Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.status circa aerarium, tributa & vectigalia. dienen müssen. Aber sub Carolo V. und Francisco I. hatte man militiammercenariam, welche eine Armee von hundert tausend, von hundert und funfftzig tausend Mann ins Feld stelleten. Dieses sind alles Pursche, so ein Herr ernehren muß. Also hat es nicht anders seyn können, die Her- ren haben müssen auf grosse Geld-Summen dencken, ihre Armee zu er- halten. Man hat die Plätze besser fortificiret, man hat die artillerie verbessert; Es ist die Schiffahrt gewachsen, wodurch man viel Geld depensiret. Monzambano sagt, tributam wäre in Teutschland sonst ein unerhörtes Wort gewesen, und die Leute, so eine inclination zur Freyheit haben, beschworen sich darüber. Bauren beschweren sich nicht, weil sie ab antiquo müssen census geben, und sind zu frieden, wenn sie nur nicht zu Sclavisch und als maleficanten tractiret werden. Aber freye Leute sagen: Die Freyheit bestehet darinnen, daß wir nichts geben, gleichwie der Herr nichts giebt. Drum tremblirt ein nobilis, wenn er höret, daß sein Guth soll steuerbar gemachet werden, weil dadurch die quint-essence von seiner Freyheit verlohren gehet. Denn muß einer geben, so wird er arm, ist er arm, so wird er verachtet. Ein Bettel-Fräulein, ein Bettel-Juncker ist was schlechtes; Man hat also bedencken müssen, wie man es machen mö- ge, daß es denen Leuten nicht incommode falle, will man mehr tributa haben, so muß man auch machen, daß die Leute mehr gewinnen. Wenn der Bauer sonst zwey hundert Thaler eingenommen, und bekommt jetzo alle Jahr fünff hundert mehr heraus, so wird er sich nicht sperren, etwas davon zu geben. Daher sollen alle diejenigen, die mit imponendis tri- butis zu thun haben, sehen, daß die Leute etwas gewinnen, sonst sauget man sie aus, sie werden ruiniret, und lauffen davon. Menage kan et- was Gutes dabey thun, aber das gehet nicht an, daß man einem wollte vorschreiben, er solle nur wöchentlich zwey mahl Fleisch essen, sonst aber legumena, und doch soll er beständig arbeiten, der Kerl will sich ja auch gerne etwas zu gute thun, den luxum kan man freylich retrenchiren. Es muß also eine proportion gehalten werden, daß man siehet, was die Leu- te haben. So hat man es allezeit gemachet, wenn vernünfftig ist ver- fahren worden. Der modus, wie die proportion könne erhalten wer- den, ist dubieux. Ehe ich aber von der proportion rede, so habe noch en general etwas zu bemercken, nemlich weil wir sehen, daß tributa seyn müssen, so darff von Rechtswegen kein Mensch frey seyn, es erwecket die immunitas jalousie, e. g. da die Professores frey sind von allen Ein- quartierungen, so beschweren sich viele darüber, da doch manche keine dies bratibiles würden halten können, wenn nicht Professores da wären. Al- so ist es am besten, wenn der Herr gar keinen frey läßt, wenn aber der Herr
ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia. dienen muͤſſen. Aber ſub Carolo V. und Franciſco I. hatte man militiammercenariam, welche eine Armee von hundert tauſend, von hundert und funfftzig tauſend Mann ins Feld ſtelleten. Dieſes ſind alles Purſche, ſo ein Herr ernehren muß. Alſo hat es nicht anders ſeyn koͤnnen, die Her- ren haben muͤſſen auf groſſe Geld-Summen dencken, ihre Armee zu er- halten. Man hat die Plaͤtze beſſer fortificiret, man hat die artillerie verbeſſert; Es iſt die Schiffahrt gewachſen, wodurch man viel Geld depenſiret. Monzambano ſagt, tributam waͤre in Teutſchland ſonſt ein unerhoͤrtes Wort geweſen, und die Leute, ſo eine inclination zur Freyheit haben, beſchworen ſich daruͤber. Bauren beſchweren ſich nicht, weil ſie ab antiquo muͤſſen cenſus geben, und ſind zu frieden, wenn ſie nur nicht zu Sclaviſch und als maleficanten tractiret werden. Aber freye Leute ſagen: Die Freyheit beſtehet darinnen, daß wir nichts geben, gleichwie der Herr nichts giebt. Drum tremblirt ein nobilis, wenn er hoͤret, daß ſein Guth ſoll ſteuerbar gemachet werden, weil dadurch die quint-eſſence von ſeiner Freyheit verlohren gehet. Denn muß einer geben, ſo wird er arm, iſt er arm, ſo wird er verachtet. Ein