium muͤſſe eingeſchloſſen
ſeyn in eine Stadt, da koͤnnten ſich ja nicht viele naͤhren. Nun iſt frey-
lich wahr, wenn zu viel Krahmer in einer Stadt, ſo koͤnnen ſie ſich nicht
alle ernaͤhren, und waͤre freulich zu wuͤnſchen, daß man nicht viel ſolche
Leute in einer Stadt haͤtte; aber man muß ſich hier einen andern con-
cept
von denen commerciis machen, wie Witt gewieſen. Wo ein rech-
ter Kauffmanns-Platz, da hat man nicht allein Gelegenheit, alle Waa-
ren in abondance zu haben, ſondern ein jeder kan dieſelben auch verfahren,
wo er hin will. Das iſt gewiß: wo viel Kauffleute ſind, und nicht viel
materialia, ſo koͤnnen nicht alle ſubſiſtiren. Aber es giebt materialien ge-
nug, und wer einmahl da iſt, wird ſchon ſeinen Verſtand anſtrecken,
materialien herbey zu ſchaffen. Da braucht es keiner demonſtration.
Man ſiehet in Holland Millionen Menſchen, weil einem jedem frey ſte-
het, dahin zu gehen, und zu handeln. Man hat auch in Holland geſagt,
die alten Buͤrger verloͤhren ſo viel, wenn man allen Fremden erlaubte
zu handeln. Allein Witt ſagt: Wenn man da den Kauff-Handel woll-
te einſchrencken, ſo waͤre Holland verlohren: Denn geſetzt, die alten
Buͤrger ſollen nur allein handeln, ſo bleiben dieſelben nicht Kauffleute,
wenn ſie reich werden, ſondern werden Grands Seigneurs, oder leben von
ihren Renthen, alsdenn aber ſind ſie keine Kauffleute mehr, ſondern uſu-
rarii,
und endlich gehet auf die letzte der Handel gar verlohren. In Schwe-
den hat man obſervirt, daß wenn die Leute im Handel etwas gewonnen,
ſind ſie gleich Edelleute geworden, haben von ihren Renthen gelebt, oder
Land-Guͤther gekaufft, und die Bauren geplackt. In Engeland iſt es
eben ſo gegangen; Hergegen in Holland, wenn eine Familie ſich ein-
mahl auf die Kauffmannſchafft geleget, muß ſie dabey bleiben, ſie koͤn-
nen da nicht von Renthen leben, weil man wenig ufuras giebt. Da-
her ſind die Fremden ein ſtimulus, wodurch andere angefriſcht werden,
etwas vorzunehmen. Wo viele Leute ſind, da ſind auch viele Hand-
wercker, und fehlet es daſelbſt nicht an manufacturen. Hernach kommt
es nur darauf an, daß ein opifex was gutes macht, und andere uͤber-
trifft, alsdenn werden auch ſeine Waaren vor andern geſucht. Ein
fremder Kauffmann denckt immer darauf, wie er ſeinen Handel beſſer
ctabliren moͤge, und macht ſich die Welt bekannt; Daher iſt gut, wenn
man drucken laͤßt, wo dieſe oder jene Waaren einen Abgang haben, wie
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[322/0342] Cap. V. De prudentia da ſind, je beſſer es iſt. Man ſiehet, daß die Leute nicht uͤber die com- mercia reflectirt, und keine Buͤcher geleſen, welche einem convenientem numerum verlangen. Sie meynen, daß negotium muͤſſe eingeſchloſſen ſeyn in eine Stadt, da koͤnnten ſich ja nicht viele naͤhren. Nun iſt frey- lich wahr, wenn zu viel Krahmer in einer Stadt, ſo koͤnnen ſie ſich nicht alle ernaͤhren, und waͤre freulich zu wuͤnſchen, daß man nicht viel ſolche Leute in einer Stadt haͤtte; aber man muß ſich hier einen andern con- cept von denen commerciis machen, wie Witt gewieſen. Wo ein rech- ter Kauffmanns-Platz, da hat man nicht allein Gelegenheit, alle Waa- ren in abondance zu haben, ſondern ein jeder kan dieſelben auch verfahren, wo er hin will. Das iſt gewiß: wo viel Kauffleute ſind, und nicht viel materialia, ſo koͤnnen nicht alle ſubſiſtiren. Aber es giebt materialien ge- nug, und wer einmahl da iſt, wird ſchon ſeinen Verſtand anſtrecken, materialien herbey zu ſchaffen. Da braucht es keiner demonſtration. Man ſiehet in Holland Millionen Menſchen, weil einem jedem frey ſte- het, dahin zu gehen, und zu handeln. Man hat auch in Holland geſagt, die alten Buͤrger verloͤhren ſo viel, wenn man allen Fremden erlaubte zu handeln. Allein Witt ſagt: Wenn man da den Kauff-Handel woll- te einſchrencken, ſo waͤre Holland verlohren: Denn geſetzt, die alten Buͤrger ſollen nur allein handeln, ſo bleiben dieſelben nicht Kauffleute, wenn ſie reich werden, ſondern werden Grands Seigneurs, oder leben von ihren Renthen, alsdenn aber ſind ſie keine Kauffleute mehr, ſondern uſu- rarii, und endlich gehet auf die letzte der Handel gar verlohren. In Schwe- den hat man obſervirt, daß wenn die Leute im Handel etwas gewonnen, ſind ſie gleich Edelleute geworden, haben von ihren Renthen gelebt, oder Land-Guͤther gekaufft, und die Bauren geplackt. In Engeland iſt es eben ſo gegangen; Hergegen in Holland, wenn eine Familie ſich ein- mahl auf die Kauffmannſchafft geleget, muß ſie dabey bleiben, ſie koͤn- nen da nicht von Renthen leben, weil man wenig ufuras giebt. Da- her ſind die Fremden ein ſtimulus, wodurch andere angefriſcht werden, etwas vorzunehmen. Wo viele Leute ſind, da ſind auch viele Hand- wercker, und fehlet es daſelbſt nicht an manufacturen. Hernach kommt es nur darauf an, daß ein opifex was gutes macht, und andere uͤber- trifft, alsdenn werden auch ſeine Waaren vor andern geſucht. Ein fremder Kauffmann denckt immer darauf, wie er ſeinen Handel beſſer ctabliren moͤge, und macht ſich die Welt bekannt; Daher iſt gut, wenn man drucken laͤßt, wo dieſe oder jene Waaren einen Abgang haben, wie man in Holland dergleichen Buch drucken laſſen. Denn man kan nicht alle Waaren an einem Ort hinbringen. Die Kauffleute ſuchen immer ein

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/342>, abgerufen am 24.11.2024.