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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V. De prudentia
lichen Leuten, so das Cammer-Wesen verstehen, gesprochen, welche sa-
gen, es sey dem scopo und sini gantz zu wider, indem es da denen Leuten
nicht viel nutzet. Ein Herr siehet bey der Verpachtung die avantage ge-
schwind, denn da sie dreyßig tausend Thaler zu verfertigen gekostet, und jetzo
ein grosser Pacht gegeben wird, so siehet er, daß er sein capital nicht bes-
ser nutzen kan. Hingegen wenn einem jeden frey stünde zu fahren, so
würde erst ein commercium entstehen, so aber, da nur diejenigen fahren,
welche es gepachtet, wird das Holtz nicht wohlfeiler, sondern sie setzen
es so hoch, als sie wollen. Wollte aber ein Herr alle fahren lassen, so
würde er freylich in denen ersten zwey bis drey Jahren nicht so viel ha-
ben, als vom Pacht, aber hernach würde sich der profit doppelt finden.
Gewiß ist also, daß die Canäle grossen Nutzen schaffen. Holland und
Flandern ist wegen der Canäle eben so bequem, weil man da geschwind
von einem Ort zum andern kommen kan. Da der Kayser vor einigen
Jahren bey Brügg die Fahrt lassen bessern, so hat es Holland nicht ger-
ne gesehen, weil ihnen wegen ihrer Handlung Tort geschiehet. Und
wenn Preussen mit dem Kayser darinnen einig würde, daß ein Canal,
welcher durch Geldern gehet, repariret würde, so würde sich alles von
Teutschland wieder nach Antwerpen ziehen, und denen Holländern gros-
ser Schade geschehen. Das wissen auch die Holländer, daher, als Ca-
rolus Magnus
einsmahls solchen wollen repariren lassen, haben sie gedro-
het, ihm den Krieg anzukündigen. In des Colberts seinem Leben kan
man sehen, wie Franckreich reussiret, und was sie vor Mühe gehabt, mit
Zusammenleitung der Meere.

Ob es rathsam
domania und
public-Gü-
ther zu ver-
äussern.

§. 7. Quaer. Ob man solle bona publica veräussern? Einige ha-
ben von dem Don Philipp in Spanien etwas gesehen, und solches als
einen modum augendi aerarium angegeben. Philippus II. hat viele do-
main
en in Neapolis gehabt, welche er fast alle veräussert an die Duces,
Marchiones &c.
und nichts behalten, als die Hoheit, die Zölle, und was
sonst die regalia vor reditus haben, wiewohl er auch einige regalia mit
veräussert. Er hat grosse Summen Geldes bekommen, und hat die
Duces, Marchiones, Comites constringirt eine gewisse Anzahl trouppen
zu halten. Wenn er nun Krieg gehabt, so hat er nicht nöthig gehabt,
erst Soldaten zu werben. Allein was man von dem Don Philipp wahr-
nimmt, ist gantz was besonders. Er hat Neapolis fast nicht regardi-
ret, sondern sahe es an, als ein abandonirtes Reich, daher, weil er Geld
gebraucht, hat er es von ihnen genommen, und gedacht, was frage ich
darnach, ob ich was da behalte, oder nicht; Also kan man den Philip-
pum
hier nicht als einen guten oeconomum ansehen. Daher führet der

Autor

Cap. V. De prudentia
lichen Leuten, ſo das Cammer-Weſen verſtehen, geſprochen, welche ſa-
gen, es ſey dem ſcopo und ſini gantz zu wider, indem es da denen Leuten
nicht viel nutzet. Ein Herr ſiehet bey der Verpachtung die avantage ge-
ſchwind, denn da ſie dreyßig tauſend Thaler zu verfertigen gekoſtet, und jetzo
ein groſſer Pacht gegeben wird, ſo ſiehet er, daß er ſein capital nicht beſ-
ſer nutzen kan. Hingegen wenn einem jeden frey ſtuͤnde zu fahren, ſo
wuͤrde erſt ein commercium entſtehen, ſo aber, da nur diejenigen fahren,
welche es gepachtet, wird das Holtz nicht wohlfeiler, ſondern ſie ſetzen
es ſo hoch, als ſie wollen. Wollte aber ein Herr alle fahren laſſen, ſo
wuͤrde er freylich in denen erſten zwey bis drey Jahren nicht ſo viel ha-
ben, als vom Pacht, aber hernach wuͤrde ſich der profit doppelt finden.
Gewiß iſt alſo, daß die Canaͤle groſſen Nutzen ſchaffen. Holland und
Flandern iſt wegen der Canaͤle eben ſo bequem, weil man da geſchwind
von einem Ort zum andern kommen kan. Da der Kayſer vor einigen
Jahren bey Bruͤgg die Fahrt laſſen beſſern, ſo hat es Holland nicht ger-
ne geſehen, weil ihnen wegen ihrer Handlung Tort geſchiehet. Und
wenn Preuſſen mit dem Kayſer darinnen einig wuͤrde, daß ein Canal,
welcher durch Geldern gehet, repariret wuͤrde, ſo wuͤrde ſich alles von
Teutſchland wieder nach Antwerpen ziehen, und denen Hollaͤndern groſ-
ſer Schade geſchehen. Das wiſſen auch die Hollaͤnder, daher, als Ca-
rolus Magnus
einsmahls ſolchen wollen repariren laſſen, haben ſie gedro-
het, ihm den Krieg anzukuͤndigen. In des Colberts ſeinem Leben kan
man ſehen, wie Franckreich reuſſiret, und was ſie vor Muͤhe gehabt, mit
Zuſammenleitung der Meere.