Bettel-Fraͤulein, ein Bettel-Juncker iſt was ſchlechtes; Man hat alſo bedencken muͤſſen, wie man es machen moͤ- ge, daß es denen Leuten nicht incommode falle, will man mehr tributa haben, ſo muß man auch machen, daß die Leute mehr gewinnen. Wenn der Bauer ſonſt zwey hundert Thaler eingenommen, und bekommt jetzo alle Jahr fuͤnff hundert mehr heraus, ſo wird er ſich nicht ſperren, etwas davon zu geben. Daher ſollen alle diejenigen, die mit imponendis tri- butis zu thun haben, ſehen, daß die Leute etwas gewinnen, ſonſt ſauget man ſie aus, ſie werden ruiniret, und lauffen davon. Menage kan et- was Gutes dabey thun, aber das gehet nicht an, daß man einem wollte vorſchreiben, er ſolle nur woͤchentlich zwey mahl Fleiſch eſſen, ſonſt aber legumena, und doch ſoll er beſtaͤndig arbeiten, der Kerl will ſich ja auch gerne etwas zu gute thun, den luxum kan man freylich retrenchiren. Es muß alſo eine proportion gehalten werden, daß man ſiehet, was die Leu- te haben. So hat man es allezeit gemachet, wenn vernuͤnfftig iſt ver- fahren worden. Der modus, wie die proportion koͤnne erhalten wer- den, iſt dubieux. Ehe ich aber von der proportion rede, ſo habe noch en general etwas zu bemercken, nemlich weil wir ſehen, daß tributa ſeyn muͤſſen, ſo darff von Rechtswegen kein Menſch frey ſeyn, es erwecket die immunitas jalouſie, e. g. da die Profeſſores frey ſind von allen Ein- quartierungen, ſo beſchweren ſich viele daruͤber, da doch manche keine dies bratibiles wuͤrden halten koͤnnen, wenn nicht Profeſſores da waͤren. Al- ſo iſt es am beſten, wenn der Herr gar keinen frey laͤßt, wenn aber der Herr
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funfftzig tauſend Mann ins Feld ſtelleten. Dieſes ſind alles Purſche, ſo
ein Herr ernehren muß. Alſo hat es nicht anders ſeyn koͤnnen, die Her-
ren haben muͤſſen auf groſſe Geld-Summen dencken, ihre Armee zu er-
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depenſiret. Monzambano ſagt, tributam waͤre in Teutſchland ſonſt ein
unerhoͤrtes Wort geweſen, und die Leute, ſo eine inclination zur Freyheit
haben, beſchworen ſich daruͤber. Bauren beſchweren ſich nicht, weil ſie
ab antiquo muͤſſen cenſus geben, und ſind zu frieden, wenn ſie nur nicht
zu Sclaviſch und als maleficanten tractiret werden. Aber freye Leute
ſagen: Die Freyheit beſtehet darinnen, daß wir nichts geben, gleichwie
der Herr nichts giebt. Drum tremblirt ein nobilis, wenn er hoͤret, daß
ſein Guth ſoll ſteuerbar gemachet werden, weil dadurch die quint-eſſence
von ſeiner Freyheit verlohren gehet. Denn muß einer geben, ſo wird er arm,
iſt er arm, ſo wird er verachtet. Ein Bettel-Fraͤulein, ein Bettel-Juncker
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der Bauer ſonſt zwey hundert Thaler eingenommen, und bekommt jetzo
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davon zu geben. Daher ſollen alle diejenigen, die mit imponendis tri-
butis zu thun haben, ſehen, daß die Leute etwas gewinnen, ſonſt ſauget
man ſie aus, ſie werden ruiniret, und lauffen davon. Menage kan et-
was Gutes dabey thun, aber das gehet nicht an, daß man einem wollte
vorſchreiben, er ſolle nur woͤchentlich zwey mahl Fleiſch eſſen, ſonſt aber
legumena, und doch ſoll er beſtaͤndig arbeiten, der Kerl will ſich ja auch
gerne etwas zu gute thun, den luxum kan man freylich retrenchiren. Es
muß alſo eine proportion gehalten werden, daß man ſiehet, was die Leu-
te haben. So hat man es allezeit gemachet, wenn vernuͤnfftig iſt ver-
fahren worden. Der modus, wie die proportion koͤnne erhalten wer-
den, iſt dubieux. Ehe ich aber von der proportion rede, ſo habe noch
en general etwas zu bemercken, nemlich weil wir ſehen, daß tributa ſeyn
muͤſſen, ſo darff von Rechtswegen kein Menſch frey ſeyn, es erwecket
die immunitas jalouſie, e. g. da die Profeſſores frey ſind von allen Ein-
quartierungen, ſo beſchweren ſich viele daruͤber, da doch manche keine dies
bratibiles wuͤrden halten koͤnnen, wenn nicht Profeſſores da waͤren. Al-
ſo iſt es am beſten, wenn der Herr gar keinen frey laͤßt, wenn aber der
Herr
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