§. 5. Wenn wir nur urtheilen wollen, nach dem point d' hon-Ob ein grosser Herr Handel- schafft treiben könne? neur, welches man in Europa sich machet, und dencket: bellum & stu- dia wären homines nobilissimi scopus, so kan man nicht anders als ab- jecte sentire de omni mercatura. Ja es meynen einige, es sey dem ho- mini nobili schimpfflich, si in artibus togae degat. Ich habe in des Cal- lieres la fortune des Gens de Cour gelesen, daß er disputirt, ob ein no- bilis könne ein Cammer-Rath seyn. Wie vielmehr muß also vor schimpfflich gehalten werden, ut nobilis sit mercator, ut rex sit merca- tor, denn hat auch der Autor timide gesagt: Addunt nonnulli mercatu- ram; Was nun aber die Frage betrifft, ob ein Princeps könne ein mer- cator seyn, so ist freylich nicht zu leugnen, daß viele rationes in contra- rium vorhanden sind. Man findet auch in des Lynckers seinen consiliis ein eigenes consilium hiervon, worinnen er harte expressiones hat, ge- gen diejenigen, welche sich der mercaturae theilhafftig machen wollen. Also scheinet nicht, daß es sich schicke, wenn ein Princeps solches wolle an sich ziehen, und denen Unterthanen nehmen, will er allein backen, allein brauen, allein Kauffmann seyn, was bleibet denen Unterthanen? Daher sagt Lyncker, es sey etwas sordides, schändliches, grausames, tyrannisches, wenn der Herr es nehmen wolle, und in gewisser Maasse hat auch Lyncker recht, weil es ein solches metier, davon eine grosse Menge derer Unterthanen ernehret werden. Wenn es auch die Un- terthanen nicht expresse gesagt, so haben sie sich doch tacite his conditio- nibus subjicirt, ut protegantur, & ut possint aliquid lucrifacere, davon sie sich erhalten können. Ich habe ja nicht versprochen ein Bettler zu seyn; Eine respublica mendicorum ist auch keine respublica; So weit hat Lyncker recht, wenn es ein solches metier, davon eine grosse Men- ge Unterthanen ernehret werden. Wenn auch der Princeps was thun will, und die Unterthanen klagen bey denen hohen Reichs-Gerichten, so wird allezeit vor die Unterthanen gesprochen. In einer gewissen Reichs-Stadt wollte der Rath ein Brauhauß aufrichten, weßwegen ein proceß entstanden, und haben auch die Unterthanen gewonnen: denn es ist multum rationis vorhanden; Allein man muß doch hier cum gra- no salis von der Sache reden. Etliche Nahrungen kan der Princeps denen Unterthanen nicht nehmen. e. g. Wenn er allein brauen, ba- cken wollte, so müsten alle Becker, Brauer, davon lauffen. Wollte er allein die Wirthschafft treiben, so würden viele Leute verlieren, und darüber murren, ich glaube auch nicht, daß der Herr einen Nutzen da haben würde: denn wenn er den profit mit dem Nutzen balancirt, so würde er sehen, daß es mehr schädlich. Aber es sind einige Nahrun-
gen,
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ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia.
§. 5. Wenn wir nur urtheilen wollen, nach dem point d’ hon-Ob ein groſſer Herr Handel- ſchafft treiben koͤnne? neur, welches man in Europa ſich machet, und dencket: bellum & ſtu- dia waͤren homines nobiliſſimi ſcopus, ſo kan man nicht anders als ab- jecte ſentire de omni mercatura. Ja es meynen einige, es ſey dem ho- mini nobili ſchimpfflich, ſi in artibus togæ degat. Ich habe in des Cal- lieres la fortune des Gens de Cour geleſen, daß er diſputirt, ob ein no- bilis koͤnne ein Cammer-Rath ſeyn. Wie vielmehr muß alſo vor ſchimpfflich gehalten werden, ut nobilis ſit mercator, ut rex ſit merca- tor, denn hat auch der Autor timide geſagt: Addunt nonnulli mercatu- ram; Was nun aber die Frage betrifft, ob ein Princeps koͤnne ein mer- cator ſeyn, ſo iſt freylich nicht zu leugnen, daß viele rationes in contra- rium vorhanden ſind. Man findet auch in des Lynckers ſeinen conſiliis ein eigenes conſilium hiervon, worinnen er harte expreſſiones hat, ge- gen diejenigen, welche ſich der mercaturæ theilhafftig machen wollen. Alſo ſcheinet nicht, daß es ſich ſchicke, wenn ein Princeps ſolches wolle an ſich ziehen, und denen Unterthanen nehmen, will er allein backen, allein brauen, allein Kauffmann ſeyn, was bleibet denen Unterthanen? Daher ſagt Lyncker, es ſey etwas ſordides, ſchaͤndliches, grauſames, tyranniſches, wenn der Herr es nehmen wolle, und in gewiſſer Maaſſe hat auch Lyncker recht, weil es ein ſolches metier, davon eine