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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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status circa aerarium, tributa & vectigalia.
patientiren, und von ihren Besoldungen etwas abkürtzen lassen. Aber
ausser der Noth ist es höchst unrecht, daher wird auch in sequentibus ge-
wiesen werden, daß bey denen capitations-Steuren höchst zu improbi-
ren, wenn man die Bedienten zu hoch setzet. Da e. g. ein reichet Kauff-
mann funfftzig Thaler giebt, hergegen mancher Bedienter etliche hundert
Thaler muß fahren lassen, da ist keine proportion. Es würden auch die
capitationes, wenn man sie recht einrichtete, nicht so odieux seyn, als sie
vulgo sind. Es ist nicht anders, als wenn man denen Soldaten will
den Sold abziehen, man thut es, aber es sind media illicita. Der Law,
welcher eben sonst nicht gewissenhafft zu seyn scheinet, rechnet doch dieses
unter die media illicita. Der Autor meynet auch, es sey ein medium
extraordinarium,
daß die Leute dem publico müsten herschiessen, ohne
Entgelt, sine usuris, welches man offt in Reichs-Städten practiciret.
Allein, es ist besser, wenn man in solchen Fall eine Anlage über das
gantze Volck machet, als daß man Geld nimmt. Die Leute thun es
nicht gerne, dencken immer, sie bekämen ihr Geld nicht wieder. Phi-
lippus II.
in Spanien hat sich eben dieser Art bedienet, und nahm er
Geld von seinen Grands d'Espagne, und andern reichen Leuten; Aber die
reichen Leute werden dadurch geschrecket, die Kauffleute gehen weg. Ich
sage dieses, wenn die ordentlichen Mittel recht besorget werden, so wird
man fast nicht Ursach haben, auf extraordinaria media zu dencken, son-
dern wo man die extraordinaria gebrauchet, da ists ein Anzeigen, daß
man die ordentliche Mittel nicht recht gebrauchet, und eine üble Hauß-
haltung gewesen. Die Unterthanen wissen wohl, können auch leicht
überzeuget werden, daß sie etwas geben müssen, aber da sehe ich nicht,
woher eine obligation komme, daß sie das Geld müssen sine usuris ge-
ben, da sie sonst solches in ihrer Handlung brauchen, oder sub licitis usu-
ris
ausleihen können. Ubrigens si Hannibal ante portas, wenn das exi-
tium totius civitatis
sollte abgelöset werden, so wird sich kein Unterthan
entbrechen auch sine usuris sein Geld herzugeben; Aber unser Autor prae-
supponi
rt hier nicht einen solchen äussersten Nothfall; Ja wenn man es
so macht wie Philippus II. welcher von denen Genuesern grosse Geld-
Summen aufgenommen, aber wenig usuras gegeben, da läßt es sich wohl
hören, bekommen aber die Leute gar nichts, so geben sie nicht gerne etwas
heraus. Etliche haben auch diesen Anschlag, welcher auch nicht pro li-
cito
zu halten, nemlich bisweilen ist ein Staat sehr viel schuldig, als
wie die Republique Holland viele Millionen schuldig, und wenn
keine andere Verfassung gemachet wird, so sind sie in hundert
Jahren nicht vermögend, ihre Schulden abzutragen; Sie können

die
O o 3

ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia.
patientiren, und von ihren Beſoldungen etwas abkuͤrtzen laſſen. Aber
auſſer der Noth iſt es hoͤchſt unrecht, daher wird auch in ſequentibus ge-
wieſen werden, daß bey denen capitations-Steuren hoͤchſt zu improbi-
ren, wenn man die Bedienten zu hoch ſetzet. Da e. g. ein reichet Kauff-
mann funfftzig Thaler giebt, hergegen mancher Bedienter etliche hundert
Thaler muß fahren laſſen, da iſt keine proportion. Es wuͤrden auch die
capitationes, wenn man ſie recht einrichtete, nicht ſo odieux ſeyn, als ſie
vulgo ſind. Es iſt nicht anders, als wenn man denen Soldaten will
den Sold abziehen, man thut es, aber es ſind media illicita. Der Law,
welcher eben ſonſt nicht gewiſſenhafft zu ſeyn ſcheinet, rechnet doch dieſes
unter die media illicita. Der Autor meynet auch, es ſey ein medium
extraordinarium,
daß die Leute dem publico muͤſten herſchieſſen, ohne
Entgelt, ſine uſuris, welches man offt in Reichs-Staͤdten practiciret.
Allein, es iſt beſſer, wenn man in ſolchen Fall eine Anlage uͤber das
gantze Volck machet, als daß man Geld nimmt. Die Leute thun es
nicht gerne, dencken immer, ſie bekaͤmen ihr Geld nicht wieder. Phi-
lippus II.
in Spanien hat ſich eben dieſer Art bedienet, und nahm er
Geld von ſeinen Grands d’Eſpagne, und andern reichen Leuten; Aber die
reichen Leute werden dadurch geſchrecket, die Kauffleute gehen weg. Ich
ſage dieſes, wenn die ordentlichen Mittel recht beſorget werden, ſo wird
man faſt nicht Urſach haben, auf extraordinaria media zu dencken, ſon-
dern wo man die extraordinaria gebrauchet, da iſts ein Anzeigen, daß
man die ordentliche Mittel nicht recht gebrauchet, und eine uͤble Hauß-
haltung geweſen. Die Unterthanen wiſſen wohl, koͤnnen auch leicht
uͤberzeuget werden, daß ſie etwas geben muͤſſen, aber da ſehe ich nicht,
woher eine obligation komme, daß ſie das Geld muͤſſen ſine uſuris ge-
ben, da ſie ſonſt ſolches in ihrer Handlung brauchen, oder ſub licitis uſu-
ris
ausleihen koͤnnen. Ubrigens ſi Hannibal ante portas, wenn das exi-
tium totius civitatis
ſollte abgeloͤſet werden, ſo wird ſich kein Unterthan
entbrechen auch ſine uſuris ſein Geld herzugeben; Aber unſer Autor præ-
ſupponi
rt hier nicht einen ſolchen aͤuſſerſten Nothfall; Ja wenn man es
ſo macht wie Philippus II. welcher von denen Genueſern groſſe Geld-
Summen aufgenommen, aber wenig uſuras gegeben, da laͤßt es ſich wohl
hoͤren, bekommen aber die Leute gar nichts, ſo geben ſie nicht gerne etwas
heraus. Etliche haben auch dieſen Anſchlag, welcher auch nicht pro li-
cito
zu halten, nemlich bisweilen iſt ein Staat ſehr viel ſchuldig, als
wie die Republique Holland viele Millionen ſchuldig, und wenn
keine andere Verfaſſung gemachet wird, ſo ſind ſie in hundert
Jahren nicht vermoͤgend, ihre Schulden abzutragen; Sie koͤnnen