Ob es rathſam
domania und
public-Guͤ-
ther zu ver-
aͤuſſern.

§. 7. Quær. Ob man ſolle bona publica veraͤuſſern? Einige ha-
ben von dem Don Philipp in Spanien etwas geſehen, und ſolches als
einen modum augendi ærarium angegeben. Philippus II. hat viele do-
main
en in Neapolis gehabt, welche er faſt alle veraͤuſſert an die Duces,
Marchiones &c.
und nichts behalten, als die Hoheit, die Zoͤlle, und was
ſonſt die regalia vor reditus haben, wiewohl er auch einige regalia mit
veraͤuſſert. Er hat groſſe Summen Geldes bekommen, und hat die
Duces, Marchiones, Comites conſtringirt eine gewiſſe Anzahl trouppen
zu halten. Wenn er nun Krieg gehabt, ſo hat er nicht noͤthig gehabt,
erſt Soldaten zu werben. Allein was man von dem Don Philipp wahr-
nimmt, iſt gantz was beſonders. Er hat Neapolis faſt nicht regardi-
ret, ſondern ſahe es an, als ein abandonirtes Reich, daher, weil er Geld
gebraucht, hat er es von ihnen genommen, und gedacht, was frage ich
darnach, ob ich was da behalte, oder nicht; Alſo kan man den Philip-
pum
hier nicht als einen guten œconomum anſehen. Daher fuͤhret der

Autor
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[286/0306] Cap. V. De prudentia lichen Leuten, ſo das Cammer-Weſen verſtehen, geſprochen, welche ſa- gen, es ſey dem ſcopo und ſini gantz zu wider, indem es da denen Leuten nicht viel nutzet. Ein Herr ſiehet bey der Verpachtung die avantage ge- ſchwind, denn da ſie dreyßig tauſend Thaler zu verfertigen gekoſtet, und jetzo ein groſſer Pacht gegeben wird, ſo ſiehet er, daß er ſein capital nicht beſ- ſer nutzen kan. Hingegen wenn einem jeden frey ſtuͤnde zu fahren, ſo wuͤrde erſt ein commercium entſtehen, ſo aber, da nur diejenigen fahren, welche es gepachtet, wird das Holtz nicht wohlfeiler, ſondern ſie ſetzen es ſo hoch, als ſie wollen. Wollte aber ein Herr alle fahren laſſen, ſo wuͤrde er freylich in denen erſten zwey bis drey Jahren nicht ſo viel ha- ben, als vom Pacht, aber hernach wuͤrde ſich der profit doppelt finden. Gewiß iſt alſo, daß die Canaͤle groſſen Nutzen ſchaffen. Holland und Flandern iſt wegen der Canaͤle eben ſo bequem, weil man da geſchwind von einem Ort zum andern kommen kan. Da der Kayſer vor einigen Jahren bey Bruͤgg die Fahrt laſſen beſſern, ſo hat es Holland nicht ger- ne geſehen, weil ihnen wegen ihrer Handlung Tort geſchiehet. Und wenn Preuſſen mit dem Kayſer darinnen einig wuͤrde, daß ein Canal, welcher durch Geldern gehet, repariret wuͤrde, ſo wuͤrde ſich alles von Teutſchland wieder nach Antwerpen ziehen, und denen Hollaͤndern groſ- ſer Schade geſchehen. Das wiſſen auch die Hollaͤnder, daher, als Ca- rolus Magnus einsmahls ſolchen wollen repariren laſſen, haben ſie gedro- het, ihm den Krieg anzukuͤndigen. In des Colberts ſeinem Leben kan man ſehen, wie Franckreich reuſſiret, und was ſie vor Muͤhe gehabt, mit Zuſammenleitung der Meere. §. 7. Quær. Ob man ſolle bona publica veraͤuſſern? Einige ha- ben von dem Don Philipp in Spanien etwas geſehen, und ſolches als einen modum augendi ærarium angegeben. Philippus II. hat viele do- mainen in Neapolis gehabt, welche er faſt alle veraͤuſſert an die Duces, Marchiones &c. und nichts behalten, als die Hoheit, die Zoͤlle, und was ſonſt die regalia vor reditus haben, wiewohl er auch einige regalia mit veraͤuſſert. Er hat groſſe Summen Geldes bekommen, und hat die Duces, Marchiones, Comites conſtringirt eine gewiſſe Anzahl trouppen zu halten. Wenn er nun Krieg gehabt, ſo hat er nicht noͤthig gehabt, erſt Soldaten zu werben. Allein was man von dem Don Philipp wahr- nimmt, iſt gantz was beſonders. Er hat Neapolis faſt nicht regardi- ret, ſondern ſahe es an, als ein abandonirtes Reich, daher, weil er Geld gebraucht, hat er es von ihnen genommen, und gedacht, was frage ich darnach, ob ich was da behalte, oder nicht; Alſo kan man den Philip- pum hier nicht als einen guten œconomum anſehen. Daher fuͤhret der Autor

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/306>, abgerufen am 24.11.2024.