groſſe Menge derer Unterthanen ernehret werden. Wenn es auch die Un- terthanen nicht expreſſe geſagt, ſo haben ſie ſich doch tacite his conditio- nibus ſubjicirt, ut protegantur, & ut poſſint aliquid lucrifacere, davon ſie ſich erhalten koͤnnen. Ich habe ja nicht verſprochen ein Bettler zu ſeyn; Eine respublica mendicorum iſt auch keine respublica; So weit hat Lyncker recht, wenn es ein ſolches metier, davon eine groſſe Men- ge Unterthanen ernehret werden. Wenn auch der Princeps was thun will, und die Unterthanen klagen bey denen hohen Reichs-Gerichten, ſo wird allezeit vor die Unterthanen geſprochen. In einer gewiſſen Reichs-Stadt wollte der Rath ein Brauhauß aufrichten, weßwegen ein proceß entſtanden, und haben auch die Unterthanen gewonnen: denn es iſt multum rationis vorhanden; Allein man muß doch hier cum gra- no ſalis von der Sache reden. Etliche Nahrungen kan der Princeps denen Unterthanen nicht nehmen. e. g. Wenn er allein brauen, ba- cken wollte, ſo muͤſten alle Becker, Brauer, davon lauffen. Wollte er allein die Wirthſchafft treiben, ſo wuͤrden viele Leute verlieren, und daruͤber murren, ich glaube auch nicht, daß der Herr einen Nutzen da haben wuͤrde: denn wenn er den profit mit dem Nutzen balancirt, ſo wuͤrde er ſehen, daß es mehr ſchaͤdlich. Aber es ſind einige Nahrun-
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ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia.
§. 5. Wenn wir nur urtheilen wollen, nach dem point d’ hon-
neur, welches man in Europa ſich machet, und dencket: bellum & ſtu-
dia waͤren homines nobiliſſimi ſcopus, ſo kan man nicht anders als ab-
jecte ſentire de omni mercatura. Ja es meynen einige, es ſey dem ho-
mini nobili ſchimpfflich, ſi in artibus togæ degat. Ich habe in des Cal-
lieres la fortune des Gens de Cour geleſen, daß er diſputirt, ob ein no-
bilis koͤnne ein Cammer-Rath ſeyn. Wie vielmehr muß alſo vor
ſchimpfflich gehalten werden, ut nobilis ſit mercator, ut rex ſit merca-
tor, denn hat auch der Autor timide geſagt: Addunt nonnulli mercatu-
ram; Was nun aber die Frage betrifft, ob ein Princeps koͤnne ein mer-
cator ſeyn, ſo iſt freylich nicht zu leugnen, daß viele rationes in contra-
rium vorhanden ſind. Man findet auch in des Lynckers ſeinen conſiliis
ein eigenes conſilium hiervon, worinnen er harte expreſſiones hat, ge-
gen diejenigen, welche ſich der mercaturæ theilhafftig machen wollen.
Alſo ſcheinet nicht, daß es ſich ſchicke, wenn ein Princeps ſolches wolle
an ſich ziehen, und denen Unterthanen nehmen, will er allein backen,
allein brauen, allein Kauffmann ſeyn, was bleibet denen Unterthanen?
Daher ſagt Lyncker, es ſey etwas ſordides, ſchaͤndliches, grauſames,
tyranniſches, wenn der Herr es nehmen wolle, und in gewiſſer Maaſſe
hat auch Lyncker recht, weil es ein ſolches metier, davon eine groſſe
Menge derer Unterthanen ernehret werden. Wenn es auch die Un-
terthanen nicht expreſſe geſagt, ſo haben ſie ſich doch tacite his conditio-
nibus ſubjicirt, ut protegantur, & ut poſſint aliquid lucrifacere, davon
ſie ſich erhalten koͤnnen. Ich habe ja nicht verſprochen ein Bettler zu
ſeyn; Eine respublica mendicorum iſt auch keine respublica; So weit
hat Lyncker recht, wenn es ein ſolches metier, davon eine groſſe Men-
ge Unterthanen ernehret werden. Wenn auch der Princeps was thun
will, und die Unterthanen klagen bey denen hohen Reichs-Gerichten,
ſo wird allezeit vor die Unterthanen geſprochen. In einer gewiſſen
Reichs-Stadt wollte der Rath ein Brauhauß aufrichten, weßwegen
ein proceß entſtanden, und haben auch die Unterthanen gewonnen: denn
es iſt multum rationis vorhanden; Allein man muß doch hier cum gra-
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denen Unterthanen nicht nehmen. e. g. Wenn er allein brauen, ba-
cken wollte, ſo muͤſten alle Becker, Brauer, davon lauffen. Wollte
er allein die Wirthſchafft treiben, ſo wuͤrden viele Leute verlieren, und
daruͤber murren, ich glaube auch nicht, daß der Herr einen Nutzen da
haben wuͤrde: denn wenn er den profit mit dem Nutzen balancirt, ſo
wuͤrde er ſehen, daß es mehr ſchaͤdlich. Aber es ſind einige Nahrun-
gen,
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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/301>, abgerufen am 24.11.2024.
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