die
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[293/0313] ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia. patientiren, und von ihren Beſoldungen etwas abkuͤrtzen laſſen. Aber auſſer der Noth iſt es hoͤchſt unrecht, daher wird auch in ſequentibus ge- wieſen werden, daß bey denen capitations-Steuren hoͤchſt zu improbi- ren, wenn man die Bedienten zu hoch ſetzet. Da e. g. ein reichet Kauff- mann funfftzig Thaler giebt, hergegen mancher Bedienter etliche hundert Thaler muß fahren laſſen, da iſt keine proportion. Es wuͤrden auch die capitationes, wenn man ſie recht einrichtete, nicht ſo odieux ſeyn, als ſie vulgo ſind. Es iſt nicht anders, als wenn man denen Soldaten will den Sold abziehen, man thut es, aber es ſind media illicita. Der Law, welcher eben ſonſt nicht gewiſſenhafft zu ſeyn ſcheinet, rechnet doch dieſes unter die media illicita. Der Autor meynet auch, es ſey ein medium extraordinarium, daß die Leute dem publico muͤſten herſchieſſen, ohne Entgelt, ſine uſuris, welches man offt in Reichs-Staͤdten practiciret. Allein, es iſt beſſer, wenn man in ſolchen Fall eine Anlage uͤber das gantze Volck machet, als daß man Geld nimmt. Die Leute thun es nicht gerne, dencken immer, ſie bekaͤmen ihr Geld nicht wieder. Phi- lippus II. in Spanien hat ſich eben dieſer Art bedienet, und nahm er Geld von ſeinen Grands d’Eſpagne, und andern reichen Leuten; Aber die reichen Leute werden dadurch geſchrecket, die Kauffleute gehen weg. Ich ſage dieſes, wenn die ordentlichen Mittel recht beſorget werden, ſo wird man faſt nicht Urſach haben, auf extraordinaria media zu dencken, ſon- dern wo man die extraordinaria gebrauchet, da iſts ein Anzeigen, daß man die ordentliche Mittel nicht recht gebrauchet, und eine uͤble Hauß- haltung geweſen. Die Unterthanen wiſſen wohl, koͤnnen auch leicht uͤberzeuget werden, daß ſie etwas geben muͤſſen, aber da ſehe ich nicht, woher eine obligation komme, daß ſie das Geld muͤſſen ſine uſuris ge- ben, da ſie ſonſt ſolches in ihrer Handlung brauchen, oder ſub licitis uſu- ris ausleihen koͤnnen. Ubrigens ſi Hannibal ante portas, wenn das exi- tium totius civitatis ſollte abgeloͤſet werden, ſo wird ſich kein Unterthan entbrechen auch ſine uſuris ſein Geld herzugeben; Aber unſer Autor præ- ſupponirt hier nicht einen ſolchen aͤuſſerſten Nothfall; Ja wenn man es ſo macht wie Philippus II. welcher von denen Genueſern groſſe Geld- Summen aufgenommen, aber wenig uſuras gegeben, da laͤßt es ſich wohl hoͤren, bekommen aber die Leute gar nichts, ſo geben ſie nicht gerne etwas heraus. Etliche haben auch dieſen Anſchlag, welcher auch nicht pro li- cito zu halten, nemlich bisweilen iſt ein Staat ſehr viel ſchuldig, als wie die Republique Holland viele Millionen ſchuldig, und wenn keine andere Verfaſſung gemachet wird, ſo ſind ſie in hundert Jahren nicht vermoͤgend, ihre Schulden abzutragen; Sie koͤnnen die O o 3

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/313>, abgerufen am 09.11.2024.